Einkäufer als Trend- und Szenariomanager

Zukunft ist nicht mehr VUCA, sondern BANI: Einkäufer werden zu Zukunftsforscher:innen

Wann hören die Krisen endlich auf? Die korrekte Antwort lautet: nie. Auf absehbare Zeit leben wir in der Multi-Krise: Nach der Krise ist vor der Krise. Selbst VUCA ist überholt. Heute haben wir BANI.

Von VUCA zu BANI

Bislang wurde unsere krisengeschüttelte Zeit mit dem Akronym VUCA bezeichnet. Die Abkürzung steht für Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität. So bedrohlich das klingt: Das war gestern. Heutige Zeiten sind BANI: brittle – anxious – non-linear – incomprehensible; brüchig, ängstlich, nicht-linear und unverständlich. Das klingt noch bedrohlicher. Doch erfolgsschmälernd und existenzbedrohend sind BANI-Zeiten nur für jene, die nicht den richtigen Schluss daraus ziehen. Und die richtige Schlussfolgerung lautet: Resilienz.

Resilienz schlägt Krisen

In Begriffen des Einkaufs: Supply-Chain-Resilienz. Wobei „Resilienz“ quasi das wissenschaftliche Synonym für die umgangssprachliche „Krisenfestigkeit“ ist. Nämlich die Fähigkeit, in jeder denkbaren oder möglichen Krise die richtige Krisen-Antwort nicht nur zu finden, sondern schnellstmöglich und angemessen zu realisieren. Das ist die Fähigkeit, die auch und gerade in Krisenzeiten Überleben und nachhaltigen Erfolg sichert. Organisationen, die gerade in Krisenzeiten auch außerhalb „Krisengewinner-Branchen“ prosperieren, geben Zeugnis davon. Natürlich müssen in einer Krise sämtliche Funktionen einer Organisation resilient sein. Doch welche Funktion nimmt dabei eine Schlüsselposition ein?

Einkaufen bei leeren Regalen

Ist der Einkauf resilient, merkt das jeder in der Organisation sofort und erleichtert. Aktuell gibt es unter anderem eigentlich keine oder kaum noch Chips, Stahlteile oder Verpackungen. Wenn also Einkaufsorganisationen diese Engpass-Artikel trotz Krise doch noch heranschaffen, sind sie nicht nur resilient, sondern für die Organisation existenzsichernd. In anderen Worten: zukunftssicher. Das ist die Lösung – und das Problem. Denn um zukunftsrobust zu werden, muss eine Organisation die Zukunft erst einmal kennen.

Die Zukunft kennen: Szenarien

Die Zukunft zu kennen, heißt, sie schon heute und nicht erst morgen zu kennen, wenn sie zur Krise wird. Zukunftsforscher können das. Sie kennen weniger die Zukunft als sogar Zukünfte: verschiedene Szenarien möglicher, wahrscheinlicher und wünschenswerter zukünftiger Entwicklungen. Zum Beispiel Szenario 1: Die nächste Pandemie kommt. Oder Szenario 2: Die Ukraine fällt. Szenario 3: Die Inflation steigt auf 20 Prozent. Szenario 4: Der massive Ausbau nachhaltiger Energieversorgung sorgt für einen Wirtschaftsboom ohnegleichen. Was passiert in diesen vier und vielen anderen Szenarien mit den Branchen und Organisationen einer Volkswirtschaft? Wie entwickeln sich Auftragslage, Kosten, Risiken und Chancen, Investitionen und Arbeitsplätze? Niemand weiß, welches Szenario Wirklichkeit wird. Doch wer auf viele Szenarien vorbereitet ist, ist – wie der Volksmund sagt – „auf alles vorbereitet“. Nichts kann dann mehr überraschen. Zukunftsschock? Strategische Überraschungen? Fehlanzeige. Wer Trends und Szenarien systematisch und fundiert entwickeln kann, ist gewappnet. Noch sind beide Begriffe im Einkauf eher informell geläufig. Doch angesichts anhaltender Krisen bleibt nur ein Schluss: Die Einkäufer:innen der Zukunft werden routiniert in Szenarien navigieren und Trends dank eigenem Trend-Radar frühzeitig erkennen können. Ist das wirklich nötig? Die meisten machen das doch heute schon: aus dem Bauch heraus.

