Mittels intelligenter Automatisierung können Unternehmen heutzutage wesentliche Arbeitsschritte von Computern ausführen lassen. Schauen wir uns kurz an, was die einzelnen Errungenschaften leisten:
- Robotic Process Automation (RPA) bedient wie der menschliche Nutzer Software über die Nutzeroberfläche, nur schneller und ausdauernder.
- Optical Character Recognition (OCR) erkennt Textinhalte aus Bildern wie Scans und macht die Daten somit nutzbar.
- Natural Language Processing (NLP) wie Chatbots und Voice Recognition ermöglichen die direkte Interaktion des Nutzers mit dem System.
- Künstliche Intelligenz (KI) hilft u.a., Daten zu strukturieren und sie auszuwerten.
Allerdings unterlaufen Unternehmen typische Fehler, wenn sie auf die intelligente Automatisierung setzen.
Fehler #1: Unternehmen setzen auf Insellösungen
Ein bisschen Automatisierung hier, ein bisschen Automatisierung dort. Häufig koordinieren die einzelnen Unternehmensbereiche ihre Digitalisierungsstrategien nicht. Das Ergebnis sind unterschiedliche Systeme, die nicht aufeinander abgestimmt sind. Einkauf, Vertrieb, Logistik – jeder Bereich baut seine Insellösung auf. Das Wirkungspotenzial der Automatisierung wird dadurch nicht annähernd ausgeschöpft, und der Return on Investment bleibt hinter den Erwartungen zurück. Es mangelt an einer übergreifenden Strategie…
Gleichermaßen werden einzelne Technologien eingeführt, ohne das Zusammenwirken mehrerer Neuerungen zu durchdenken. Dabei ist die Automatisierung vergleichbar mit einem Orchester. Die einzelnen Instrumente können zwar auch Melodien spielen, aber erst wenn ich alles zusammensetze und jemanden habe, der den Einsatz steuert, wird daraus ein rundes, klangvolles Stück.
Wie es besser geht?
Für die Automatisierung sollten die Prozesse von Ende zu Ende betrachtet werden. Wer bereits über Insellösungen verfügt, kann diese dennoch verknüpfen. Dazu dient Business Process Model and Notation (BPMN), das die einzelnen Prozesse aufzeigt und so eine Orchestrierung aller Aktivitäten ermöglicht.
Eine Ende-zu-Ende-Automatisierung könnte dann so aussehen: Mittels OCR werden die Informationen aus einer abfotografierten Rechnung gezogen. Die Daten fließen in eine Datenbank, wo künstliche Intelligenz, z.B. IBM Watson, den Inhalt der Daten erkennt und sie entsprechend zuordnet. Watson reicht die Daten dann an ein RPA-Programm weiter, das diese verbucht.
Natürlich kann die Einführung auch schrittweise erfolgen, solange der Gesamtprozess bedacht wird. RPA ist relativ zügig implementiert. Diese kann bereits Standardbuchungen durchführen oder Bestellungen auslösen. Das führt relativ rasch zu Kostenvorteilen. Im Hintergrund wird währenddessen die künstliche Intelligenz aufgesetzt und angelernt, die dann, sobald sie betriebsbereit ist, Kundenmails nach Rechnungen, Garantiefragen und Beschwerden filtern kann.
Fehler #2: Den Überblick verlieren
Dabei gilt es den Überblick zu behalten. An welcher Stelle im Prozess befindet sich ein konkreter Buchungsvorgang? Wer Systeme verkettet, aber nicht transparent macht, wird Probleme damit haben, Fehler im Prozess zu identifizieren. Denn dann ist nicht sichtbar, welche Kunden, welche Aufträge oder welche Roboter von der Norm abweichen.
Wie es besser geht?
Die Intelligente Automatisierung reduziert den täglichen Verwaltungsaufwand, dafür steigen Überwachungs- und ggf. Korrekturaufwand. Allerdings kann auch dies von künstlicher Intelligenz übernommen werden. Eine durchdachte Automatisierung beinhaltet eine automatische Kontrolle durch die KI. Richtig kalibriert erkennt sie Abweichungen und kann eigenständig fehlerhafte Ausführungen neu aufsetzen. Die KI bildet das gesamte System ab und behält die Funktionalität im Blick. Sie kann antizipieren, wo und wann welche Ressourcen gebraucht werden und steuert diese entsprechend.
