Grüne Transformation: Die Schlüsselrolle der Banken

Mit der richtigen Balance aus Ambition und Machbarkeit zur passenden Marktpositionierung

Corporate Social Responsibility (CSR) war jahrzehntelang ein Nischenthema im Finanzsektor. Heute steht Nachhaltigkeit unter dem Titel ESG – Environmental, Social, Governance – mit an vorderster Stelle und ist ganz oben auf der Management-Agenda. Das bringt nicht nur Pflichten mit sich. Es birgt auch strategische Chancen für die Positionierung am Markt.

Die Folgen der Erderwärmung sind nunmehr deutlich zu spüren. Das hat auch einen Wandel in der Gesellschaft und Initiativen wie Fridays for Future hervorgebracht. Und auf politischer Ebene treiben die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (UN SDGs) und das Pariser Klimaabkommen die bislang umfassendste grüne Reform der Europäischen Union – mit unmittelbaren Folgen für die Finanzbranche.

Banken kommt eine besondere Rolle zu

Nachhaltiges Wirtschaften betrifft nicht allein Finanzdienstleister. Aber ihnen wird eine zentrale Rolle in der Transformation zugeschrieben. Denn als Kapitalgeber haben sie unter anderem Einfluss darauf, in welche Projekte und Unternehmen investiert wird. Indem Banken und Asset Manager ESG-Kriterien ernst nehmen und nachhaltige Geschäftsmodelle finanzieren, bringen sie die grüne Transformation voran.

Mit der EU-Taxonomie wurde ein Klassifizierungssystem geschaffen, das Standards und Labels für grüne Produkte vorsieht. Die Aufseher erwarten, dass Geldinstitute Nachhaltigkeitsrisiken identifizieren und sie im Kreditprozess strukturiert einfließen lassen. So geht es darum zu verstehen, welchen konkreten Risiken Kreditnehmende ausgesetzt sind. Banken sind angehalten zu prognostizieren, wie sich Klimaszenarien, beispielsweise die Überschwemmungskatastrophe im Ahrtal in 2021, in einem bestimmten Gebiet in Zukunft auswirken könnten – nach dem Vorbild der Versicherer.

Außerdem müssen sie beurteilen, wie anpassungsfähig ein Geschäftsmodell in einer klimaneutralen Zukunft sein wird. Es gilt, Vorhersagen zu treffen und zu modellieren, um Auswirkungen auf die Kreditqualität zu beurteilen. Hierfür müssen Banken in neuen Kategorien denken und ihren Methodenbaukasten im Risikomanagement erweitern.

ESG-Daten zur Risikobewertung unabdingbar

Banken brauchen einen Überblick darüber, wie groß die ESG-Risiken sind und wie sie sich auf die finanzierten Assets auswirken. Hierfür sind umfassende Daten notwendig, die systematisch gesammelt, ausgewertet und aufbereitet werden müssen. Viele Datenanbieter haben diesen Bedarf erkannt und liefern bereits verschiedene Kennzahlen mit Nachhaltigkeitsbezug. Finanzdienstleister haben das Thema Daten daher flächendeckend priorisiert und suchen nach möglichst pragmatischen Ansätzen, die es ermöglichen, Nachhaltigkeitsrisiken angemessen zu beurteilen. Die Herausforderungen für Banken besteht darin, auf Basis der bestehenden Daten und Expertise, eigene Methoden zu entwickeln, die an bisherige und zukünftige Anforderungen angelehnt sind, aber gleichzeitig im Tagesgeschäft kurzfristig anzuwenden sind.

Nachhaltigkeit ist eine Frage der Strategie

Neben den genannten organisatorischen Handlungsfeldern haben Banken auch strategische Weichen zu stellen. Dazu zählt in erster Linie die Frage, wie sich Institute beim Thema Nachhaltigkeit öffentlich positionieren möchten. Sich dem zu entziehen, ist keine Option, da alle Stakeholder – die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingeschlossen – heutzutage eine klare Haltung erwarten. Stellt für manche Unternehmen die Umsetzung von ESG-Anforderungen noch eine regulatorische Pflichtübung dar, sehen die meisten Nachhaltigkeit hingegen als Chance, Marktanteile zu erschließen und neue Erträge zu erzielen. Zu einer weiteren Gruppe zählen wiederum Institute, die Nachhaltigkeit als ihr Geschäftsmodell definiert haben. Sie verfolgen das Ziel, bei allem, was sie tun, nachhaltig zu sein.

Um sich mit der gewählten ESG-Strategie glaubwürdig am Markt zu positionieren, müssen Banken die richtige Balance zwischen Ambition und Machbarkeit finden. Vier aufeinander aufbauende Schritte führen dabei langfristig zum Erfolg:

  • Ziele setzen: Zunächst sollten Geldinstitute definieren, welche Priorität ESG bei ihnen hat. Ziele sollten ausreichend ambitioniert sein, um die Organisation zu mobilisieren und in der Öffentlichkeit glaubwürdig zu sein – gleichzeitig, aber auch realisierbar. Nur wenn die Strategie passt und Erfolg an geeigneten Größen gemessen wird, kann es Instituten gelingen, ein individuelles Nachhaltigkeitsprofil zu entwickeln.

 

  • Themen sinnvoll managen: Banken sollten die Balance zwischen regulatorischen und nicht regulatorischen Themen aktiv managen. Angestrebte Veränderungen müssen in den operativen Prozessen des Tagesgeschäfts und den Systemen ankommen.

 

  • ESG in den Regelbetrieb überführen: Vielerorts wurden in den Instituten auf ESG spezialisierte Projektteams etabliert. Nun ist der Zeitpunkt gekommen, ESG in der gesamten Organisation zu verankern. Weiterbildungen und Schulungen können ein guter Anfang sein, um neue Kompetenzen in Markt- und Steuerungseinheiten auf- und auszubauen.

 

  • Marktchancen ergreifen: Die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen wird weiter steigen. Das bietet Banken neue Marktchancen, die sie erkennen und ergreifen sollten.