Phase 3 bis Oktober 2027: Infrastruktur und Funktionalitäten
Die dritte Phase endet mit dem Start von T+1 im Oktober 2027 . Vom Stichtag 11. Oktober an müssen Settlement Instructions bis spätestens 23:59 MEZ am Handelstag an das jeweilige Settlement-System übermittelt werden. Nur so lässt sich der enge T+1-Zyklus überhaupt realisieren.
Diese Frist wirkt auf den ersten Blick technisch, hat aber strategische Folgen, die einen erheblichen operativen Feinschliff bedeuten: Späte Handelsaktivitäten – etwa im ETF- oder Cross-Border-Geschäft – kollidieren schnell mit den Cut-Off-Zeiten. Auch globale Marktteilnehmer, die in Asien oder Nordamerika handeln, müssen ihre Abläufe auf europäische Zeitzonen abstimmen. Das erfordert neue Koordinationsmechanismen und angepasste Netting-Prozesse.
Parallel werden die Funktionalitäten der Settlement-Systeme harmonisiert. Die ESMA schreibt verbindlich vor, dass alle CSDs Hold and Release und Auto-Partial Settlement anbieten müssen. Beide Mechanismen sollen helfen, Fails zu reduzieren, indem sie eine flexiblere Steuerung und Teilabwicklung von Transaktionen ermöglichen.
Für Teilnehmer bedeutet das allerdings auch operative Komplexität: Teilabwicklungen können zusätzliche Tickets und Gebühren verursachen, und Opt-out-Funktionen müssen technisch zuverlässig abbildbar sein.
Ein weiterer Meilenstein ist die verpflichtende Auto-Collateralisation: CSDs müssen künftig Intraday-Kredite gegen Sicherheiten bereitstellen – entweder zentralbank- oder geschäftsbankgestützt. Damit sollen die Liquiditätssteuerung verbessert und Settlement-Fails aufgrund fehlender Mittel vermieden werden.
Gleichzeitig verlangt das eine engere Verzahnung mit Treasury- und Collateral-Management-Systemen, was viele Häuser noch technisch umsetzen müssen. Schließlich sollen alle CSDs entweder fähig sein, Real Time Gross Settlement (RTGS) anzubieten oder mindestens drei Settlement-Batches pro Tag.
Das erhöht die Flexibilität und die Geschwindigkeit der Abwicklung, setzt aber auf Seiten der Teilnehmer voraus, dass Systeme und Prozesse in Echtzeit oder nahezu in Echtzeit arbeiten können. Kurz gesagt: Phase 3 stellt für Marktteilnehmer die Nagelprobe dar – sie entscheidet, ob T+1 in der Praxis funktioniert oder zum operativen Risiko wird.
Jetzt handeln: T+1-Fähigkeit bereits 2026 herbeiführen
Für Banken, Asset Manager und Verwahrstellen ist die Botschaft eindeutig: T+1 ist kein technisches Projekt mehr – es ist eine strategische Verpflichtung. Wer erst 2027 damit beginnt, seine Prozesse, Systeme und Datenflüsse auf den Stichtag vorzubereiten, kommt zu spät. Es gilt, jetzt
- End-to-End-Prozesse ganzheitlich zu analysieren
- IT-Systeme auf durchgängige Prozesse zu prüfen
- operative Tests frühzeitig zu starten – intern und extern
Wir empfehlen daher, nach folgender Regel vorzugehen: Nur wer bereits 2026 T+1-ready ist, wird 2027 regulatorisch und operativ bestehen können. Neben den verbindlichen RTS-Anpassungen bleiben auch die ESMA-Empfehlungen aus dem Juli 2025 relevant. Dazu zählen etwa das Recall Framework, das eine frühzeitige und standardisierte Kommunikation bei Wertpapierleihe-Positionen vorsieht, sowie das Notional Shaping, das große Repo-Transaktionen in kleinere Settlement-Einheiten aufteilt, um Fails zu vermeiden.
Dazu kommen viele weitere, die es in der Praxis ebenfalls zu berücksichtigen gilt. Auch wenn diese Maßnahmen (noch) nicht verpflichtend sind, erhöhen sie den operativen Druck zusätzlich und verdeutlichen, dass der Weg zu T+1 nicht allein mit der Umsetzung der RTS endet.
Mitarbeit an diesem Artikel: Luisa Schleiminger