Justitia

Das Gesetz macht vor der Familie nicht halt

Wie Familienunternehmen eine verantwortungsvolle und transparente Führung sicherstellen

Neue Gesetze, Unternehmensskandale, nachhaltiges Wirtschaften: Das sind nur drei von vielen Gründen, warum die Bedeutung der Corporate Governance in Unternehmen in den letzten 20 Jahren stetig zugenommen hat.

Und zwar nicht nur für börsennotierte Unternehmen. Auch für den Mittelstand – und hier insbesondere für Familienunternehmen –, wird die Corporate Governance immer wichtiger. Das zeigen die Ergebnisse unserer Studie „Von den Besten lernen“. Diese untersucht, wie die Corporate Governance in den familiengeführten Weltmarktführern tatsächlich gelebt wird und welchen Einfluss diese Grundsätze auf den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens haben.

Corporate Governance wird für Familienunternehmen immer wichtiger

Eine meiner Meinung nach erfreuliche Erkenntnis der Studie ist, dass sich die Familienunternehmen – und hier insbesondere auch die nicht börsennotierten – sehr stark an den Anforderungen an die Unternehmenssteuerung und -überwachung der Corporates orientieren. Sie leisten damit in bestimmten Bereichen häufig sogar mehr, als das Gesetz für familiengeführte Unternehmen grundsätzlich vorsieht.

Das bedeutet aber nicht, dass Familienunternehmen hier schon ihr Ziel erreicht haben: Denn die Ergebnisse der Studie zeigen auch, dass es Bereiche, gibt, in denen ganz bewusst auf bestimmte Management-Systeme, oder auch Teile daraus, verzichtet wird. Ein Beispiel: das Compliance Management. Zwar sagen 77% der Befragten, dass sie über ein Compliance Management verfügen. Das heißt aber auf der anderen Seite auch, dass jedes Vierte der befragten Unternehmen nach eigener Aussage über kein solches Steuerungs- und Überwachungssystem verfügt, um Schaden aus rechtlichen Verstößen vom Unternehmen und damit den Organen sowie dem Familienvermögen fernzuhalten.

Nur 18 % der befragten Familienunternehmen verfügen über ein Hinweisgeber-System

Zudem finde ich es bedenklich, dass nur 18% der Befragten über ein Hinweisgebersystem („Whistleblowing“) verfügen. Ein solches System ist nicht nur ein elementarer Bestandteil im Compliance Management, sondern die Einrichtung eines solchen Meldesystems wird darüber hinaus durch die Umsetzung der EU Richtlinie 2019/1937 in deutsches Recht binnen zwei Jahren auch eine gesetzliche Verpflichtung darstellen.

Angesichts der bereits jetzt in Teilen substanziellen Haftungsrisiken aus Verstößen z.B. gegen das Kartellrecht oder den Datenschutz, drohen mit der Umsetzung des Verbandssanktionengesetzes noch massivere Strafen mit bis zu 10% des weltweiten Konzernumsatzes auch außerhalb dieser Rechtsgebiete.

Verstoß gegen Corporate-Governance-Richtlinien kann zum Verlust des Familienvermögens führen

Familienunternehmen sollten sich daher mit Präventivmaßnahmen und einer entsprechenden Überwachung beschäftigen. Falls sie dies nicht tun, können daraus neben signifikanten Bußgeldern auch Risiken der Unternehmensfortführung resultieren sowie ein Verlust des Familienvermögens.

Meiner Meinung nach sollte es keine Frage mehr sein, ob Instrumente der Corporate Governance auch in familiengeführten Unternehmen einzurichten sind. Vielmehr ist zu prüfen, wie.

Natürlich ist klar, dass sämtliche Steuerungs- und Überwachungssysteme im Bereich der Risikoerkennung und -steuerung immer am Geschäftsmodell, der Größe, der Besonderheiten und in Teilen auch der Eigentümerstruktur bzw. Finanzierung der Unternehmen auszurichten sind. Nur so kann eine moderne, effiziente und risikoorientierte Governance aussehen. Eine pauschale Ablehnung der Einrichtung grundlegender Elemente guter Unternehmensführung ist angesichts der damit einhergehenden Risiken jedoch unverantwortbar.