Initial-Margin-Modelle effektiv validieren
Initial-Margin-Modelle
So erhöhen Finanzinstitute ihre Modellgüte und die regulatorische Compliance
Keyfacts:
- Im aktuellen Marktumfeld sind effektive Initial-Margin-Modelle für Finanzinstitute wichtiger denn je, um Risiken zu minimieren.
- Die EBA hat neue Anforderungen zur Validierung und Genehmigung von internen Initial-Margin-Modellen (inklusive ISDA SIMM) veröffentlicht, die sich an den Genehmigungsvoraussetzungen eines internen Marktpreisrisikomodells orientieren.
- Die Validierung des Initial-Margin-Modells ist ein wichtiger Bestandteil der Model Governance zur Verbesserung der Modellgüte. Dennoch stellen wir bei vielen Finanzinstituten eine Lücke in der Modellvalidierung von internen Initial-Margin-Modellen fest.
Die aktuellen Marktturbulenzen haben zu einer hohen Volatilität nahezu aller Marktparameter geführt und sowohl in den USA als auch in Europa erste Ausfälle von Banken sowie bankähnlichen Finanzdienstleistern und Börsen ausgelöst. Dem Kontrahentenausfallrisiko sollten die Institute im aktuellen Marktumfeld daher eine besondere Aufmerksamkeit widmen.
Austausch von Sicherheiten: Ansatz zur Risikominimierung, aber nicht ohne Modellrisiken
Ein wichtiges Instrument, um das Kontrahentenausfallrisiko bei Over-The-Counter (OTC)-Derivaten zu reduzieren und zu steuern, sind Sicherheiten wie Initial- und Variation Margins (IM bzw. VM). Die Höhe der IM-Sicherheiten wird hierbei durch Standardmodelle oder interne Modelle bestimmt. Das Standard Initial Margin Model (SIMM) der International Swap and Derivatives Association (ISDA) stellt diesbezüglich den globalen Marktstandard unter den internen Modellen dar.
Sie werden häufig auf Basis historischer Daten berechnet, was im aktuellen, volatilen Marktumfeld die Modellwahl und Parametrisierung erschwert und potenziell zu einer nicht ausreichenden Höhe bei der Berechnung der Initial Margins (IM) führen kann. Hierdurch werden Modellanpassungen in den internen Modellen sowie Standardmodellen notwendig. So hat Anfang des Jahres beispielweise die erste Off-cycle-Rekalibrierung des ISDA SIMM stattgefunden, also eine Anpassung des Modells abseits des geplanten Zyklus.
Neue umfangreiche regulatorische Anforderungen an die Validierung von IM-Modellen
Falsche Parametrisierungen können im schlimmsten Fall zu signifikanten Verlusten führen. Bei einer zu hohen IM steigen die Refinanzierungskosten, während eine zu niedrig berechnete IM im Szenario eines Ausfalls problematisch wird. Daher gewinnt die Validierung der Modelle und ihrer Parametrisierung stark an Relevanz.
Mittels der im Juli 2023 veröffentlichten finalen Regulatory Technical Standards (RTS) zur Initial Margin Model Validation (IMMV) versucht die European Banking Authority (EBA), nun Mindeststandards bei der Validierung entsprechender Modelle zur Berechnung von IM für nicht geclearte OTC-Derivate zu setzen. Dabei beruft sie sich auf die Beauftragung aus Artikel 11 Absatz 15 Punkt (aa) der European Market Infrastructure Regulation (EMIR). Da diese Stelle jedoch noch nicht final in den EMIR-Verhandlungen geklärt ist, bleibt abzuwarten, inwiefern die veröffentlichten RTS rechtlich bindend von den Instituten umzusetzen sind. Bis dahin wird von den Instituten erwartet, dass sie den regulatorischen Gesetzgebungsprozess sowie die Konsultation bezüglich der EMIR detailliert verfolgen.
Unterschiedliche Anforderungen in Abhängigkeit der Größe des Derivateportfolios
Grundsätzlich sehen die RTS unterschiedliche Anforderungen an die Institute in Abhängigkeit vom gehandelten Volumen nicht geclearter OTC-Derivate vor. Während große Institute (Derivatevolumen über 750 Milliarden Euro) einem Standardprozess unterliegen, gelten für kleine Institute (Derivatevolumen unter 750 Milliarden Euro) geringere Anforderungen. Während große Institute für die Umsetzung ein Jahr Zeit haben, müssen kleine Institute die Anforderungen nach zwei bis drei Jahren erfüllen.
Erfahrungswerte aus anderen Bereichen sowie die regulatorische Timeline für die Einführung der RTS zeigen, dass sich die Institute frühzeitig damit auseinandersetzen sollten, wie hoch ihr gehandeltes Volumen nicht geclearter OTC-Derivate ist und welche Anforderungen sie erfüllen müssen. Außerdem sollten sie unserer Erfahrung nach bereits heute schon damit beginnen, mögliche Lücken in der Validierung zu identifizieren und zu schließen, um eine fristgerechte Umsetzung zu gewährleisten – unabhängig von der Regulatorik.
Standardmodelle wie das ISDA SIMM müssen auch validiert und genehmigt werden
Hinsichtlich des ISDA SIMM erkennt die EBA zwar die Vorteile eines Marktstandards an und erlaubt gewisse Erleichterungen, beispielweise durch die Möglichkeit zur Nutzung zentraler Dokumentationen. Dennoch macht sie deutlich, dass keine zentrale Validierung möglich ist und Institute offenlegen müssen, dass das nötige Fachwissen intern vorhanden ist.
Durch die in den RTS festgehaltenen, komplexen Validierungsanforderungen kann es dazu kommen, dass in Zukunft weitere Rekalibrierungsmaßnahmen für die Modelle notwendig sind und die bereits vorhandenen Dispute um die Höhe von IM eher mehr als weniger werden.
Validierung des IM-Modells sollte bereits im aktuellen Marktumfeld durchgeführt werden
Auch wenn der regulatorische Gesetzgebungsprozess hinsichtlich der RTS noch nicht abgeschlossen ist, sollten die Institute – auch unabhängig von der Regulatorik und insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Marktturbulenzen – eine saubere Validierung ihres IM-Modells aufbauen und/oder überarbeiten. So beugen sie potenziellen Verlusten vor. Dabei können sie sich aufgrund der gegebenen Ähnlichkeiten zu den bereits bestehenden Prozessen und Methoden an denen zur Validierung von Marktpreisrisikomodellen orientieren.
Ein Ansatz, der sich für die Validierung anbietet, ist einerseits das klassische Backtesting. Andererseits kommen Benchmark-Modelle in Frage. Hier stehen parametrische und nicht parametrische Modelle zur Auswahl sowie die Möglichkeit, mit unterschiedlichen Parametrisierungen oder historischen Schätzungen zu arbeiten.
Vielen Dank an unseren Co-Autor Niklas Dörnemann.