Der Kern: vier Knotenpunkte
Der ESG-Liniennetzplan sollte die wichtigsten Regularien und Themenblöcke im Asset Management abbilden. Sie sind in ihrer Bedeutung für jeden Asset Manager individuell zu bewerten und gegebenenfalls auch zu ergänzen. Der Plan bietet aber eine gute Blaupause zum Aufbau einer organisationsspezifischen Agenda und zur Strukturierung so unterschiedlicher Themen wie Taxonomie, Reputationsmanagement oder Vertrieb.
Im Mittelpunkt stehen dabei vier Knotenpunkte, die den Kern aller Aktivitäten darstellen:
- Risiko,
- Strategie,
- Kompetenz und
- Daten.
Denn zuerst muss definiert werden, welche ESG-Risiken aus der Geschäftstätigkeit des Asset Managers resultieren und mit welchem Ambitionsniveau ESG-Anforderungen umgesetzt werden sollen. Ziel ist dabei die Festlegung von „roten Linien“, die die zukünftigen Grenzen der Geschäftsaktivitäten definieren. In unmittelbaren Zusammenhang steht dabei der Kompetenzaufbau: Alle Mitarbeitenden müssen verstehen, was Nachhaltigkeit ist und wie die ESG-Anforderungen in den von ihnen verantworteten Bereichen umzusetzen sind. Und von zentraler Bedeutung sind letztlich Daten. Denn ohne hochqualitative Daten sind ESG-Anforderungen – beispielsweise mit Blick auf das Portfolio, auf das Reporting und die Aufsicht – nicht zu erfüllen.
Diese vier Punkte sind mit besonderer Sorgfalt zu planen und zu definieren. Denn sie entscheiden letztlich darüber, wie erfolgreich die Umsetzung der ESG-Agenda sein kann. Sie sind nicht nur die zentralen Eckpunkte des ESG-Engagements, sondern bilden gleichzeitig auch die Basis für den Erfolg jedes einzelnen ESG-Projekts. Und unsere Erfahrungen zeigen: Von ihnen hängt es wesentlich ab, wie auch zukünftig auf veränderte Regularien reagiert werden kann. Je sorgfältiger und umfassender diese Knotenpunkte bearbeitet werden, desto leichter lassen sich auch die anderen Linien und Stationen aufbauen und miteinander verbinden.
Baustellen, Staus und Umleitungen
Genau wie beim Aufbau eines ÖPNV-Streckennetzes wird es auf dem Weg zur „ESG-Readiness“ Ereignisse geben, die den Ausbau behindern oder versperren. Zu denken ist dabei beispielsweise an die Herausforderung, geeignete KPIs zu definieren und zu messen, oder Unsicherheiten darüber, die richtigen Reportinginhalte zu definieren. Diese Baustellen führen gelegentlich auch zu Staus, und vorhergesehene Ereignisse lassen Umleitungen notwendig werden. Auch ein temporärer Schienenersatzverkehr ist einzuplanen. Von zentraler Bedeutung auf dem Weg zur Endstation sind daher ein kompetentes ESG-Projektmanagement und agile Projektstrukturen. Dies gilt insbesondere mit Blick auf zukünftige Regularien, die möglicherweise weitere Linien und Stationen im Streckennetz erforderlich machen.
Umso wichtiger ist daher eine Übersicht, die die wichtigsten Themenblöcke und ihre Interdependenzen visualisiert, die Verknüpfungen und Wegmarken aufzeigt und die Knotenpunkte heraushebt. Und die auch deutlich macht, dass auf bestimmten Wegstrecken Menschen und ihr spezifisches Know-how zusteigen bzw. sie mitgenommen werden müssen.
Endstation „ESG-Readiness“
Ein bloßes Abarbeiten und Umsetzen von ESG-Regularien wird nicht zum gewünschten Erfolg führen. Denn ein derartiger Ansatz vernachlässigt die Notwendigkeit, ESG auch im Bewusstsein aller in der Organisation tätigen Menschen zu verankern. Daher sollte der Liniennetzplan auch Themenblöcke wie „Engagement“, „Tone at the top“ oder „Harmonisierung“ beinhalten; Themen also, die sich mit Verhaltensprinzipien beschäftigen und klare Erwartungen an die Handelnden formulieren. Erst wenn ESG nicht nur in den Strukturen und Prozessen des Asset Managements, sondern auch im Mindset und den Überzeugungen aller Mitarbeitenden des Unternehmens zum Ausdruck kommt, wird das Unternehmen auf kommende Anforderungen gut vorbereitet sein.
Das Ziel erreicht man nicht von heute auf morgen. Realistisch ist eher ein Zeithorizont von fünf und mehr Jahren. Je besser die einzelnen Linien und Stationen im Fahrplan beschrieben und durchdacht werden, desto leichter lassen sich daraus die detaillierten Projektpläne ableiten und die notwendigen Entscheidungen treffen – und umso schneller gelangen alle an der ESG-Transformation Beteiligten ans Ziel.