Das sind die Prioritäten für Versicherer im neuen Jahr
KI, Konsolidierung und wachsende Risiken bestimmen die Agenda 2026
Keyfacts:
- Versicherer nutzen KI zunehmend für Schadenprozesse, Kundenservice und Underwriting – mit klaren Effizienzgewinnen und neuen Geschäftsmodellen.
- Der Rückversicherungsmarkt befindet sich im Wandel – Sinkende Preise und steigender Wettbewerb treffen auf eine wachsende Nachfrage durch Klimarisiken, Cyberbedrohungen und eine mögliche Elementarpflichtversicherung.
- Private-Equity-Investoren treiben Übernahmen im Maklermarkt voran, grundlegender Erfolgsfaktor bei Konsolidierungen im Versicherungsbereich bleibt die Integration von IT-Systemen, Prozessen und Unternehmenskulturen.
Im vergangenen Jahr ging es Versicherern vor allem darum, Prozesse zu verschlanken, Altsysteme zu modernisieren und innovative Anwendungen von künstlicher Intelligenz (KI) im Alltag nutzbar zu machen. Vieles davon bleibt relevant. Doch inzwischen zeigt sich: Einige dieser Themen begleiten die Branche länger als gedacht – und werden nun durch neue Dynamiken verstärkt.
So übernimmt künstliche Intelligenz zukünftig konkrete Aufgaben in Schaden, Service und Underwriting. Gleichzeitig verändert sich der Rückversicherungsmarkt deutlich, der Wettbewerb nimmt zu und die Preise sinken. Und auch Konsolidierungen schreiten weiter voran: Übernahmen, Zusammenschlüsse und Post-Merger-Integrationen setzen neue Akzente.
Kurz: Die bekannten Herausforderungen bleiben – aber 2026 kommen weitere hinzu, die das Jahr prägen werden.
KI als Treiber für Effizienzgewinne und neue Geschäftsmodelle
Der Einsatz von künstlicher Intelligenz ist mittlerweile aus den Versicherungsunternehmen nicht mehr wegzudenken und bleibt auch weiterhin ein zentraler Treiber bei der digitalen Transformation: Laut unserer Studie „Generative KI in der deutschen Wirtschaft“ ist KI für 94 Prozent der befragten Versicherer ein wichtiges Thema für ihr Geschäftsmodell und die künftige Wertschöpfungskette. Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Versicherungsunternehmen die Kundenzufriedenheit und Prozesseffizienz sichern und es gleichzeitig schaffen, nach initialen Investitionen Kosten einzusparen.
Bereits jetzt werden KI-Technologien im Kundenmanagement, in der Schadenregulierung (inklusive Betrugserkennung und Regressfallidentifikation) sowie auch zunehmend im Underwriting – also der Risikoprüfung und Vertragsbewertung – eingesetzt und lösen hier zeitintensive und fehleranfällige Schritte ab. Dabei könnten in Zukunft beispielsweise durch dynamische und individuellere Tarife oder Pay-per-use-Ansätze auch ganz neue Geschäftsmodelle ermöglicht werden.
Neben technischen Herausforderungen stehen Versicherungsunternehmen auch vor der Aufgabe, die nachhaltige operative Umsetzung innerhalb des Unternehmens sicherzustellen. Dazu gehört der Aufbau einer robusten KI-Governance sowie die gezielte Befähigung von Mitarbeitenden. Dies wird die zentrale Voraussetzung für eine skalierbare und effiziente KI-Implementierung sein.
Weicher Rückversicherungsmarkt trifft steigende Nachfrage
Nach mehreren Jahren eines harten Marktes befindet sich der Rückversicherungsmarkt im Übergang in eine weichere Marktphase. Eine aktuell geringere Schadenbelastung durch Naturkatastrophenereignisse trägt dazu bei, dass die Rückversicherungsunternehmen ausreichend kapitalisiert sind und umfangreiche Kapazitäten anbieten können. Der Wettbewerb auf dem Rückversicherungsmarkt steigt und die Preise sind in vielen Segmenten rückläufig.
Gleichzeitig steigt aber auch der Bedarf an Rückversicherungsschutz durch die Auswirkungen des Klimawandels, Cyberrisiken und geopolitische Unsicherheiten. Dies könnte noch verstärkt werden durch die Einführung der Elementarpflichtversicherung im Bereich der Wohngebäudeversicherung, welche im Koalitionsvertrag (Abschnitt 3.2) mit Opt-Out-Möglichkeit verankert ist. Hierfür ist auch der Aufbau einer staatlichen Rückversicherungslösung vorgesehen.
