Mit starren Preisen in die Kostenfalle

Ein volatiles Marktumfeld erfordert adaptive Preismodelle, um erfolgreich zu sein

Keyfacts:

  •  Der Markt entwickelt sich mit zunehmender Dynamik und Volatilität und erfordert häufige Preisverhandlungen. Dabei stoßen Kunden und Lieferanten durch stets kürzer werdende Zyklen an ihre Grenzen
  • Die Alternative zu kurzen Verhandlungszyklen sind hohe Kostenrisiken
  • Eine Lösung sind adaptive Preismodelle, die sich an von allen Parteien anerkannten Indizes orientieren
  • Gegenseitiges Vertrauen lässt sich durch Transparenz und gute Abstimmung im Gestaltungsprozess erzeugen

 

Ob Inflation oder Währungskursschwankungen, die Volatilität der Märkte nimmt seit den letzten Jahren stetig zu. Besonders Energiepreise wirken als Katalysator und befeuern auch die inflationäre Preisentwicklung vieler energie- oder transportintensiver Materialien und Rohstoffe. Die der Inflation folgenden Löhne tragen zur weiteren Preisentwicklung bei. Dieser Volatilität stehen oft langfristige Preisabsprachen gegenüber, die für Unternehmen schnell zur Kostenfalle werden können.

Verträge und Preismodelle flexibel zu gestalten, ohne riskante Prognosen einzugehen, erfordert automatisierte Mechanismen, um allzu häufige Nachverhandlungen zu vermeiden. Doch wie lassen sich solche automatisierten Mechanismen gestalten, um bei keiner der Parteien den Eindruck der Benachteiligung und Intransparenz aufkommen zu lassen?

 

Indizes als Preisniveaugeber

Ein Weg zur allgemeinen Anerkennung der Preisnivellierung ist die Nutzung und Einbindung allgemein und beidseitig anerkannter Indizes (z.B. des Raw Material Index, kurz RMI), wie sie beispielsweise am London Metal Exchange (kurz LME) zu finden sind. Aber auch in den (zumeist) westlichen Ländern separat durch offizielle Stellen erfasste Indizes, wie Inflationswerte und durch Verbands- und Gewerkschaftszugehörigkeiten definierte Gehaltszuschläge, lassen sich als Maßstab für Kostenpositionen heranziehen. Schwieriger werden solche Inflationswerte in Ländern, die keine statistischen Indikatoren erfassen, oder auch nicht in separaten Indizes erfasste Kostenaufschläge, wie beispielsweise eine Bolzenprämie für in Pressbolzen zur Weiterverarbeitung umgewandelte Aluminiumbarren. Diese müssen als zusätzlicher Wertschöpfungsschritt begriffen werden, um dann folglich aus einer Mischung aus Personal und Energiekosten samt relativer Margen für den verarbeitenden Betrieb kalkuliert zu werden. Ähnlich werden auch Großhandelszuschläge o.ä. bewertet und erfasst. Dass die Abstimmungsaufwände bei solchen Kalkulationen höher sind und eher zu Diskursen führen als unabhängige Indizes versteht sich von selbst.

 

Erfolgsbegünstigende Faktoren im Gleichgewicht für alle Parteien

Der Weg durch die zähen Verhandlungen und zur beidseitigen Anerkennung eines Preisfindungsautomatismus kann nur über Transparenz führen. Die beidseitige Akzeptanz der Ausgangssituation als Basis für die Verhandlung ist eine weitere Grundbedingung. Da selbst bei langjährigen Partnern zumeist ein gewisses Niveau an gegenseitigem Misstrauen herrscht, ist zudem die Einbindung einer neutralen, dritten Partei empfehlenswert, die unabhängig und gemessen an Industriebenchmarks die Kalkulationsbasis bewertet.

Ebenfalls zielführend ist frühzeitiges Erwartungsmanagement. Häufig kommt mit der Anpassung von Preiskalkulationen auch die Erwartung auf, dass sich der monetäre Fußabdruck ändert. Ein adaptives Preismodel hat dies jedoch primär nicht zum Ziel, sondern soll nur die Risiken durch dynamische Marktentwicklungen aus der engen Preiskalkulation der Zulieferer nehmen, sowie Spekulationsgewinne durch verbesserte Marktbedingungen an die Hersteller (Original Equipment Manufacturer, kurz OEMs) weitergeben. Durch die transparente Anpassung werden jedoch auch Verbesserungen im Produktionsprozess belohnt, da sie dank der Herausrechnung umweltbedingter Faktoren auch in einem ungünstigen Marktumfeld umgehend identifiziert werden können.

 

Technische Umsetzung

Die Vorgehensweise hin zum adaptiven Preismodell erfolgt grundsätzlich in drei Schritten:

1.     Baselining: Hier gilt es, Kostenblöcke zu definieren und hinsichtlich der Ermittlungsgrundlage einschließlich Quellindizes, kalkulatorischer Regeln, Schwankungskorridor und Betrachtungsintervall festzulegen und voneinander abzugrenzen (z.B. bei Material-, Produktions-, SG&A- und allen anderen Kosten in der Betrachtung).

 

2.     Dynamisierung: Sind alle Parameter mit Wirkung auf einzelne Kostenpositionen und in ihren individuellen Schwankungsdynamiken definiert, gilt es, die mit allen Parteien (Lieferant-Hersteller-Kunde) abgestimmten Adaptionszyklen auf aggregierter Ebene abzuleiten und zu vereinbaren.

 

3.     Konsolidierung und Automatismus: Im letzten Schritt ist die Herausforderung, die aus unterschiedlichen Quellen mit verschiedenen Kalkulationsregeln ermittelten Kostenbausteine der Gesamtproduktkosten in eine Systematik zu überführen, welche gestützt durch einen automatisierten Berechnungsprozess in einer Lösung zusammengetragen werden sollen. Bestehende Tools für das Produktkostenmanagement (wie z.B. eine PLM-Plattform), welche gerne von Automobilherstellern zur standardisierten Kalkulationsmethodik angewendet werden, stoßen hier aufgrund der diversen Kalkulationsbausteine von mindestens drei betroffenen Parteien und aktueller Schwankungsdynamiken am Markt an ihre Grenzen und stellen somit lediglich einen beitragenden Teil dar. Für ein konsolidiertes Kostenmanagement gilt es, alle Kostenelemente, Quellen, Regeln und Zyklen angereichert durch Kalkulationsabläufe (ähnlich wie Workflows) zu integrieren und zentral zu steuern.

 

Fazit

Das Produktkostenmanagement und daraus folgend die abgestimmte Preisfindung sind in der Automobil-, Maschinenbau- und Fertigungsindustrie heute herausfordernder denn je. Zusätzlich zu bisherigen Hürden, wie rechtlichen Vorschriften und steigendem Wettbewerbsdruck, kommen hohe Kostenschwankungen durch geopolitische Einflüsse, Unsicherheiten in Lieferketten und (Finanz-)Marktvolatilitäten erschwerend hinzu. Daher versagen herkömmliche, standardisierte und unflexible Werkzeuge zur Produktkostenermittlung, welche Lieferanten, Produzenten und Kunden in schier endlose, wiederkehrende Preisverhandlungen verstricken. Es braucht eine integrierte, adaptive Lösung, welche mit Unterstützung einer neutralen Modellierungsinstanz von allen Parteien akzeptiert und trotz Schwankungen periodenübergreifend aktuelle Kostenniveaus widerspiegelt.