Sie gehören zu den größten Firmen der Welt: Google, Apple, Ikea – um nur drei zu nennen. Ihre Geschäftsmodelle sind sehr unterschiedlich – eines aber haben sie gemeinsam. Sie wollen in Zukunft ausschließlich Ökostrom beziehen. Auf der Plattform „RE 100“ begründen die Firmen ausführlich ihr Versprechen. Auch für deutsche Unternehmen wird Ökostrom, vor allem aus Windparks, immer interessanter und attraktiver. Und das nicht nur aus ökologischen Gründen, sondern auch aus finanziellen Gesichtspunkten.
Welpenschutz für Windparks ist vorbei
Der damalige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel sagte 2016 bei der Eröffnung der Windenergie-Messe in Hamburg: „Die Windenergie braucht keinen Welpenschutz mehr.“ Er spielte damit auf die verbesserte Wettbewerbsfähigkeit der Branche und das sukzessive Auslaufen der EEG-Vergütungen ab 2021 an. Feste staatliche Einspeisevergütungen – und damit eine sichere Einnahmequelle – fallen dann für die ersten Altanlagen weg. Anlagenbetreiber sind gezwungen, ihre Windräder ohne diese Sicherheit wirtschaftlich zu betreiben. Der Bundesverband Windenergie schätzt, dass bis Ende 2023 rund 14.000 MW installierte Leistung aus der Förderung fallen. Somit muss sich die Windenergie zukünftig, wie Gabriel sagte, „den Herausforderungen des Marktes stellen“.
Mit PPAs kann Strom verlässlich vermarktet werden
Eine Lösung dafür scheint gefunden – Power Purchase Agreements (PPA). Das sind langfristige Direktabnahmeverträge zwischen Windparkbetreibern und Großkunden. Für die bislang subventionsverwöhnte Windbranche ist das eine kleine Revolution. Denn die langfristigen Verträge könnten nicht nur die Zukunft von alten Anlagen sichern, sondern den Bau neuer Offshore-Windparks ermöglichen. Ohne staatliche Unterstützung.
Der maßgebliche Vorteil: Stromerzeuger und Abnehmer können mit festen Preisen kalkulieren. Die Betreiber von Anlagen, die aus der Förderung herausfallen oder die jetzt gebaut werden, können ihren Strom so verlässlich vermarkten. Da die Alternative für beide Akteure der Verkauf bzw. Kauf am Großhandelsmarkt für Strom ist, gibt dieser auch eine erste Orientierung für das Preisniveau.
Neue Anlagen sollen ohne staatliche Förderung gebaut werden
Dass sich die erneuerbaren Energien immer stärker dem Wettbewerb stellen, zeigt ein Blick auf die erste Ausschreibungsrunde im April 2017 für Offshore-Windenergie. Zwei Unternehmen boten so offensiv, dass sie beim Bau und Betrieb der Anlagen ohne staatlich garantierte Einspeisevergütungen auskommen können. Die Bieter begründeten dies unter anderem mit der zunehmenden Größe und Effizienz der Anlagen und der Lernkurve auf Basis vorheriger Projekte. Im Nachbarland Holland haben ebenfalls mehrere Unternehmen Angebote für neue Offshore-Windprojekte abgegeben, die ohne Subventionen gebaut und betrieben werden sollen.
Viele Argumente sprechen für grünen Strom
Grün und nachhaltig handeln wird für Unternehmen zu einem unternehmerischen Wert und ist ein wichtiges Argument für die Nutzung von grünem Strom. Unternehmen, die Ökostrom beziehen, werden positiver und fortschrittlicher wahrgenommen. Ihnen wird ein grünes Image zugeschrieben. Außerdem ist der Umstieg auf Strom aus erneuerbaren Quellen politisch gewünscht. Das Corporate Social Responsibility-Richtlinien-Umsetzungsgesetz verpflichtet Unternehmen dazu, bestimmte Fakten zum Ressourcenverbrauch offenzulegen. Ökologisch relevante Punkte spielen dabei eine große Rolle. Grün handeln hat so also einen klar definierten Wert, zu dem sich Firmen – siehe die Initiative RE 100 – öffentlich bekennen. Dank der Direktabnahmeverträge lässt sich die Versorgung mit grünem Strom relativ einfach regeln. Dazu kommt, dass Grünstrom nicht mehr wesentlich teurer ist als konventionell erzeugter Strom.
Erste Direktvermarktungsverträge in Deutschland
In Skandinavien sind PPAs ein gängiges Mittel für die Grünstromvermarktung. In Deutschland ist deren Nutzung meistens noch in Vorbereitung. Aber es gibt erste Beispiele, dass PPAs auch hier bald eine Rolle spielen werden. In Niedersachsen hat der norwegische Energiekonzern Statkraft einen Abnahmevertrag mit sechs kleinen Bürgerwindparks abgeschlossen. So ist deren Weiterbetrieb auch möglich, wenn die Anlagen keine staatliche Unterstützung mehr bekommen. Auch Greenpeace Energy hat einen Direktvermarktungsvertrag für einen Windpark in Ellhöft (Schleswig-Holstein) geschlossen, der bald aus der EEG-Förderung fällt. Mit dessen Erzeugung sollen private Haushalte mit Ökostrom versorgt werden.
Diese Beispiele zeigen, dass Industrie und Privathaushalte gleichermaßen direkt oder indirekt von PPAs profitieren können. Damit dürften die PPAs dafür sorgen, dass der Marktanteil von ausgewiesenem grünem Strom weiter steigt.