ESG-Risikomodellierung und -Datenmanagement meistern

ESG-Risikomodellierung und -Datenmanagement meistern

Technologie hilft dabei, Klima- und Umweltrisiken besser zu berücksichtigen.

Keyfacts:

  • Die Integration von Klima- und Umweltrisiken in die Kreditrisikomodelle ist für Banken nach wie vor eine Herausforderung.
  • Auf der RiskMinds Konferenz 2024 hat KPMG die Ergebnisse einer neuen Studie zum Fortschritt der Integration vorgestellt.
  • Im gemeinsamen Interview mit dem Softwareanbieter SAS erläutert Dr. Arvind Sarin (KPMG), wie Technologie dabei hilft, Risiken besser einzuschätzen und Modelle zu optimieren.

    Bei der Integration von Klima- und Umweltaspekten in das Risikomanagement steht die Ampel bei vielen Banken immer noch auf Rot-Gelb statt auf Grün. Wie eine KPMG-Studie jüngst gezeigt hat, bleiben die Datenbeschaffung und das regulatorische Umfeld mit Blick auf ESG-Risiken weiter kritische Faktoren.  

    Eine neue, vertiefende Marktstudie von KPMG zum Thema Klima- und Umweltrisiken im Kreditrisiko hat jetzt zum Beispiel ergeben, dass nach wie vor die Mehrheit (62 Prozent) die benötigten Daten händisch erhebt – und sie verdeutlicht, dass die Fortschritte der Institute in diesem Bereich stark von der Größe der Banken und ihren Portfolios abhängen.  

    Auf der diesjährigen RiskMinds Conference in London – einer weltweiten Zusammenkunft von Risikomanagern aus der Finanzbranche – haben Dr. Arvind Sarin von KPMG und Miles Elliott (SAS) gemeinsam mit Dr. Clemens Wieck Ergebnisse der neuen Studie zu Kreditrisikomodellen vorgestellt.  

    Im Interview erläutern sie, wie Risikomanagement an der Schnittstelle von Beratung und technologischer Implementierung funktioniert und welchen Mehrwert das für den verantwortlichen Chief Risk Officer (CRO) in Banken stiftet. 

    Warum zeigen sich die Herausforderungen in Sachen Daten bei der Integration von Klima- und Umweltrisiken gerade jetzt? 

    Dr. Arvind Sarin: Dafür gibt es aus meiner Sicht mehrere Gründe. Erstens ist die Datenerfassung mühsam, weil standardisierte Berichtspflichten fehlen. Zweitens formuliert der Regulator in der Regel allgemeine Prinzipien – das führt im Markt zu ganz unterschiedlichen Ansätzen. Drittens sind die Auswirkungen von Klima- und Umweltrisiken teils komplex und langfristig – das macht die Modellierung sehr datenintensiv. 

    Miles Elliott: Das Wachstum der vergangenen Jahrzehnte hat viele Finanzinstitute dem Risiko ausgesetzt, dass Silos und – damit einhergehend – eine fragmentierte Datenverwaltung entstehen. Ebenso laufen diese Institute Gefahr, mit ihren Ansätzen zur Risikomodellierung unter den heutigen technologischen Möglichkeiten zu bleiben. 

    KPMG-Marktstudie zu Klima- und Umweltrisiken in Kreditrisikomodellen

    Unsere Studie zeigt den Status sowie aktuelle und geplante Ansätze zur Integration von Klima- und Umweltrisiken von Banken auf und leitet daraus konkrete Empfehlungen ab.

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    Wie gehen führende Institute mit diesen Herausforderungen um – welche Verfahren haben sich nach eurer Beobachtung im Markt bewährt? 

    Dr. Arvind Sarin: Gute Ergebnisse gelingen meist dort, wo Verantwortliche Daten ganz konkret und fortlaufend dazu nutzen, Verbesserungsmöglichkeiten zu erkennen und nachzusteuern. Ein Beispiel dafür ist eine transparente Berichterstattung zu Risiken im Portfolio, die mit klaren Metriken hinterlegt sind, sodass das Über- oder Unterschreiten von Schwellenwerten sofort Handlungsimpulse auslöst. 

