Keyfacts:
- Der digitale Euro tritt in seine entscheidende Phase ein: die technische und organisatorische Umsetzung.
- Auch wenn das Gesetzgebungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist: Es ist ein strategischer Wendepunkt – Banken sollten jetzt ihre digitale Zahlungsstrategie überprüfen und Entwicklungsschritte einleiten.
- Ob Retail oder Wholesale: Der digitale Euro ist auch die Chance für europäische Souveränität im Zahlungsverkehr.
Es geht voran beim digitalen Euro: Ende Oktober 2025 ist das Projekt in die nächste Phase eingetreten – die technische und organisatorische Umsetzung. Nun sollen bis Mitte 2027 alle wesentlichen Komponenten, Prozesse und Partnerstrukturen für die digitale Zentralbankwährung getestet werden und für ein Pilotprojekt betriebsbereit sein – als Grundlage für eine Einführung 2029.
Der Start in die nächste Phase war in diesem Herbst erwartet worden, kommt aber auch passend zur Zeit. Denn die geopolitische Unsicherheit rückt das Thema digitale Unabhängigkeit auch im Zahlungsverkehr in den Fokus der Europäischen Zentralbank (EZB) und der gesetzgebenden EU-Institutionen.
Gegenwind gibt es zwar weiterhin – Teile des EU-Parlaments plädieren für privatwirtschaftliche Alternativen. Und doch gibt es, trotz aller Herausforderungen für Banken, aus unserer Sicht wenig Zweifel an der Einführung des digitalen Euros und auch nicht am geltenden Zeitplan. Denn auch der gesetzgeberische Prozess schreitet auf EU-Ebene voran.
Der digitale Euro: technisch und regulatorisch in der entscheidenden Umsetzungsphase
So hat das EU-Parlament Anfang November 2025 in seiner ersten Lesung seine Position zum Verordnungsentwurf über den digitalen Euro kommentiert. Der Bericht betont insbesondere die Bedeutung von Datenschutz, Offline-Fähigkeit, technischer Offenheit und Wettbewerbsneutralität.
Der Text wurde anschließend an die Europäische Kommission und den Rat zur weiteren Beratung zurückgegeben und durchläuft jetzt das Trilog-Verfahren. Damit befindet sich der digitale Euro nun sowohl technisch als auch regulatorisch in der entscheidenden Umsetzungsphase.
Für Geschäftsbanken bedeutet das: Der digitale Euro ist kein Zukunftsthema mehr. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, die eigene digitale Zahlungsstrategie zu überprüfen, Verantwortlichkeiten festzulegen und die Vorbereitung eines Pilotprojekts zu starten.
Der digitale Euro im Retail-Bereich: Infrastruktur und Kundenerlebnis neu denken
Im Retail-Segment ist der digitale Euro als ergänzendes Zentralbankgeld konzipiert – eine digitale Alternative zu Bargeld, die kostenfrei, jederzeit und europaweit nutzbar sein soll. Sie soll Datenschutz, Sicherheit und Nutzerfreundlichkeit vereinen und damit Vertrauen in den europäischen Zahlungsverkehr stärken.
Für Geschäftsbanken eröffnet diese Phase Gestaltungsspielräume:
- Technologische Integration: Bestehende Zahlungssysteme, Apps und Online-Banking-Plattformen müssen künftig mit der Digitaler-Euro-Infrastruktur interoperabel sein. Daher gilt es, jetzt technische Roadmaps zu entwickeln, Schnittstellen/APIs zu prüfen und frühzeitig in Pilotprojekte einzusteigen.
- Neue Servicemodelle: Banken sollten die Gelegenheit nutzen, eigene Wallet-Lösungen und Mehrwertdienste zu entwickeln – etwa programmierbare Zahlungen oder Identitätsservices. Diese neuen Funktionen können die Position der Bank im Alltag der Kundinnen und Kunden stärken.
- Kundenzentrierte Differenzierung: Durch die Verbindung von Konto, Wallet und Identität in einer einheitlichen Anwendung entstehen neue Kundenerlebnisse. Wer jetzt Anwendungsfälle erprobt und das gewonnene Feedback integriert, kann sich als Innovationsführer positionieren.