Gute Vorbereitung ist alles
Gute Vorbereitung ist alles
Was es beim Gang an die Börse zu berücksichtigen gilt
Welche Anforderungen beim Gang auf das Börsenparkett auf Unternehmen und insbesondere Startups zukommen und wie sie sich darauf vorbereiten können, erklärt KPMG-Kapitalmarktexperte Ralf Pfennig.
Was sind mögliche Anlässe für Unternehmen über einen Börsengang nachzudenken?
Für Unternehmen ist der Börsengang eine wesentliche Finanzierungs- bzw. Exitvariante. Für Startups wird es ab einer gewissen Anzahl an vorbörslichen Finanzierungsrunden bzw. einem bestimmten Reifegrad zunehmend schwieriger weiteres Venture Capital aufzunehmen. Insbesondere wenn der oder die Gründer auch nach dem IPO weiterhin beteiligt sein wollen, kann der Börsengang zur alternativen Finanzierungsform werden.
Ganz im Gegensatz zum Verkauf des Unternehmens, ist deshalb ein klassischer IPO nicht zwangsläufig mit einem vollständigen Exit verbunden. Ein interessantes Emissionsvolumen kann regelmäßig durch eine gute Mischung von alten Aktien (secondaries) und neuen Aktien (primaries ) für alle Beteiligte generiert werden. Die Unternehmensbewertung und somit der Preis pro Aktie ist hier ausschlaggebend. Dabei ist die Bewertung oftmals schwierig: Die Investition in ein Startup kommt einer Wette auf die Zukunft gleich, aufgrund des häufig schnellen Wachstums des Startups bzw. der Tatsache, dass ein Großteil der Gewinne erst in der Zukunft anfallen. Aktuell sind aus diesem wichtigen Grund insbesondere Technologie-IPOs gefragt.
Welche wesentlichen Vor- und Nachteile hat ein Börsengang?
Der Vorteil ist eindeutig: durch Aktien oder Anleiheemissionen entsteht ein besserer Zugang zu Eigen- und Fremdkapital. Auch für die Gesellschafter ist ein IPO lohnenswert, da sie mit Blick auf Verkauf und Kauf weiterer Aktien dank der laufenden Notierung mehr Flexibilität erhalten. Die bisherigen Gesellschafter können nach Ablauf von „Lock-up“-Perioden frei über die noch bestehenden Anteile direkt am Kapitalmarkt verfügen. Zusätzlich liegt mit den handelbaren Aktien eine neue Akquisitionswährung vor, die für mögliche M&A-Transaktionen genutzt werden kann. Die große öffentliche und mediale Aufmerksamkeit im Zusammenhang mit einem Börsengang ist ein weiteres Plus. Dadurch wachsen Reputation, Markenimage und die Attraktivität als Arbeitergeber.
Eine gründliche Vorbereitung empfiehlt sich, um auf dem Börsenparkett mitzumischen. Die einmaligen Kosten, die im Rahmen der Vorbereitung des IPOs anfallen, sind nicht zu unterschätzen. Auch die Kosten des Lebens eines börsennotierten Unternehmens wachsen. Neue Anforderungen entstehen durch die dauerhafte Börsenpräsenz: nur einige Punkte sind die Einhaltung von Complianceregeln, Berichtswesen, Publikationspflichten, bei denen Börsenanfänger kundig sein müssen.
Weshalb ist die gründliche Vorbereitung auf einen Börsengang so wichtig?
Da der der Kapitalmarkt in sogenannten Kapitalmarktfenstern funktioniert, ist das richtige Timing entscheidend. Folgende Zeitfenster sind für den Zugang sehr geeignet:
Zeitfenster 1:
Anfang März bis Anfang Mai (Auf der Grundlage des Abschlusses des letzten Geschäftsjahres)
Zeitfenster 2:
Ende Mai bis Mitte Juli (Auf der Grundlage des aktuellen Geschäftsjahres, Q1 als letzter Abschluss.)
Zeitfenster 3:
Mitte September bis Anfang November (Auf der Grundlage des aktuellen Geschäftsjahres, Q2 als letzter Abschluss.)
Zeitfenster 4:
Anfang November bis Mitte Dezember (Auf der Grundlage des aktuellen Geschäftsjahres, Q3 als letzter Abschluss.)
Ein Zeitfenster sollte gezielt anvisiert werden, dafür ist eine gewissenhafte Vorbereitung wichtig. Nur dann hat man die volle Flexibilität, je nach Kapitalmarktumfeld und wirtschaftlichen wie volkswirtschaftlichen Entwicklungen das Fenster zu wechseln.
Was beinhaltet eine gründliche Vorbereitung ganz genau?
Optimal wäre, wenn ein IPO Readiness Check am Anfang steht, der die Anforderungen des Kapitalmarkts mit dem aktuellen Status quo im Unternehmen vergleicht. Der Check sollte bestenfalls, abhängig von der Unternehmenssituation, wenigstens 12 Monate vor dem geplanten Börsengang starten. Das Ergebnis sollte ein detaillierter Maßnahmenplan sein, der die Grundlage für ein effizientes Projektmanagement bildet und die IPO-Vorbereitung strukturiert.
Wie lange dauert die Vorbereitung auf einen Börsengang?
Das variiert von Fall zu Fall und ist abhängig vom Umfang notwendiger vorbereitender Maßnahmen und der Unternehmenssituation. Man spricht von 3 bis 6 Monaten, in denen die eigentliche „IPO Execution Phase“ – beginnend mit Kick-off Meeting der beteiligten Banken und Anwälte, bis hin zum Listing der Aktien – stattfindet. In dieser Phase nehmen das Marketing (Roadshows etc.) und das Börsenprospekt den meisten Raum ein. In der Regel müssen weitere, je nach Unternehmenssituation unterschiedlich umfangreiche Vorkehrungen im Vorfeld der „IPO Execution Phase“ getroffen werden. Dabei sind die Equity Story, sämtliche Finanz- und Corporate Governance-Themen, sowie steuerliche und rechtliche Aspekte die Schwerpunkte.
Wie aussichtsreich ist ein Börsengang in Deutschland, besonders für Technologieunternehmen?
Der Zugang zu internationalen Investoren ist auch bei einem Börsengang in Deutschland – insbesondere bei einem IPO im Prime Standard – möglich. Ein Ausweichen auf einen ausländischen Börsenplatz ist nicht zwingend notwendig, wenn man gerne internationale Investoren gewinnen möchte. Bei ausländischen Börsenplätzen sollte man darauf achten, dass dort stets ein gewisser „Footprint“ für das Land des Börsenplatzes vorliegt. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn wichtige Kunden oder Produktionsanlagen im Land des Börsenplatzes liegen oder wenn das Land und seine Investoren aus anderen Gründen besonders relevant für den Börsengang des Unternehmens sind.
Unternehmen sollten darauf schauen, wo die wesentlichen und bedeutsamen Peer-Unternehmen gelistet sind. Ein wesentlicher Grund für ein Listing im Ausland kann die Existenz der Peers an einer ausländischen Börse sein. Die Auswahl der Börsenplätze ist in bestimmten Branchen stark fokussiert. Einerseits ist das Analystenumfeld in Deutschland nicht so ausgeprägt und andererseits sind in den USA dem risikobehafteten Geschäftsmodell der Biotech-Unternehmen offener gegenüberstehende Investoren zu finden. Deshalb finden momentan fast alle IPOs im Bereich Biotechnologie ausschließlich in den USA statt. Diese Umstände haben zur Folge, dass solche Startups dort vergleichsweise höher bewertet werden als in Deutschland bzw. Europa.