Ein zentraler Diskussionspunkt werden hier die genauen Konditionen und die differenzierte Bepreisung der individuellen Risiken zum Beispiel in besonders risikoexponierten Gebieten sein. Eine Orientierung bietet die Elementarpflichtversicherung für Unternehmen in Italien, die zusammen mit einem staatlichen Rückversicherungsfonds eingeführt wurde.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) schlägt in diesem Zusammenhang vor, hochexponierte Gebäude mit dem Konzept „Elementar Re“ aus mehreren Absicherungsstufen zu schützen. Zur Bündelung der Risiken soll eine privatwirtschaftliche Rückversicherungslösung eingerichtet werden, die über einen aufgebauten Sicherungsfonds zusätzlich abgesichert wird. Darüber hinaus sollen Extremereignisse über einen staatlichen Rückversicherungsschutz durch einen Stop-Loss-Mechanismus aufgefangen werden. Die Politik und die Versicherungswirtschaft werden hier im Jahr 2026 verschiedene Lösungsansätze diskutieren, um eine tragfähige Lösung für Deutschlands Elementarschutz zu finden.
„Die Transformation der Versicherungsunternehmen entlang von Technologie und Risikobewusstsein schreitet weiter voran. Das Jahr 2026 wird die Versicherungsbranche vor die Herausforderung stellen, unter Effizienzdruck innovativ und wettbewerbsfähig zu bleiben.“
Stefan Heyers
Maklerunternehmen im Mittelpunkt von Transaktionen
Im Jahr 2025 war der deutsche Versicherungsmarkt von mehreren bedeutenden Transaktionen geprägt. Dazu zählen der Zusammenschluss der SDK mit der Stuttgarter Lebensversicherung, der Verkauf der Anteile des Run-off-Spezialisten Viridium an ein Konsortium unter Beteiligung der Allianz sowie zuletzt die Übernahme der Nürnberger Versicherung durch die österreichische VIG. Für 2026 werden weitere Transaktionen erwartet, insbesondere mit Fokus auf Lebensversicherungsbestände.
Auch die Konsolidierungswelle im fragmentierten Maklermarkt wird sich im nächsten Jahr weiter fortsetzen: Es werden weiter Maklerbestände oder -unternehmen übernommen und Maklerpools ausgebaut werden. Die wesentlichen Treiber sind hierfür der demografische Wandel, die fortschreitende Digitalisierung sowie steigende regulatorische Anforderungen wie die Versicherungsvertriebsrichtlinie der EU (IDD) und DORA, die besonders kleinere, meist inhabergeführte Maklergesellschaften vor Herausforderungen stellen.
Ein zentrales Element bilden hier Private-Equity-Investitionen. Sie nutzen die attraktiven Marktcharakteristika – stabile Provisionseinnahmen, nachhaltige Kundenbeziehungen und große Cashflow-Sicherheit –, um durch Build-In-Strategien Skaleneffekte zu erzielen.
Entscheidend für den Erfolg und besonders spannend im nächsten Jahr wird sowohl bei Maklerhäusern als auch bei Versicherungsunternehmen die Post-Merger-Integration sein, da kulturelle Unterschiede, IT-Systeme sowie organisatorische und operative Prozesse im regulatorischen Rahmen harmonisiert werden müssen.
Regulatorischer Fokus auf nationaler und internationaler Ebene
Die digitale und strategische Transformation der Versicherungsbranche wird weiterhin von den Aufsichtsbehörden eng begleitet werden. Insgesamt wird die BaFin ein besonderes Augenmerk auf die Einhaltung und Etablierung eines starken Governance-Rahmens haben, insbesondere beim Einsatz von KI-Technologien.
Das Wohlverhalten gegenüber den Versicherungsnehmer:innen bleibt priorisiert. Nach der Analyse des Kundennutzens von Lebensversicherungsprodukten im Jahr 2025 wird die BaFin im kommenden Jahr Schaden-und Unfallbereich stärker unter die Lupe nehmen. Transparente und risikoadäquate Preisgestaltung sowie Beitragsanpassungen – etwa in der KfZ-Versicherung – müssen dabei gewährleistet sein.
Auf europäischer Ebene wurde Anfang 2025 im EU-Amtsblatt die Insurance Recovery and Resolution Directive (IRRD) veröffentlicht. Große Versicherungsunternehmen sind dadurch verpflichtet, ab dem 30. Januar 2027 ihre Sanierungs- und Abwicklungsfähigkeit zum Schutz der Versicherungsnehmer:innen sicherzustellen. Das kommende Jahr wird dafür die entscheidende Vorbereitungsphase sein. Sanierungs- und Abwicklungspläne für finanzielle Notlagen werden ausgearbeitet werden, allerdings auch unter dem Gesichtspunkt der Proportionalität.
Vertrauensvoller Partner in der Transformation
Technologische Umbrüche, wachsende Risiken und regulatorische Neuerungen prägen das Jahr 2026. Doch in dieser Komplexität liegt auch eine Chance: Mit innovativen Ideen und Risikoweitsicht können Versicherer Stabilität und Wachstum zugleich sichern. Diese und weitere spannende Perspektiven diskutieren wir beim 3. Pulse of Insurance am 12. Mai 2026 in Köln. Gemeinsam stellen wir die Weichen für eine resiliente und zukunftsorientierte Versicherungsbranche.
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