Ab 1. Juni 2026: Neue Regeln zur Nachhandelstransparenz von Eigenkapitalinstrumenten
Auch in Zukunft müssen Handelsplätze und Wertpapierfirmen wie bisher Kurs, Volumen und Zeitpunkt des Geschäfts veröffentlichen. Das gilt zumindest dann, wenn das Finanzinstrument auf einem europäischen Handelsplatz gehandelt wird oder dort zum Handel zugelassen ist. Mit Blick auf diese Verpflichtung, die auch als Nachhandelstransparenz bezeichnet wird, wird das bestehende Meldetableau überarbeitet.
Vom 1. Juni 2026 an sind verpflichtend zunächst nur die Feldnamen zu melden, quasi die Spaltenüberschriften des Meldetableaus. Voraussichtlich im vierten Quartal 2026 – mit Inkrafttreten der technischen Regulierungsstandards – ist dann ein neues Meldetableau zu verwenden.
Die wesentliche Änderung dabei sind zwei neue Felder. Zum einen die Art des Handelssystems, auf dem das Geschäft ausgeführt wurde. Zum anderen ist in Zukunft bei Geschäften, die unter eine regulatorisch definierte Ausnahmeregelung der Nachhandelstransparenz fallen, anzugeben, welche Ausnahmeregelung angewendet wurde.
Auch die Meldelogik ändert sich: Aus einem Geschäft werden zwei
Über die Meldeinhalte hinaus ändert sich auch die Meldelogik in einer Weise, die die Mehrheit der Finanzinstitute betreffen wird: So sind übertragene Geschäfte, sogenannte Give-ups, in Zukunft von der Nachhandelstransparenz ausgenommen. Dafür entfällt die bisherige Ausnahme für eine gängige Handelspraxis, nämlich für sogenannte „Matched Principle Trades“.
Bei dieser Art von Geschäften führt eine Wertpapierfirma eine Kundenorder gegen das eigene Buch aus, indem sie zeitgleich ein gleichgeartetes Gegengeschäft in gleicher Größe und zu gleichem Preis mit einer dritten Partei abschließt. Unter dem aktuellen Melderegime sind solche Geschäfte als ein Geschäft zu melden, künftig als zwei.
Gleichgeblieben ist die Meldelogik dahingehend, dass die Veröffentlichung unter der Nachhandelstransparenz nur von einem der beiden Geschäftspartner zu erfolgen hat. In der bisherigen Meldelogik waren das bevorzugt Handelsplätze und SIs. Für letztere geht diese Verpflichtung nun auf die neu geschaffenen benannten veröffentlichenden Einrichtungen (Designated Publishing Entities, DPE) über – ein Status, der von Wertpapierfirmen für bestimmte Kategorien von Finanzinstrumenten beantragt werden kann.
Für Nichteigenkapitalinstrumente wird die Vorhandelstransparenz vereinfacht
Analog zu der Transparenz für Eigenkapitalinstrumente wie Aktien sind Handelsplätze und Wertpapierfirmen auch zur Transparenz in Geschäften mit Nichteigenkapitalinstrumenten verpflichtet – dazu gehören etwa Schuldverschreibungen und Derivate.
Neu ist, dass drei Untergruppen von Nichteigenkapitalinstrumenten gebildet werden, für die jeweils unterschiedliche Transparenzvorschriften gelten: Die erste Gruppe bilden Schuldverschreibungen, strukturierte Finanzprodukte und Emissionszertifikate. In der zweiten finden sich Derivate, die dritte umfasst die sogenannten Auftragspakete. Unter einem Auftragspaket versteht man die Bündelung mehrerer Transaktionen in einem einzigen Auftrag.
Im Rahmen der Vorhandelstransparenz müssen Handelsplätze die aktuellen Geld- und Briefkurse und die „Tiefe der Handelspositionen“, so der Wortlaut in Artikel 8 der MiFIR, zu diesen Kursen veröffentlichen. Zukünftig gilt diese Verpflichtung aber nur noch für Handelssysteme mit fortlaufendem Limit-Orderbuch oder mit periodischen Auktionen.
Solche Handelssysteme, wie man sie von den klassischen Wertpapierbörsen kennt, bündeln alle von Investoren auf dem Handelsplatz platzierten Kauf- und Verkaufsaufträge in einem zentralen Limit-Orderbuch und gleichen mit Hilfe eines Handelsalgorithmus die besten verfügbaren Preise kontinuierlich oder periodisch ab.
MiFIR-Review bringt Erleichterungen für Marktteilnehmer
Für außerbörsliche Derivate, sogenannte OTC-Derivate, wird die Verpflichtung zur Vorhandelstransparenz weiter eingeschränkt und gilt nur für eine spezielle Untergruppe von hinreichend standardisierten Derivaten – diese werden unter MiFIR Artikel 8a näher definiert. Diese Einschränkungen der Verpflichtung stellt aus unserer Sicht eine deutliche Erleichterung für die Anbieter solcher Handelssysteme dar.
