Management des Kreditrisikos: Omnibus-Paket schürt Unsicherheit

Management des Kreditrisikos: Omnibus-Paket schürt Unsicherheit

Banken sollten ESG-Aspekte weiter zügig in das Kreditrisikomanagement integrieren.

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung in der Europäischen Union soll für Transparenz sorgen und ein einheitliches nichtfinanzielles Reporting gewährleisten. Immer wieder wurden die dadurch entstehenden Aufwände kritisiert – Omnibus soll die Berichtspflichten für Unternehmen einfacher gestalten und sie entlasten (lesen Sie hier, welche Auswirkungen die aktuellen Omnibus-Vorschläge für Finanzunternehmen haben).

Konkret soll das Omnibus-Paket die Pflichten der CSRD, der Lieferkettenrichtlinie (CSDDD), der Taxonomie-Verordnung und auch der Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation, SFDR) bündeln und die Komplexität der EU-Anforderungen für Unternehmen, insbesondere für kleinere, verringern.

Doch die jüngst veröffentlichten Omnibus-Vorschläge sorgen für Verunsicherung im Markt, denn sie werfen auch Fragen zu anderen, nicht direkt von Omnibus betroffenen EU-Regularien auf: zum Beispiel die zur Rolle der Nachhaltigkeit im Risikomanagement von Banken.

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ESG-Integration in das Risikomanagement: Regulatorische Agenda von Omnibus unberührt

Warum sprechen wir von Verunsicherung im Markt? Weil die von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) nur kurz zuvor – im Januar 2025 – veröffentlichten Leitlinien zum ESG-Risikomanagement und zur ESG-Szenarioanalyse im Gegensatz zu den Omnibus-Vorschlägen stehen.

Der Grund: Die beiden Papiere legen regulatorische Anforderungen für Banken in Bezug auf Wesentlichkeitsbewertung, Identifizierung und Messung von ESG-Risiken und Grundsätze des ESG-Risikomanagements fest – von einer Erleichterung oder Vereinfachung im Vergleich zu bestehenden Vorschriften für das Risikomanagement von Banken ist dabei nicht die Rede.

Eher im Gegenteil: Die beiden Papiere konkretisieren die bereits geltenden Anforderungen weiter und verschärfen sie an vielen Stellen sogar. Aus ihnen geht hervor, dass die Vorgaben bis zum 11. Januar 2026 – und damit schon sehr bald – durch die Großbanken umzusetzen sind. Das unterstreicht den klaren Standpunkt der EU mit Blick auf die Rolle der Nachhaltigkeit im Risikomanagement von Banken.

Fokus auf Nachhaltigkeit bleibt im Risikomanagement unabdingbar

Denn an dem im Klimagesetz formulierten Ziel der Klimaneutralität bis 2050 und den entsprechenden Vorgaben für die Berichterstattung rüttelt die Omnibus-Initiative nicht. Die mit dem Ziel verknüpften Übergangsrisiken und physischen Risiken sind ein integraler Bestandteil des Geschäftsumfelds der Banken.

Vor allem die Folgen für das Kreditrisiko sind greifbarer denn je: Viele von den EBA-Anforderungen aus den oben genannten Papieren zielen auf das Kreditrisiko von Banken ab – kein Zufall. Denn Risikotreiber wie steigende Energiepreise, der Druck, Emissionen zu reduzieren – zum Beispiel in der Autoindustrie – oder die zuletzt häufig auftretenden massiven Überschwemmungen erhöhen die Kreditrisiken vielfach.

Ein stringentes Risikomanagement unter Einbeziehung aller Nachhaltigkeitsaspekte ist daher von zentraler Bedeutung, um die Widerstandsfähigkeit der Bank gegenüber Naturgefahren und diversen unsicheren Rahmenbedingungen zu stärken.

Rückschritt: Die Datenverfügbarkeit für Banken könnte sich wieder verschlechtern

Seit die Banken im Jahr 2020 aktiv mit der Integration von Nachhaltigkeit in ihr Risikomanagement begonnen haben, war die Datenverfügbarkeit eine der größten Herausforderungen bei der Entwicklung und Umsetzung von Risikomessverfahren.

