Transparenz von ESG-Risiken: Wo der Markt heute steht

Neue KPMG-Studie zeigt, wie Banken die ESG-Integration in ihr Risikomanagement bewerten

Keyfacts:

  • Die europäische Bankenaufsicht verfolgt die Fortschritte bei der Integration von ESG-Risiken eng.
  • Eine neue KPMG-Umfrage gibt Orientierung bei der Einstufung der eigenen Position im Wettbewerbsfeld.
  • Die Ergebnisse zeigen Fortschritte beim Stresstesting und bei der Kreditrisiko-Bewertung. Sie offenbaren aber auch, dass die Integration von ESG in weitere Risikomanagementprozesse aktuell noch aussteht.

Flutkatastrophen und Waldbrände: Das vergangene Jahr war für Europa ein Jahr der Klimaextreme. Ob in den Nachrichten, in sozialen Netzwerken oder im Freundeskreis: Es vergeht wohl kein Tag mehr, an dem wir uns nicht mit Klimafragen und Diversität beschäftigen. In Unternehmen verschiedenster Branchen stehen ESG-Ziele (Environmental, Social, Governance) ganz oben auf der Vorstandsagenda. Und in den Banken? 

Für sie wird insbesondere das Management von Klima- und Umweltrisiken immer bedeutsamer. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat schon vor zwei Jahren in einem 13 Punkte umfassenden Leitfaden die Erwartungen formuliert, die sie als Aufsichtsbehörde an die Institute stellt. Zu den aufsichtlichen Prioritäten gehören Klima- und Umweltrisiken, und die EZB mahnte zuletzt mehrfach Fortschritte an.  

Wo steht eine Bank im Wettbewerb – Orientierung für den Thematic Review  

Über die Fortschritte bei der Implementierung von ESG-Risiken müssen die Banken der Aufsicht berichten. In dem sogenannten Thematic Review geben die sogenannten SI-Banken (die als bedeutende Institute unter besonderer Aufsicht der EZB unterstehen) eine Selbsteinschätzung darüber ab, wie gut sie deren Vorgaben bereits erfüllen.  

Um die eigenen Fortschritte einordnen zu können, ist es für Verantwortliche in Banken von großer Bedeutung zu wissen, wo ihr Institut im Wettbewerbsfeld steht – an der Spitze, in der Verfolgergruppe? KPMG hat zu diesem Zweck eine Marktstudie erstellt. Die Ergebnisse der Umfrage geben Instituten Orientierung bei der Einstufung der eigenen Erfüllungsgrade in Bezug auf die 13 Erwartungen der EZB. Für die jüngste Studie haben wir 33 Banken aus sechs europäischen Ländern zur Umsetzung von ESG-Risiken befragt.  

 

Transparenz von ESG-Risiken: Wo Finanzinstitute heute stehen

Umfrage unter 33 Finanzunternehmen: Unsere Studie zeigt, wie Banken die ESG-Integration in ihr Risikomanagement bewerten.

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ESG-Integration im Risikomanagement – S und G holen nur langsam auf 

Einige Ergebnisse: Banken priorisieren klimabezogene Risiken im Durchschnitt bei mehr als 80 Prozent. Damit spielen Klimarisiken die größte Rolle im Kontext von ESG. Dagegen werden Umweltrisiken (etwa der Verlust von Biodiversität) mit 50 Prozent oder soziale (55 Prozent) und Governance-Risiken (60 Prozent) deutlich niedriger priorisiert. Einen großen Sprung hat die Gesamtbewertung des eigenen Erfüllungsgrads mit Blick auf die 13 Erwartungen der EZB gemacht: Die befragten Institute schätzen ihn im Schnitt mit 59 Prozent ein (nach 19 Prozent 2021) – eine deutliche Verbesserung. 

Weiterentwicklung im Stresstesting und bei der Kreditrisiko-Bewertung 

Vor allem in den Bereichen Stresstests und Kreditrisiken haben viele Banken unserer aktuellen Erhebung zufolge im Vergleich zur Vorjahresstudie große Schritte nach vorn gemacht. So haben viele Institute bereits begonnen, ihre Kreditrisiken anhand von einem ESG-Scoring-Modell zu identifizieren und zu bewerten. Eine Mehrheit der teilnehmenden Institute weist allerdings weiter auf große Lücken bei der Datenerfassung und damit einhergehend der Etablierung von Standardkennziffern (KPIs) hin. 

Die Quantifizierung von ESG-Risiken in vielen anderen Risikoarten steckt noch in den Kinderschuhen. Besonders große Lücken gibt es im Management von ESG-Treibern bei nicht-finanziellen Risiken. Beispiele sind hier vor allem Rechts- oder Reputationsrisiken im Kontext von Greenwashing. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die meisten Banken nach einer ersten Phase von Ist-Erhebungen derzeit auf dem Weg der Integration und Institutionalisierung der ESG-Risken in die Gesamtbanksteuerung befinden. 

Integration von ESG-Risiken in die Banksteuerung: Druck wird weiter zunehmen 

Die Institute sind bei der Integration von ESG-Risiken in die Gesamtsteuerung also stark in Bewegung. Angesichts der hohen Dynamik und der jüngsten Zeichen von Aufsichtsseite können Finanzinstitute davon ausgehen, dass der Druck weiter zunehmen wird. Erst vor Kurzem (März 2022) hielt die EZB die beaufsichtigten Banken noch einmal mit klaren Worten zu einer aktualisierten Bewertung der Fortschritte bei der Offenlegung von ESG- Risiken an.  

Es ist absehbar, dass die EZB die Fortschritte der Banken weiter analysieren und genau beobachten wird, beispielsweise in Form von Fallstudien, die mit den Banken durchgeführt werden. Das wird auch aufsichtsrechtliche Maßnahmen als Ergebnis des Supervisory Review and Evaluation Process (SREP) von 2022 beinhalten. Banken müssen ESG-Aspekte daher weiter zügig in ihre Risikomanagementprozesse integrieren. Durch die Allgegenwart der Themen Klima und Diversität werden Verantwortliche daran regelmäßig erinnert. 

 

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Sustainable Finance und ESG

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Sustainable Finance

Mit der Verabschiedung der Sustainable Development Goals (SDGs) und des Pariser Klimaabkommens im Jahr 2015 haben die Vereinten Nationen das wohl ehrgeizigste Projekt der Menschheitsgeschichte auf den Weg gebracht: Die Transformation zu einer nachhaltigeren Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung.

Bei dieser Transformation kommt dem Finanzsektor eine herausragende Bedeutung zu. Denn mit seiner Hilfe lassen sich Kapitalströme in nachhaltige Investitionen lenken und Anreize für ein nachhaltigeres Handeln setzen. Außerdem wird so Nachhaltigkeit zu einem integralen Bestandteil des Risikomanagements und die Transparenz von Finanz- und Wirtschaftsaktivitäten deutlich erhöht.

Um diese Hebelwirkung des Finanzsektors für die gewünschte nachhaltige Transformation zu nutzen, hat die Europäische Kommission 2018 den EU-Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums verabschiedet. Er hat in Verbindung mit der EU-Taxonomie und einer Vielzahl weiterer Gesetze und Verordnungen – insbesondere zur ESG-Berichterstattung (Environment, Social, Governance) – dazu geführt, dass Finanzdienstleister zahlreiche Prozesse umgestalten und ihre Produktangebote neu ausrichten müssen. Dabei sind zahlreiche Entscheidungen zu treffen, die tiefgreifende Veränderungen nach sich ziehen und erhebliche Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg und das Geschäftsmodell haben.

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