Security Token revolutionieren den Wertpapierhandel

Virtuelle Wertpapiere auf Blockchain-Basis bieten enorme Wachstumschancen für Banken

Der Markt für digitale Wertpapiere oder sogenannte Security Token in Deutschland wächst rasant, das Emissionsvolumen von Security Token Offerings (STOs) legt weiter zu. Politik und Aufsicht treiben die Entwicklungen weiter voran. Diese Krypto Assets bieten eine attraktive Alternative zu klassischen Aktien oder Anleihen und haben das Potenzial, mittelfristig die klassische Vermögensanlage, das Wertpapiergeschäft und die Unternehmensfinanzierung von Banken zu revolutionieren.

Potenzial im Digitalen für die Finanzbranche

Security Token ermöglichen einen verschlüsselten und sicheren Handel von physischen Vermögenswerten in digitaler Umgebung. Durch den Prozess der Tokenisierung lassen sich sämtliche Werte, Rechte und Schuldverhältnisse an materiellen und immateriellen Gütern auf einer Blockchain abbilden. In diesem dezentralen Protokoll werden Veränderungen lückenlos und fälschungssicher dokumentiert.

Verglichen zum klassischen Wertpapiergeschäft lässt sich der Handel von Security Token deutlich effizienter und nahezu in Echtzeit abwickeln. Die Transaktionskosten sinken, Intermediäre entfallen. Zudem sorgt die Distributed-Ledger-Technologie (DLT), die Kontobücher dezentral und öffentlich einsehbar führt, für eine hohe Transparenz.

Aufgrund ihrer kleinen Stückelungen und hohen Skalierbarkeit bieten digitale Wertpapiere deutlich mehr Anlegern die Möglichkeit, auch geringere Beträge in Anlageklassen wie Luxusgüter oder Unternehmensanteile zu investieren. Bislang nicht bankfähige oder illiquide Vermögenswerte wie Kunstwerke, Luxusimmobilien oder Eigenkapital werden weltweit handelbar. Kleinere und mittlere Unternehmen erhalten außerdem neue Finanzierungsalternativen.

Politik schafft Basis für Token-Ökonomie

Politik und Aufsicht fördern die Entwicklung von elektronischen Wertpapieren und stellen bereits die Weichen für das Entstehen einer „Token-Ökonomie“. Damit befindet sich Krypto Banking in Deutschland an der Schwelle von der Nische in den Massenmarkt. Banken sollten zeitnah eigene Expertise und Anwendungen oder Schnittstellen für die DLT aufbauen, um langfristig mit neuen Produkten und Finanzdienstleistungen im Krypto-Bereich Erträge generieren und Kunden gewinnen zu können.

In ihrer Blockchain-Strategie legte die Bundesregierung bereits 2019 fest, dass das deutsche Wertpapierrecht für elektronische Schuldverschreibungen geöffnet wird – mittelfristig dürften weitere Wertpapiere wie digitale Aktien folgen. Im August 2020 präsentierten das Bundesfinanz- und das Bundesjustizministerium einen Gesetzentwurf zur Einführung von elektronischen Wertpapieren, mit dem das Wertpapier- und Aufsichtsrecht modernisiert und der Finanzplatz Deutschland gestärkt werden soll. Das Ziel sind Verbesserungen in den Bereichen Transparenz, Marktintegrität und Anlegerschutz.

Dezentrales Register auf Blockchain-Basis

Im Kern sieht der Gesetzentwurf vor, dass Wertpapiere elektronisch emittiert, verwahrt und gehandelt werden können. Im klassischen Wertpapiergeschäft muss dafür eine Urkunde in Papierform bei einem Zentralverwahrer hinterlegt werden. Künftig sollen Daten elektronischer Wertpapiere auch in ein von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) überwachtes und lizenzpflichtiges dezentrales Register eingetragen werden können. Damit ist der Weg frei für das Nutzen von blockchainbasierten Krypto-Wertpapierregistern.

Die BaFin stuft Security Token unter bestimmten Voraussetzungen bereits als Wertpapiere ein. 2019 genehmigte sie erstmals einen Wertpapierprospekt für die Emission einer tokenbasierten Schuldverschreibung.

Die Entwicklungen schreiten in ganz Europa voran: In Luxemburg, der Schweiz oder Frankreich werden ähnliche gesetzliche Regelungen für Krypto Assets geplant oder umgesetzt. Die EU-Kommission legte im September erstmals Legislativvorschläge über Krypto Assets vor. Die Verordnung über Märkte für Krypto-Werte, die „Regulation on Markets in Crypto-assets“ (MiCA), soll 2022 in Kraft treten und europaweit Rechtssicherheit für Emittenten und Anbieter von Krypto-Werten schaffen.

