Top-3-Trends der Digitalisierung des Kapitalmarkts in 2019

Digitalisierungstrends am Kapitalmarkt

Trends, die das Potenzial haben die Formen der Kapitalakquise zu verändern

Der Kapitalmarkt ist Teil eines sich stetig entwickelnden Ökosystems, das seit Jahren mit dem Thema Digitalisierung beschäftigt ist. Dabei gibt es immer Auslöser, Treiber und Trends bei dieser Entwicklung – nicht immer ist gesagt, dass sich diese Trends am Ende des Tages dauerhaft durchsetzen. Dennoch erfüllen sie eine wichtige Funktion, gerade weil sie andere Veränderungs- und Anpassungsprozesse anstoßen. Das lässt sich an den FinTechs veranschaulichen, die noch vor wenigen Jahren als bedrohliche Konkurrenten der Banken galten. Heute gehen die erfolgreichsten FinTechs Kooperationen mit Banken ein, wovon beide Seiten enorm profitieren.

Um diese Trends richtig einschätzen zu können, ist auch der Blick jenseits der Trends hilfreich: Während die Trends an vorderster Front die Entwicklung vorantreiben, geht es bei zahlreichen Marktteilnehmern immer auch noch um Grundlagenarbeit. Es gibt zahlreiche Prozesse, die noch digitalisiert und standardisiert werden müssen.

“Nicht jeder Trend bleibt am Ende in seiner ursprünglichen Form bestehen. Aber Trends stoßen nachhaltige Veränderungen an. #KapitalmarktTrends2019“
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Für das Jahr 2019 zeichnen sich derzeit drei für den Kapitalmarkt zentrale Trends ab, die das Potenzial haben, auch langfristig die Formen der Kapitalakquise zu verändern. Sie setzen an drei Stellen an:

  • den Intermediären bzw. Institutionen Banken und Börsen
  • der Infrastruktur durch die Etablierung von Plattformen für den Handel mit digitalen Schuldscheinen
  • den Instrumenten in Form von Security Token Offerings

Digitale Transformation von Banken und Börsen

Die Digitalisierung ist ein Phänomen, das sehr unterschiedliche Ausprägungen annehmen kann. Die eingangs erwähnten FinTechs sind nur eine Erscheinung unter vielen, die im Bereich der Banken und Börsen Veränderungsprozesse auslösen. Ein wichtiger Treiber dabei sind Technologien wie Microservices und offene APIs, die dazu führen, dass Transaktionskosten gesenkt werden, die Effizienz gesteigert und die Agilität im Banken- und Börsengeschehen erhöht wird. Die verbesserte Allokation von Ressourcen, das Auslagern einzelner Funktionen und insgesamt schlankere Prozesse tragen maßgeblich dazu bei, dass Banken sich verstärkt auf ihre Kernkompetenzen fokussieren können.

Die Geschwindigkeit der Veränderungen, ist so rasant wie nie zuvor. Algorithmen-basierter Hochfrequenzhandel („Algo-Trader“, „Robo-Trader“), High-Frequency Trading und das Entstehen von neuen Handelsplätzen wie Dark Pools und Multilateral Trading Facilities treiben diese Entwicklung. Es geht hier aber nicht nur um quantitative Veränderungen im Sinne einer Dynamisierung – es entsteht auch sehr viel mehr Spielraum bei der passgenauen Gestaltung von Finanztransaktionen beispielsweise in Form von Kapitalmarktemissionen. Ein Börsengang (IPO), die Königsdisziplin des Investment Banking ist noch nahezu ein reines People’s Business und schien lange Zeit nicht in der Reichweite der Automatisierung zu liegen. Inzwischen übernimmt bei einigen Großbanken der Computer diverse repetitive Aufgaben rund um eine solche Transaktion.