Das Problem mit dem Bauchgefühl

Das Problem mit Vorahnungen aus dem gut informierten Bauch heraus: Krisen richten sich nicht danach. Kein Bauchgefühl der Welt kann es mit der Komplexität einer Krise aufnehmen – aber jedes professionell erstellte Szenario. Denn Szenarien sind, wenn fachkundig erstellt, vergleichbar komplex wie die wirkliche Welt. Und wenn das Bauchgefühl einen Trend entdeckt hat, hat ihn ein regelmäßig gepflegtes Trend-Radar schon letzten Monat entdeckt, analysiert, beurteilt und mit Handlungsempfehlungen hinterlegt: Resilienz schlägt Bauchgefühl. Deshalb beherrschen zukunftsrobuste Einkäufer:innen heute schon diese beiden Instrumente der Zukunftsforschung – und andere wissenschaftliche Methoden. Ein deutscher Automobilhersteller zum Beispiel fordert von seinen Einkäufer:innen, dass sie unter anderem das Zukunftsinstrument des Business Wargaming beherrschen. Das ist eine Methode, die Wirtschaft nicht mehr vorrangig als Wirtschaft betrachtet, sondern als Gefechtsfeld, das auch von den Gesetzen der Spieltheorie determiniert wird: Auf Zug folgt unweigerlich Gegenzug und auf diesen wieder ein Gegenzug … Also wird jene Organisation Erfolg haben und überleben, die wie ein Schachgroßmeister zehn Züge vorausdenken kann. Das ist eine hohe Anforderung und eine überragende Fähigkeit, doch genau das, was die Zukunft von uns verlangt. Und das sollen Einkäufer:innen können? Künftig? In zukunftsrobusten Organisationen können es einige schon heute. Weil es das Gebot der Stunde ist.

Das Gebot der Krisenstunde

Aus diesem Grund ist die aktuelle KPMG-Einkaufsstudie auch eine Trendstudie. Sie zeigt jene 30 Trends auf, die den Einkauf von heute an bis teilweise über das Jahr 2030 hinaus prägen werden. Die Studie ist quasi ein Verzeichnis künftiger Erfolgsfaktoren. Wer die Trends kennt, kennt wesentliche bis entscheidende Teile möglicher Zukünfte. Die Studie untersucht zum Beispiel Trends wie den virtuellen Einkäufer im Metaverse, Echtzeit-Emissionsmessungen von zu beschaffenden Artikeln, Neurocoaching bei Verhandlungstrainings, die verhandlungssichere Echtzeit-Sprachübersetzung oder auch das KI-gestützte Risikomanagement im Einkauf – um nur fünf der 30 Zukunftstrends zu nennen. Die Kenntnis solcher Trends macht resilient und ist daher erfolgsentscheidend. Noch entscheidender jedoch ist etwas anderes.

 

Das Trend-Radar

Entscheidender noch als die Kenntnis aktueller und künftiger Trends ist die Fähigkeit einer Organisation, solche Trends frühestmöglich und möglichst genau selbst zu entdecken, zu analysieren, zu bewerten und mit Eventualstrategien zu hinterlegen. Das kann das sogenannte Trend-Radar. Das klingt nach viel Mehraufwand für die mit ihrer eigentlichen Arbeit schon gut ausgelasteten Einkäufer:innen. Doch diese wenig zukunftsrobuste Sichtweise unterschlägt die Kehrseite der Medaille: Nur wer sich in der Zukunft auskennt, kennt auch den Weg zu zukünftigem Erfolg. In jeder Krise – komme, was da kommen mag.

Quantenrevolution im Einkauf

Erfolg ist in Zeiten der Multi-Krisen eine Frage der Resilienz. Je besser eine Organisation mit Trends und Szenarien navigiert, desto resilienter wird sie.

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