Prüfung der Strategie: Auf Abweichungen reagieren und Risiken kennen
Ein Prüfschwerpunkt ist die Operationalisierung der Unternehmensstrategie. Dieser Vorgang umfasst die Definition von Leistungskennziffern (Key Performance Indicators, KPIs) für strategische Ziele, insbesondere für weiche Faktoren wie Kundenorientierung, und das konsequente Verfolgen der Geschäftsstrategie.
Es ist für Finanzinstitute von entscheidender Bedeutung, die Strategie sauber zu definieren und in messbare Ziele zu übersetzen. Dabei sollte zwingend darauf geachtet werden, dass der Prozess für Dritte nachvollziehbar dokumentiert ist.
Eine klar formulierte Strategie bietet nicht nur Orientierung, sondern ermöglicht es Banken auch, ihre operativen und finanziellen Ziele präzise zu verfolgen. Nach unserer Erfahrung legt die Aufsicht ein besonderes Augenmerk darauf, dass das Management der Bank rechtzeitig und konsequent auf Abweichungen reagiert.
Zu den festgestellten Defiziten gehörten nach unserer Beobachtung vor allem unzureichend informierte Gremien, fehlende Transparenz zu Herausforderungen von Strategievorschlägen und Abweichungen zwischen strategischen Zielen und Risikolimits. Wurde das Risk Appetite Statement gelockert anstelle einer Überarbeitung der Geschäftsstrategie, fiel das negativ auf, ebenso wie fehlende relevante Risikotreiber im Risk Appetite Framework.
Prüfung der Planung: Konsistenz und Flexibilität gefordert
Die Aufsicht legt in der Prüfung nach unserer Beobachtung großen Wert darauf, dass die Planung der Institute konsistent und flexibel ist. Denn nur so können sie den dynamischen Anforderungen des Marktes gerecht werden. Eine konsistente Planung bedeutet, dass sie den Risikoappetit der Bank klar widerspiegelt und mit den strategischen Zielen im Einklang steht.
Zudem wird erwartet, dass die Planung unterjährig angepasst wird, um auf unvorhergesehene Ereignisse und Marktveränderungen reagieren zu können. Die Fähigkeit, verschiedene Szenarien zu simulieren, ist entscheidend, um die Auswirkungen potenzieller Risiken zu bewerten und bei Bedarf passende Maßnahmen zu ergreifen.
Die Hinzunahme vergangener Planungen stellt sicher, dass Erfahrungen dazu genutzt werden, um die Planung kontinuierlich zu verbessern. Eine Diskussionskultur, die den offenen Austausch über wesentliche Planprämissen ermöglicht, wird erwartet.
Ein angemessener jährlicher Finanzplanungsprozess beinhaltet die Verbesserung der Finanzplanung durch regelmäßige Überwachung makroökonomischer Variablen, die Festlegung von Schwellenwerten für Abweichungen, das Durchführen von Sensitivitäts- sowie Szenarioanalysen und die Ausweitung des Prognosehorizonts.
Defizite im Planungsprozess: Erkenntnisse aus der Praxis
Zu den festgestellten Defiziten gehörten besonders die Angemessenheit der Sensitivitätsanalysen und eine mangelnde Flexibilität für neue Risiken. Hier fordert die Aufsicht, dass die Institute Sensitivitätsanalysen für die wichtigsten Einflussgrößen (zum Beispiel Zinsen oder Ausfallwahrscheinlichkeiten) bei den wichtigsten Finanzposten entwickeln und die Auswirkungen auf Kreditportfolios bewerten.
Weitere Defizite sind im Bereich des Backtesting der Finanzplanung und in der Risikovorsorge zu finden. Das umfasst das Entwickeln robuster Methoden für mehrjährige Finanzprognosen, konservative Schätzungen zu erwarteten Kreditausfällen (Expected Credit Loss, ECL) mit mehreren Szenarien, die Integration von ECL-Ergebnissen in Finanzprognosen und das Implementieren von Backtesting-Verfahren.
In unseren Projekten haben wir beobachtet, dass Vor-Ort-Prüfungen vor allem Defizite in folgenden Punkten sichtbar gemacht haben: Die wichtigsten Geschäfts- und Risikotreiber waren nicht ausreichend glaubwürdig oder unvollständig, die Umsetzung strategischer Initiativen wurde nicht ausreichend dokumentiert, wesentliche Annahmen zu Finanzprognosen waren intransparent oder es fehlten Sensitivitätsanalysen und Backtesting.
Prüfung der Profitabilität: Finanzielle Performance nicht klar genug
Ein robustes Profitabilitätsframework, das klar zwischen Point-in-time-Profitabilität (zum Beispiel zum Reporting-Stichtag) und sogenannter Through-the-cycle-Profitabilität (zum Beispiel kumuliert seit Kreditvergabe) differenzieren kann, ist meist nicht vollumfänglich implementiert. Das erfordert eine detaillierte Analyse aller Segmente und Produkte im Portfolio.
Der Maßstab der Aufsicht scheint dabei zu sein, dass ein solches Framework in der Lage ist, Aussagen über potenzielle und eingetretene Szenarien vorzusehen und dabei Einmaleffekte zu isolieren, um eine präzise Bewertung der risikoadjustierten Ergebnisbeiträge zu ermöglichen.
Die dafür benötigte Datengrundlage und IT-Architektur müssen so strukturiert sein, dass sie diese differenzierten Auswertungen auf granularer Ebene unterstützen. Dies ist entscheidend, um die Transparenz und Nachvollziehbarkeit der finanziellen Performance zu gewährleisten und die strategische Ausrichtung über die abgeleiteten Zielgrößen und der aufgestellten Planung sicherzustellen. Ein solches Framework sollte die Fähigkeit der Banken stärken, auf externe Herausforderungen flexibel zu reagieren und einen glasklaren Blick auf ihre Profitabilität zu sichern.
Erkenntnisse aus unseren Projekten zur Profitabilität in diesem Zusammenhang lauten: Als defizitär festgestellt wurden die Analyse der Rentabilität im Verlauf des Konjunkturzyklus – inklusive der Identifizierung von Rentabilitätsfaktoren wie Zinsen, Rückstellungen und sonstigen Erträgen – sowie eine differenzierte Analyse der Rentabilität über längere Zeitscheiben.
Außerdem wurden unzureichende KPIs, fehlende Auslöser für Eskalations- und Folgemaßnahmen, eine unzureichend integrierte Governance, nicht ausreichend granular analysierte Rentabilitätsfaktoren und Unzulänglichkeiten bei der Kostenzuweisung festgestellt.
Es wird zudem erwartet, dass eine angemessene risikoadjustierte Kapitalallokation die Zurechnung neuer Risiken auf granularer Ebene berücksichtigt und auch Kapitalrisikokosten bei der Kreditvergabe beachtet werden. Der dafür definierte Pricing-Rahmen für die Darlehensvergabe umfasst zudem das Backtesting von Darlehenspreiskomponenten mit Kostenfokus.
Defizite und Feststellungen: Was Banken tun sollten
Unsere Begleitung von Vor-Ort-Prüfungen zu Geschäftsmodellrisiken zeigt: Die Aufsichtsbehörden nehmen das aktuelle wirtschaftliche und politische Umfeld zum Anlass, sehr genau auf viele einzelne Aspekte der Steuerung in den Banken zu schauen.
Dabei rücken immer wieder Defizite in den Blick, und auch Feststellungen finden statt. Banken sind daher gut beraten, sich ausführlich mit den aufgeführten strategischen und planerischen Aspekten zu befassen, um für eine OSI gut vorbereitet zu sein.