Wachstumschancen im Krypto Banking nutzen

Die Beteiligung am Krypto-Trading-Markt ist ein hoch profitables Geschäftsmodell. Verstärkt drängen in Deutschland neue Wettbewerber in den Bereich, häufig getrieben durch Wagniskapital. Während Start-ups und Neobroker sich positionieren, warten etablierte Banken noch ab, diesen bislang noch wenig regulierten Bereich zu betreten. Dabei bieten insbesondere die Emission und der Handel von Security Token klassischen Geldhäusern enorme Wachstumschancen. Im Gegensatz zu anderen Krypto Assets wie Utility Token für Dienstleistungen oder Payment Token wie Bitcoin stellen Security Token ein Wertpapier dar, das ohne entsprechende Lizenz nicht emittiert oder gehandelt werden darf.

Darüber hinaus können sich Banken als Verwahrer von Security Token etablieren – ähnlich wie Custody Wallets bereits von FinTechs zur Verwaltung von Bitcoin angeboten werden. Dabei können die Häuser auf ihre Erfahrung in der Umsetzung regulatorischer Vorgaben bauen. Verglichen mit Krypto-Verwahrern ohne Lizenz genießen etablierte Banken noch einen Vertrauensvorsprung bei Verbrauchern.

Geldhäuser können sich von Beginn an bei ihren Kunden und Neukunden durch Beratungskompetenz für tokenbasierte Finanzinstrumente profilieren und dadurch ihre Rolle als Intermediäre im Finanzsystem stärken. Banken, die ihren Kunden bereits den Handel mit klassischen Aktien oder Anleihen ermöglichen, sollten diesen Service langfristig auch für digitale Wertpapiere bzw. die Tokenisierung von Vermögenswerten anbieten. Über eine eigene App oder Plattform für Krypto Banking können Finanzinstitute außerdem Erträge generieren und Neukunden gewinnen.

Tokenisierung verändert den Kapitalmarkt

Gut zehn Jahre nachdem die Blockchain erstmals in Erscheinung trat, beginnt diese Technologie nun, den Kapitalmarkt und die Geldanlage tiefgreifend zu verändern. Mit der Tokenisierung von illiquiden Vermögenswerten werden die Einsatzpotenziale und -chancen der DLT für Banken immer greifbarer. Einer Studie der beiden Fintechs Cashlink und Finoa zufolge können durch eine Tokenisierung entlang der gesamten Wertschöpfungskette Kosteneinsparungen von 35 bis 65 Prozent gegenüber herkömmlichen Wertpapieremissionen realisiert werden1. Klassische Finanzhäuser sollten sich zeitnah für diese Entwicklungen wappnen – langfristig dürfte die zu erwartende Disruption durch Krypto Banking eine ähnliche Sogwirkung für die Branche entfalten wie das Mobile Banking für das Retailgeschäft.

Zwar befindet sich Deutschland auf gutem Wege zu einer Token-Ökonomie, doch werden künftig natürlich nicht alle Dienstleistungen, Vermögenswerte und Devisen in Krypto-Token gehandelt. Vielmehr dürfte ein Zweitmarkt für tokenisierte Assets entstehen. Sobald dieser angemessen reguliert ist, wächst für sämtliche Akteure der Anreiz, in das Geschäft rund um Wertpapiere auf Krypto-Basis einzusteigen.

Banken stehen derzeit vor der Herausforderung, die DLT auf eine bedienungsfreundliche und sichere Benutzeroberfläche zu transferieren. Aufgrund der kostengünstigeren Transaktionen und geringeren Mindestinvestitionen sollte die Akzeptanz virtueller Wertpapiere bei Investoren und Kunden rasch steigen und dazu führen, dass sich Krypto Banking mittelfristig flächendeckend durchsetzen wird.

Kooperationen, Revenue-Share-Modelle, Minderheitsbeteiligungen an Start-ups oder Joint Ventures bieten klassischen Finanzdienstleistern die Chance, Know-how und Erfahrungen mit Krypto Assets und DLT-Anwendungen zu sammeln. Ein zusätzlicher Vorteil der neuen Technologie: Über den Kundennutzen hinaus ermöglicht sie auch interne Kosteneinsparungen, etwa im Clearing und Settlement.

1) Quelle: medium.com