Datenanalyse, künstliche Intelligenz oder die Blockchain sind nur einige der neuen, vielversprechenden Geschäftsfelder der deutschen IT-Branche. Zwar ist „Made in Germany“ nach wie vor ein Gütesiegel. Dennoch hinkt Deutschland bei Digitalisierung und entscheidenden Technologien hinterher. Zudem drängen internationale Unternehmen wie Amazon, Google oder Alibaba in immer neue Märkte und Anwendungsfelder. Deutsche Tech-Unternehmen müssen sich in diesem Haifischbecken behaupten – ob als kleiner Anbieter standardisierter IT-Leistungen oder als Global Player für digitale Systemlösungen.
Stark in der Innovation
Die KPMG-Branchenanalyse Future Readiness Index (FRI) zeigt, dass Technologieunternehmen im Branchenvergleich am positivsten in die Zukunft blicken. Sie kennen ihre Stärken und setzen entsprechend bewusste Investitionsschwerpunkte.
Eine entscheidende Stärke ist ihre Innovationsfähigkeit. Die Vernetzung mit der deutschen Forschungslandschaft hat Tradition und sucht im internationalen Kontext ihresgleichen. Durch Investitionen in Forschung und Entwicklung ist man gut gegen die Konkurrenz gewappnet. Neben einigen Großunternehmen wie SAP kann Deutschland auch ein paar „Einhörner“ vorweisen, wie zum Beispiel den Process Mining-Spezialisten Celonis, das Vergleichsportal Check24 oder den Onlinehändler AboutYou. Es gibt sie also durchaus, die disruptiven Geschäftsmodelle „made in Germany“.
Auch in Sachen Produkt- und Dienstleistungsportfolio sehen sich deutsche Tech-Unternehmen – trotz der schleppenden Digitalisierung – gut und zukunftssicher aufgestellt. Der hochprofitable Zahlungsdienstleiter Wirecard beispielsweise wächst dynamisch und ist mittlerweile weltweit aktiv. Mit der Erschließung lukrativer Geschäftsfelder weiß das FinTech-Unternehmen die Chancen der digitalen Transformation zu nutzen.
Schwach in der Organisation
Bei allem Optimismus wäre es jedoch leichtfertig, potenzielle Risiken außer Acht zu lassen. Eine Schwäche einiger Unternehmen in der Branche sind ineffiziente Organisationsstrukturen und Arbeitsabläufe. Um sich an die schnelllebigen Veränderungen und die immer kürzer werdenden Zyklen bei der Produkt- und Anwendungsentwicklung anpassen zu können, braucht man eine agile Organisation, flexible Strukturen und schlanke Prozesse.
Auch der Fachkräftemangel ist ein Problem, insbesondere im IT-Mittelstand. Nachwuchskräfte zieht es häufig zu Start-ups oder zu Großkonzernen. Für mittelständische Unternehmen besteht die Herausforderung darin, sich nicht nur als Spezialisten für qualitativ hochwertige Produkte zu präsentieren, sondern zugleich als attraktive Arbeitgeber mit reizvollen Perspektiven und einem zeitgemäßen Arbeitsumfeld.
Angepasst oder abgehängt?
Wirtschaft und Gesellschaft werden zunehmend von der Technologisierung durchdrungen. Branchengrenzen lösen sich auf, neue Märkte und Anwendungsfelder entstehen. So entsteht nicht nur eine neue Reichweite für innovative IT-Lösungen „made in Germany“, sondern auch ein neues, hochdynamisches Wettbewerbsumfeld.
Neue Trends und Technologien wie künstliche Intelligenz oder Blockchain setzen Veränderungen in Gang, deren Folgen nur schwer absehbar sind. Die Technologiebranche ist geprägt von schnellen Entscheidungen – sei es hinsichtlich der Veränderung von Kundenbedürfnissen, der Positionierung im Markt oder der Einschätzung von Zukunftstrends. Eine klare Nischenstrategie, zum Beispiel die Spezialisierung auf ganz bestimmte Anwendungsfelder oder besondere IT-Lösungen, kann eine Option sein, um sich in einer zunehmend komplexen Konkurrenzsituation zu behaupten. Unternehmen müssen angesichts der sehr hohen Wettbewerbsintensität und -dynamik also stets innovations- und anpassungsbereit sein.
Optimismus ist gut, wenn er nicht blind macht
Zugleich steigen die Ansprüche an Sicherheit und Zuverlässigkeit: Produkte müssen nicht nur einwandfrei funktionieren, sondern auch sicher und geschützt sein. Cyber-Angriffe sind eine Bedrohung für die Gesamtwirtschaft, die in den nächsten Jahren noch weiter zunehmen wird. Anbieter von Sicherheits- und Verschlüsslungstechnologien können durch die wachsende Nachfrage nach Schutzsystemen zunächst punkten. Die Chance wird allerdings zum Risiko, wenn Sicherheitslösungen unausgereift sind und ausgehebelt werden können. Imageschäden und Umsatzeinbußen sind eine mögliche Folge.
Trotz mittelfristig guter Aussichten gehören Tech-Unternehmen immer noch zu einer „Hochrisikobranche“. Wachstum und Profitabilität können durch fundamentale Marktrisiken schnell ausbremst werden. Permanenter Innovationsdruck, extrem hohe Wettbewerbsintensität sowie steigende Anforderungen an Sicherheit und Stabilität der Systeme sind drei der wesentlichen Faktoren, die Technologieunternehmen stets im Blick haben sollten.
Zudem – auch das ein Ergebnis des FRI – sehen 32 Prozent der befragten Technologieunternehmen geopolitische Spannungen als wichtige oder sehr wichtige Herausforderung für die kommenden fünf Jahre an (im Finanzsektor sind es beispielsweise nur 12 Prozent). Auch hier gilt es also die Entwicklungen genau zu beobachten, Szenarien zu durchdenken und entsprechende Vorbereitungen zu treffen.
Der weitverbreitete Optimismus in der deutschen Tech-Branche ist ein positives Zeichen. Aber Achtung: Zu viel Euphorie kann den Blick auf Risiken trüben.