Digitale Plattformen treten neben die traditionellen Marktplätze

Neben der Digitalisierung der Institutionen wie Banken und Börsen, betrifft die Digitalisierung auch die Infrastruktur. Das bedeutet in anderen Worten, dass digitale Plattformen vermehrt an die Stelle der Intermediäre treten. Das Ziel der Plattformen dabei ist, eine direkte Kapitalakquise zwischen Investor und Emittent zu ermöglichen. Dafür bieten sie Online-Zeichnungsfunktionalitäten an sowie Ausführungsbestätigung in Echtzeit. Vergleichbare Emissionsplattformen wurden in der Vergangenheit bereits erfolgreich erprobt. Der aktuelle Trend besteht darin, dass Banken und Börsen selbst federführend solche Plattformen auflegen – darunter die LBBW, HSBC, NordLB, Erste Group und die Börse Stuttgart. Auch das FinTech „VC Trade“ konnte bereits sieben Banken für seinen digitalen Marktplatz gewinnen.

Im Zentrum dieser Emissionsplattformen stehen digitale Schuldscheine, die von den Unternehmen über die Plattformen selbst vermarktet werden können. Die digitale Kapitalmarktfinanzierung wird von Unternehmen gerade aufgrund ihrer Effizienz genutzt. Im Moment stehen diese Plattformen allerdings in der Regel nur solchen Unternehmen zur Verfügung, die eine entsprechende Bonität aufweisen. Auch müssen sich Handelsvolumina aus Kostengründen in einer bestimmten Höhe bewegen. Sollten sich die digitalen Marktplätze dauerhaft etablieren, könnten sie maßgeblich zum Erfolg von Unternehmen beitragen, da sie besonders für kleinere Betriebe und den Mittelstand attraktiv erscheinen.

STOs – die neuen digitalen Assets und Finanzierungsinstrumente

Der Hype um ICOs (Initial Coin Offerings) ist vorbei und stellt unter Beweis, was ich hier eingangs beschrieben habe: Trends stoßen Entwicklungen an, die nicht unbedingt bleiben, aber dennoch zu etwas Neuem führen. In diesem Fall führten die ICOs mehr oder weniger direkt zu einem neuen, sicheren, wertpapierähnlichen Instrument: den Security Tokens bzw. STOs (Security Token Offerings). Security Token sind rechtlich anerkannte Kapitalmarkt-Konstrukte. Sie können reale Vermögenstitel digital abbilden und durch die Emission zu handelbaren Finanzierungsinstrumenten werden. Dabei werden Zahlungen wie beispielsweise Dividenden auf der Blockchain gespeichert.

Im Vergleich zu traditionellen Aktienemissionen verursachen STOs sehr viel geringere Kosten – auch wenn der regulatorische Aufwand im Moment hier noch eingepreist werden muss. Dennoch richtet sich dieses Finanzierungsinstrument insbesondere an den Mittelstand, für den es damit einfacher wird, internationale Investoren anzusprechen. Auch für die Finanzierung von neuen Geschäftsmodellen bieten sich STOs besonders an. Ebenso sind Security Token aus Investorensicht reizvoll, weil Transparenz, Sicherheit und Governance einen hohen Stellenwert haben.

Schon aus heutiger Sicht zeichnet sich ab, dass STOs ein neues, digitales Instrument zur Unternehmensfinanzierung werden, auch wenn es aktuell noch eine Nischenerscheinung ist. Die Voraussetzung für den zukünftigen Erfolg von STOs sind die weitere Standardisierung und Anpassungen von Seiten der Regulatoren hinsichtlich

  • des Datenschutzes
  • der Einordnung von zentralen (privaten) und dezentralen (öffentlichen) Blockchains
  • der einheitlichen Qualifizierung aller Security Token als Wertpapier.

Die Digitalisierung des Kapitalmarkts

Die hier aufgezeigten Trends stellen wesentliche Entwicklungen des Kapitalmarktes dar. Sie schließen oft direkt an vorausgegangene Phänomene an und stellen evolutionäre Verbesserungen dar. Sie verweisen damit auf die Natur von Trends, Anzeichen oder Vorzeichen für eine größere Entwicklung zu sein, die sich derzeit vollzieht. Prozentual betrachtet mögen Finanzmarktinstrumente wie STOs oder Emissionsplattformen noch eine untergeordnete Rolle spielen. Im Großen und Ganzen zeigen sie aber eine Richtung auf, in die sich der Kapitalmarkt in den nächsten Jahren entwickeln wird. Bedenkt man wie rasant sich dabei einzelne Entwicklungsschritte vollziehen, ist die digitale Zukunft des Kapitalmarkts bereits zum Greifen nah.