Die CSRD versprach eine Wende – hin zur Verfügbarkeit von Daten für das Risikomanagement. Die CSRD-Berichte der ersten, zweiten und dritten Welle, die 2025, 2026 und 2027 veröffentlicht werden sollen, werden von den Banken mit Spannung erwartet. Sie hoffen, dass bessere Daten ihnen auch die Möglichkeit eröffnen, die Datenabfrage stärker automatisieren zu können, was Zeit und Aufwände sparen würde.

Mit Omnibus könnte sich diese Hoffnung nun wieder zerschlagen. Denn während die CSRD die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen deutlich erhöhte – von etwa 11.600 nach der bis 2024 geltenden Non-Financial Reporting Directive (NFRD) auf etwa 50.000 Unternehmen – soll die Zahl gemäß des Omnibus-Pakets auf etwa 10.000 sinken. Die Zahl wird also noch niedriger sein als im Rahmen der Meldepflicht nach der NFRD. Für Banken bedeutet das einen herben Rückschritt bei der Verfügbarkeit von Daten.

Darüber hinaus kündigt sich in den Omnibus-Vorschlägen eine Überarbeitung des European Sustainability Reporting Standard (ESRS) an. Dem aktuellen Paket zufolge sollen die Unternehmen weniger Datenpunkte melden, sich auf quantitative Daten konzentrieren und die Datenpunkte freiwillig erheben.

Die genauen Planungen wurden jedoch noch nicht bekannt gegeben, was zu zusätzlicher Unsicherheit führt. Ferner wird vorgeschlagen, die Berichtspflichten für Unternehmen, die derzeit in den Anwendungsbereich der Welle zwei und drei der CSRD fallen, auf 2028 zu verschieben.

Was Banken jetzt tun sollten

Das Omnibus-Paket ist zunächst nur ein Vorschlag. Das Europäische Parlament und der Europäische Rat werden den Verordnungsvorschlag diskutieren – Änderungen sind wahrscheinlich. Die Dauer der Verhandlungen ist noch nicht absehbar.

Damit bleiben Unsicherheiten, und deshalb planen viele Unternehmen aktuell vorerst keine bedeutenden Änderungen in ihren Umsetzungsprogrammen zur CSRD.

Andererseits ist die Eigenmotivation von Unternehmen, die Transparenz zu erhöhen, weiter hoch – sei es, um interne strategische Prioritäten zu steuern und ein solides Risikomanagement zu gewährleisten oder sei es, um die Erwartungen von Investoren zu erfüllen und wettbewerbsfähig zu bleiben.

Banken sollten weiter an der Integration von ESG-Risiken im Kreditrisikomanagement arbeiten. Insbesondere die – trotz Omnibus – weiter verfügbaren Informationen und Datenpunkte sind über geeignete Datenstrecken sowohl in der Kreditvergabe als auch in der Risikofrüherkennung zu nutzen. Die Identifikation von ESG-Risiken bleibt somit weiter einer der wesentlichen Bausteine für ein vorausschauendes Kreditrisikomanagement.

Die ESG-Datenlage wird besser – Risikobewältigung sollte weiter hohe Priorität haben

Die gute Nachricht für Banken lautet: Bei der derzeitigen Marktstimmung wird die Verfügbarkeit von Nachhaltigkeitsdaten trotz der Omnibus-Vorschläge voraussichtlich besser. Die ersten Unternehmen haben CSRD-Berichte veröffentlicht und stehen Banken für Analysen zur Verfügung.

Der jüngste EBA-Leitfaden macht auch deutlich, wie wichtig es für Banken ist, die übergeordneten Übertragungskanäle, über die Nachhaltigkeitsrisiken finanzielle Risiken verursachen können, in ihrer ganzen Komplexität und Verflechtung zu analysieren und zu verstehen. Die Entwicklung eines passenden Analyserahmens und eines Verständnisses des Geschäftsumfelds geht weit über die Analyse einzelner Unternehmensdaten hinaus.

Doch ob die vorgeschlagenen Änderungen kommen oder nicht: Die Risiken, die sich aus dem Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft ergeben, bestehen weiter. Es sollte daher weiter höchste Priorität im Risikomanagement von Banken haben, sie zu bewältigen.