Auch künftig können die zuständigen Aufsichtsbehörden Handelsplätzen Ausnahmen von der Vorhandelstransparenz gewähren, beispielsweise für untypisch große Aufträge oder bei illiquiden Märkten. Die Voraussetzungen für solche Ausnahmeregelungen werden künftig jedoch für die oben beschriebenen Produktgruppen unterschiedlich definiert.
Im Unterschied zu Eigenkapitalinstrumenten wurde für SIs in Bezug auf Nichteigenkapitalinstrumente die Verpflichtung zur Vorhandelstransparenz gänzlich abgeschafft -auch das ist eine Erleichterung für Marktteilnehmer.
Nichteigenkapitalinstrumente: neues Meldetableau, geänderte Melderegeln
Für Nichteigenkapitalinstrumente sind Handelsplätze und Wertpapierfirmen im Rahmen der Nachhandelstransparenz nach Geschäftsabschluss weiter verpflichtet, ähnliche Angaben zu veröffentlichen, wie oben für Eigenkapitalinstrumente beschrieben. Neu ist, dass diese Verpflichtung künftig auch für die oben beschriebenen und unter MiFIR Artikel 8a definierten OTC-Derivate gilt.
Das dafür verpflichtend zu verwendende Meldetableau wird dahingehend angepasst, dass ein Meldefeld mit Angaben zu Emissionszertifikaten künftig nicht mehr zu melden ist. Im Gegenzug werden drei neue Felder hinzugefügt, die zusätzliche Angaben zum verwendeten Handelssystem sowie einer etwaig in Anspruch genommenen regulatorischen Ausnahmeregelung von der Nachhandelstransparenz vorsehen.
Im Gegensatz zu Eigenkapitalinstrumenten bleibt die Befreiung von der Veröffentlichungspflicht für die bereits oben beschriebenen Matched Principle Trades für Nichteigenkapitalinstrumente bestehen. Hier wird sich zeigen, ob diese Regelungen im Rahmen des laufenden parlamentarischen Prozesses noch einmal angepasst werden.
Analog zu den Transparenzvorschriften für Eigenkapitalinstrumente können Handelsplätze und Wertpapierfirmen auch für Nichteigenkapitalinstrumente weiter gesetzlich definierte Ausnahmeregelungen von der Nachhandelstransparenz in Anspruch nehmen. Diese sind künftig aber produkt-spezifisch unterschiedlich definiert. Solche Ausnahmeregelungen können beispielsweise für illiquide Märkte oder unüblich große Aufträge per Allgemeinverfügung von nationalen Aufsichtsbehörden gewährt werden.
Unverändert können Transaktionen unter Umständen auch weiter komplett von der Pflicht zur Vor- und Nachhandelstransparenz befreit sein: Für Geschäfte mit europäischen Zentralbanken im Rahmen ihrer Geld-, Devisen- und Finanzstabilitätspolitik oder bei temporären Liquiditätsrückgängen bestimmter Produkte am Markt können abweichende Regeln gelten.
Viele Auswirkungen auf Reportings – Handlungsbedarf auch für kleinere Finanzinstitute
Das MiFIR-Review bringt also umfassende Änderungen bei den Meldepflichten mit sich. Das soll die Transparenz im Handel mit Finanzinstrumenten erhöhen und Marktteilnehmern bessere Informationen an die Hand geben. Für sie ist es wichtig, die neuen Regelungen genau zu verstehen und ihre Auswirkungen auf die Handelspraktiken zu berücksichtigen. Alle Anpassungen müssen sorgfältig überprüft und verifiziert werden, um die Einhaltung der neuen Vorschriften sicherzustellen.
Als Folge der Änderungen müssen Handelsplätze und Wertpapierfirmen nach unserer Erwartung ihre automatisierten Reporting-Lösungen anpassen – so können sie die geänderten Meldetableaus, Ausnahmeregelungen und Meldelogiken abbilden. Besonders herausfordernd wird sein, dass die Änderungen an den einzelnen Meldevorschriften voraussichtlich zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft treten werden und somit einen zeitweisen Parallelbetrieb von altem und neuem Melderegime erfordern. Die zu erwartenden Umsetzungszeitpunkte haben wir in einer Tabelle hier für Sie zusammengestellt.
Viele kleinere Finanzinstitute führen ihre Wertpapier- und Derivatetransaktionen ausschließlich auf europäischen Handelsplätzen und SIs durch und sind daher derzeit von den Transparenzpflichten nicht betroffen. Das kann sich mit dem MiFIR-Review nun ändern.
Wir empfehlen daher auch kleineren Instituten, rechtzeitig eine Betroffenheitsanalyse durchzuführen und geeignete Maßnahmen zur Übereinstimmung mit den geänderten Vorschriften umzusetzen.
Die Erfahrung aus ähnlichen regulatorischen Novellen hat gezeigt, dass die erforderlichen Anpassungen an automatischen Meldelösungen viel Zeit für Analyse, Implementierung und Testen erfordern. Im Hinblick auf die ersten Änderungen im Juni 2026 ist jetzt der richtige Moment, damit zu beginnen.