KPMG-Umfrage unter Banken zu Stresstest-Modellen für Kreditrisiken

KPMG-Umfrage unter Banken zu Stresstest-Modellen für Kreditrisiken

Ein Vergleich offenbart die unterschiedlichen Ansätze von EZB-beaufsichtigten Instituten.

Keyfacts:

  • Stresstests sind ein wichtiges Instrument für Banken, um ihre Widerstandsfähigkeit in simulierten Extremsituationen zu testen.
  • Im Vergleich sind die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Stresstestmodelle weniger spezifisch – daher verfolgen die Banken in Europa bei der Entwicklung ihrer makroökonomischen Stresstest-Modelle für Kreditrisiken unterschiedliche Ansätze.
  • Eine Umfrage von KMPG bei 15 von der EZB beaufsichtigten Großbanken und zwei Ratingagenturen aus zehn Ländern zeigt die wichtigsten Unterschiede und Gemeinsamkeiten auf.

Makroökonomische Stresstests zur Bewertung von Kreditrisiken sind heute ein fester Bestandteil des Risikomanagements von Banken. Mit ihrer Hilfe lassen sich mögliche Auswirkungen wirtschaftlicher Schocks auf Kreditrisiken analysieren und damit Erkenntnisse über die Ausfallwahrscheinlichkeit von Krediten und mögliche Verluste für das Unternehmen gewinnen.

Doch wie gehen Banken bei der Entwicklung ihrer Stresstest-Modelle für Kreditrisiken vor? Worauf legen sie Wert, und welche Anforderungen stellen sie an ihre Modelle? Wo bestehen ähnliche Ansätze und wo unterscheiden sie sich? Dazu gibt es nur sehr wenige belastbare Daten und Erkenntnisse.

Segmentierung, Datenbanken, Modellierungsansatz: Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede

KPMG hat in den letzten Monaten des Jahres 2024 im Auftrag eines Kunden Institute zu ihren makroökonomischen Stresstest-Modellen für Kreditrisiken befragt. Dabei handelte es sich um von der EZB beaufsichtigte Großbanken sowie um zwei Ratingagenturen aus zehn europäischen Ländern.

Die Institute wurden gebeten, rund 20 Fragen zu zehn Themenbereichen zu beantworten. Dazu zählten beispielsweise die vorgenommenen Segmentierungen und die herangezogenen Datenbanken, der allgemeine Modellierungsansatz, der Umgang mit Modellunsicherheiten und mit Backtesting-Methoden, die Modellierung von Parametern und vieles mehr.

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Die Ergebnisse der Umfrage zeigen: Viele Institute verfolgen sehr ähnliche Ansätze. Doch es lassen sich auch erhebliche Unterschiede feststellen:

  • Segmentierung: Die meisten Institute ziehen die internen Rating-System-Segmentierungen heran, um möglichst aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen. Segmentierungen nach Assetklassen, Sektoren oder Produkttypen sind insbesondere bei Retail-Banken zu beobachten. Stehen ausreichend Daten zur Verfügung, wird auch nach Ländern oder Regionen differenziert.
  • Datenbanken: Die berücksichtigten Datenreihen starten am häufigsten vor der Finanzkrise. Knapp ein Drittel der befragten Institute berücksichtigt auch Daten, die bis in die 1990er- und sogar 1980er-Jahre zurückreichen, wobei die früheren Zeiträume entweder aus Daten von externen Anbietern wie Ratingagenturen stammen oder aus intern entwickelten Extrapolationsmethoden abgeleitet werden.
  • Modellierungsansatz: Die Modellierung auf aggregierter Portfolio-/Segmentebene sowohl für Ausfallwahrscheinlichkeiten (Probability of Default, PD) als auch für Verlustquoten (Loss Given Default, LGD) ist bei den befragten Instituten am weitesten verbreitet. Eigenständige makroökonomische Stresstestmodelle stellen die häufigste Marktpraxis für PDs dar. Zwei der Institute gaben an, dass sie für ihre Unternehmensportfolios auch über Möglichkeiten verfügen, in einem ersten Schritt die Finanzdaten der Unternehmen dem Stresstest-Szenario zu unterziehen und darauf ihre PD abzuleiten.

Etwa die Hälfte der Institute verwendet in ihrem Stresstest-Rahmen Rating-Migrationsmatrizen. Die Ansätze zur makroökonomischen Modellierung der Migrationsmatrizen reichen von einfacheren Ansätzen, die sich nur auf die Ausfallspalte konzentrieren, bis hin zu komplexeren Ansätzen, bei denen die Ratingverteilung zusätzlich im Rahmen des Testszenarios angepasst wird.

  • Modellunsicherheiten: Die Mehrheit der befragten Institute ergreift keine expliziten Maßnahmen, um Modellunsicherheiten zu berücksichtigen. Vier Institute gaben jedoch an, Model Averaging zu betreiben, also die Ergebnisse mehrerer unterschiedlicher Modelle zu kombinieren und Mittelwerte zu bilden. Konservative Puffer kommen bei zwei Instituten zur Anwendung.
  • Overrides: Ergebnisüberschreibungen bei Stresstests sind bei den meisten Instituten nur in Ausnahmefälle vorgesehen. Fünf Institute gaben jedoch an, die Ergebnisse des statistischen Stresstestmodells nicht 1:1 zu übernehmen, sondern durchaus häufiger anzupassen, also zu überschreiben (daher der Begriff Overrides). Von diesen definieren und genehmigen einige die Ergebnisse ausschließlich innerhalb der Risikokontroll- und Risikomanagementfunktion. Andere beteiligen dabei die Geschäftsbereiche und die zweite Verteidigungslinie.
  • Backtesting: Für das Backtesting – also den Prozess, das Stresstest-Modell zu evaluieren, indem das Modell auf historische Daten angewendet wird – werden am häufigsten standardmäßige Anpassungsgüteanalysen verwendet. Diese Analysen werden manchmal durch Sensitivitäts- oder Szenarioanalysen und in zunehmendem Maße auch durch Experteneinschätzungen, insbesondere bei neu auftretenden Risiken, ergänzt.
  • Modellierung der PIT- und REG-Parameter: Die meisten Institute konzentrieren sich auf die makroökonomische Modellierung der Ausfallraten (die sogenannten Point-in-Time-Kreditrisiko-Parameter oder PIT), da diese stärker auf den Wirtschaftszyklus reagieren als die Bonitätsratings aus den internen Ratingmodellen der Bank (auch bezeichnet als regulatorische Kreditrisiko-Parameter oder REG).

Die REG-Parameter werden dann in der Regel als Ableitung der Prognose für die PIT-Parameter vorhergesagt Zwei Institute gaben an, dass sie zwei getrennte Modelle für die PIT- und die REG-Parameter verwenden. Drei Institute haben geantwortet, dass sie die REG-Parameter im Szenario nicht ändern und für die RWA-Berechnung nur die für das Stressszenario prognostizierten Ausfallströme berechnen.

Transparenz und Dialog wünschenswert

Die Ergebnisse der Umfrage machen deutlich: Die in europäischen Banken vorherrschenden makroökonomischen Stresstest-Modelle für Kreditrisiken weisen trotz vieler Ähnlichkeiten zahlreiche Unterschiede in den Daten, Methoden und im Umgang mit Spezialfällen auf.

Eine größere Transparenz über die verschiedenen auf dem Markt verwendeten Ansätze wäre zweifellos wünschenswert. Denn auf diese Weise könnten die Banken ihre Ansätze mit anderen vergleichen und praxisorientierte Grundlagen für mögliche Weiterentwicklungen sammeln, um die Validität der Modelle zu erhöhen.