Wenn einzelne Applikationen, die von mehreren Bots genutzt werden, gewartet werden müssen (auch unvorhergesehen), sollten die Bots natürlich keine Fehler produzieren. Stattdessen müssen Unternehmen eine zentrale Stelle schaffen, die verhindert, dass Tausende Vorgänge auf einmal fehlerhaft laufen. Definierte Wartestellen lassen Bots pausieren und die aufgelaufenen Vorgänge nach den Wartungsarbeiten strukturiert abarbeiten.
Fehler #3: Mangelndes IT-Personal
Für die Automatisierung braucht es das richtige Personal. Botanbieter versprechen oft, ihre Produkte seien leicht zu bedienen und einzuführen. Doch dahinter steckt oft auch viel Marketing. Denn ohne personelle Unterstützung, entsprechende Schulungen und idealerweise Experten im Hintergrund, sind Einführung und Betrieb meist nicht möglich.
Wie es besser geht?
Zu einer Ende-zu-Ende-Automatisierungsstrategie gehört auch, den Personalbedarf zu ermitteln. Welche Kompetenzen brauche ich, um den Betrieb technisch wie fachlich zu gewährleisten? Zwar können objektorientierte Programmierungen auch von Fachbereichen bedient werden, jedoch müssen diese zunächst angelegt werden. Dabei hat jedes Unternehmen zusätzlich seine eigenen IT-Anforderungen, die erfüllt werden müssen. Natürlich kann man die Leistungen auch outsourcen. Ohne Spezialisten wird die Automatisierung jedoch nicht gelingen.
Fehler #4: Bots und Programmierer bekommen zu viel Macht
In Unternehmen gibt es aus gutem Grund das Vier-Augen-Prinzip, welches zudem oft gesetzlich gefordert ist. Es besteht das Risiko, dass jemand dem Arbeitgeber schaden und sich selbst bereichern will. Jedoch konnte man schon bei einigen Kunden sehen, dass Entwickler mit mehr Berechtigungen ausgestattet wurden, als es die internen Richtlinien erlaubt hätten. Zudem nutzten die Programmierer gelegentlich keine Entwicklungsumgebung, sondern entwickelten direkt auf der Produktionsebene.
Die Gefahrenquelle wurde den Entscheidern erst bewusst, nachdem man ihnen den Prozess deutlich gemacht hat. Ein Beispiel: Ein und derselbe Programmierer hat die Möglichkeit, einen Creditor anzulegen, Buchungen zu erfassen und diese auch durchzuführen. Kontrollinstanzen? Fehlanzeige.
Wie es besser geht?
Darauf zu vertrauen, dass der Programmierer kein Schindluder treibt, weil er per se keine bösen Absichten verfolgt, ist naiv. Daher sollten Unternehmen schon während der Entwicklung darauf achten, welche Rechte sie den Entwicklern geben. Es empfiehlt sich, in kritischen Bereichen zum Beispiel auf sogenanntes Pairing zu setzen. Dabei wird ein Programmierer stets von einem zweiten kontrolliert. Nach wenigen Stunden übernimmt der zuvor Kontrollierende und wird nun von einem Dritten überwacht. Dies schließt versteckte Befehle aus und sorgt zugleich für einen möglichst effizienten Code.
Verdächtige Vorgänge können auch von der KI überwacht werden. Sie erkennt Anomalien. Benötigt ein Bot deutlich mehr Kapazität als üblich? Nutzt er andere Applikationen? Sind die Datenmengen ungewöhnlich groß? Findet ein Abfluss nach außen statt?
In jedem Fall sollten Unternehmen, die Prozesse automatisieren, ein klares Rollen- und Berichtskonzept schaffen. Die Compliance muss gewahrt bleiben.
Wer diese und die vorangegangenen drei Punkte beachtet, kann von der hohen Rendite, die sich durch die intelligente Automatisierung bietet, profitieren.
Intelligente Automatisierung ist auch das Thema unserer nächsten „Klardenker live“-Talkshow am 05. September.