    Darüber hinaus ist es notwendig, dass das Leitungsorgan die Richtung vorgibt, was die Verbesserung der Datenqualität und das Vorantreiben der IT-Integration betrifft. Zu guter Letzt ist eine starke Kommunikation zwischen erster und zweiter Verteidigungslinie – und der rechtzeitige Dialog mit der dritten Verteidigungslinie – sehr wichtig. 

    Miles Elliott: Etliche Firmen nutzen Technologie heute schon hervorragend dafür, ihre Daten, auch klimarisikobezogene Daten, zu managen. Mit Low-Code- oder No-Code-Anwendungen erzielen sie in der Modellentwicklung und -validierung zusätzlich eine größere Effizienz und eine verbesserte Wiederholbarkeit, Konsistenz, Transparenz und Prüfbarkeit ihrer Modelle. 

    Und die jüngsten Fortschritte in der generativen KI, zum Beispiel durch das Verwenden synthetischer Daten und indem man sie mit Techniken des maschinellen Lernens verbindet, führen zu messbar großen Verbesserungen.  

    Auf welche Erkenntnisse können die Institute auf dieser Reise zurückgreifen – was würdet ihr hervorheben? 

    Dr. Arvind Sarin: Da wäre erstens der Punkt Verfügbarkeit und Standardisierung von Daten – das wird sich durch CSRD-Berichte stark verbessern. Zweitens: Eine proaktive Diskussion mit Aufsichtsbehörden erhöht die Transparenz auf beiden Seiten und fördert marktweite Lernprozesse. Drittens, seit 2020 haben sich Marktmeinung und -standards stark weiterentwickelt, und können durch breite Beteiligung am Industriedialog oder an Marktstudien nutzbar gemacht werden. 

    Miles Elliott: Wir sehen zum Beispiel, dass Banken Berechnungen der finanzierten Emissionen in ihre RWA-Geschäftsprozesse einbeziehen. Andere nutzen fortschrittliche Szenario-Analysefunktionen, um ihren Dekarbonisierungspfad als Teil der Übergangsplanung herauszuarbeiten.  

    Und es gibt eine branchenweite Zusammenarbeit, zum Beispiel durch die Tätigkeit von Vereinigungen wie der United Nations Environment Programme Finance Initiative (UNEPFI), wo Firmen untersuchen, wie sie die neuesten Entwicklungen nutzen können, um physische Risiken in ihre Klimarisiko-Stresstests einzubeziehen. 

    Warum sollten Banken jetzt keine Zeit mehr verlieren bei der Integration von ESG in die Kreditrisikomodelle?  

    Dr. Arvind Sarin: Die proaktive Integration von Klima- und Umweltrisiken in die Modelllandschaft schafft eine solide Basis für die Steuerung des Portfolios, einschließlich der Netto-Null-Ziele. Zusätzlich zu regulatorischer Compliance können Banken Wertschöpfungspotenziale durch verbesserte Risikobewertung und Datenmanagementfähigkeiten realisieren. 

    Miles Elliott: Die letzte Finanzkrise hat uns gelehrt, dass das, was die Gewinner von den Verlierern unterscheidet, die Fähigkeit ist, das tatsächliche zugrunde liegende Risiko im Kundenportfolio schnell zu erkennen. Dafür sollten Banken Sorge tragen.  

    Doch das ist nicht alles: Die technologischen Fortschritte bieten den Unternehmen auch enorme Möglichkeiten dafür, ihre Prozesseffizienz um mehr als 50 Prozent zu steigern und die Gesamtbetriebskosten durch die Automatisierung überflüssiger manueller Tätigkeiten um mehr als ein Viertel zu senken. Die Vorteile der Datenanalyse lassen sich nahezu in Echtzeit nutzen – und so die Zeit in der Entscheidungsfindung um eine bedeutende Größenordnung verkürzen. 

    Miles Elliott steuert beim Softwareanbieter SAS die weltweiten Partneraktivitäten für die Themenbereiche Risikomanagement und Geldwäschebekämpfung (AML). Er hat den größten Teil seiner Karriere im Umfeld der Finanzindustrie verbracht und verfügt über viele Jahre Erfahrung in der ersten, zweiten und dritten Verteidigungslinie in Banken. 

    KPMG und SAS arbeiten weltweit im Rahmen einer Allianzpartnerschaft zusammen, um Kunden in der Finanzindustrie dabei zu unterstützten, Risiken zu beherrschen und Daten im Unternehmen wertschöpfend einzusetzen.