Die digitale ID – Startpunkt für ein ganzheitliches Kundenmanagement

Versicherungen: Mit digitaler Identität zum kundenzentrierten Unternehmen

Keyfacts:

  • Digitale Kundenidentitäten bieten großes Potenzial für Versicherer.
  • Verbraucher:innen erwarten heute ein Kundenerlebnis ohne Medienbrüche.
  • Vorteile: ein effektives Kundenmanagement und Einsparpotenziale in der IT
  • Versicherer sollten digitale IDs jetzt ins Zentrum ihrer Digitalisierungsinitiativen stellen.

Die großen Technologiekonzerne wie Amazon, Apple oder Google haben die Identifizierung im Netz längst als attraktives Geschäft ausgemacht. So können wir uns heute bei vielen Online-Anbietern mit unseren Zugangsdaten von Unternehmen wie Apple oder Google registrieren. Die Europäische Union (EU) plant jetzt, eigene Möglichkeiten zur Registrierung und Authentifizierung zu entwickeln und europaweit anzubieten.

Geplant ist eine digitale Identität (ID), mit der sich EU-Bürger:innen digital ausweisen können. Sie könnte das Nutzer- und somit auch Kundenverhalten massiv verändern. Damit birgt eine digitale ID auch für Versicherer große Chancen.

Eine ID – zahlreiche Services

Getrieben von ihren Erfahrungen auf digitalen Plattformen entwickeln sich die Erwartungen von Kund:innen auch in der Finanzindustrie rasant weiter. Ein Beispiel: Apple-Kund:innen, die in einem Store vor Ort sind, werden über ihre ID identifiziert und erhalten direkt maßgeschneiderte Produktempfehlungen. Den Kauf von Apps oder In-App-Angeboten auf Handy oder Tablet kennen sie ohnehin. Bei Google kann die einmal angelegte Google ID, etwa über Einrichtung eines Gmail-Kontos, ebenfalls für diverse Services genutzt werden. Dazu zählen etwa Google Meet oder das Einloggen auf der Video-Plattform YouTube. Eine ID – mehrere Services ohne erneuten Login: Daran haben wir uns in der digitalen Welt gewöhnt.

Digitale ID: Verschenktes Potenzial für die Kundenzentrierung

Auch Versicherer investieren vermehrt in die Kundenzentrierung und optimieren das Kundenerlebnis online und offline. Dabei legen sie ihr Augenmerk immer stärker auf digitale Kundenportale und Services. Die Optimierung der Anlage und Verwaltung von Kundenaccounts über digitale IDs vernachlässigen sie häufig jedoch. Beispielsweise werden auch heute noch in vielen Fällen Vertragsnummern abgefragt und Identifizierungsbriefe verschickt. Registrierungsprozesse dauern nicht selten mehrere Tage, und ein Großteil der Versicherten wechselt dabei den Kanal (weil zum Beispiel ein Anruf im Callcenter nötig ist) oder bricht den Prozess ab.

Verbreitet ist in der Branche nach wie vor, dass Kundendaten oft in unterschiedlichen Aktualisierungsständen oder sogar nach den einzelnen Sparten voneinander getrennt gespeichert werden. Das führt nicht nur zu negativen Kundenerfahrungen bei der Registrierung. Die Unternehmen verschenken auch Potenziale bei der digitalen Kundeninteraktion und Möglichkeiten für ein ganzheitliches Kundenmanagement. Oft können einmal abgegebene Einverständniserklärungen (etwa zum Datenschutz) nicht wiederverwendet werden – sie müssen ein zweites Mal eingeholt werden. Das verursacht Aufwände für Versicherer und Kund:innen. Obwohl Schwachstellen wie diese bekannt sind und Potenziale zur Vereinfachung bestehen, scheitern die Vorhaben häufig an hausgemachten und regulatorischen Hürden.

Mehrere Hürden bremsen die digitale ID in Versicherungsunternehmen

Kundenzentrierung ist ein zentraler Bestandteil in den Strategien und Zukunftsplänen vieler Versicherer. Der Kunde und seine ID stehen häufig aber noch nicht im Fokus der Gesamtstrategie. Meist werden Kund:innen spartenindividuell betrachtet, häufig sogar nur lokal von einzelnen Vertriebseinheiten wie Agenturen. Diese Kundenbetrachtung in Silos verhindert ein durchgängiges Kundenmanagement.

IT: Eine große Hürde auf dem Weg zu einer verbesserten Kundenzentrierung ist die Flexibilisierung der bestehenden IT-Landschaft bei gleichzeitiger Sicherstellung der Security-Anforderungen. Komplexe und gewachsene IT-Landschaften machen einen flexiblen Umbau schwierig. Insbesondere die Verwendung von Datenbanken mit unterschiedlichen Schnittstellenstandards auf der technischen Seite sowie nicht aufeinander abgestimmten Releasezyklen auf der organisatorischen Seite machen IT-Projekte häufig teuer und langwierig.

Immer mehr Stakeholder und Systemverantwortliche erhöhen außerdem die Abstimmungsaufwände und die notwendigen Projektkosten an den Schnittstellen – teilweise bis in hohe Millionenbeträge.

Regulatorik: Zeitgleich besteht die Notwendigkeit zur Adressierung regulatorischer Anforderungen, insbesondere aus den Bereichen VAIT, Geldwäschegesetz, Strafgesetzbuch und Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Die Aufnahme, Bearbeitung und Nutzung insbesondere personenbezogener Daten birgt weitreichende rechtliche Anforderungen. Die Konzeption einer spartenübergreifenden Lösung unter Einbindung berechtigter Dritter erhöht die Komplexität. Das ist vor allem dann der Fall, wenn es um die Einholung unternehmens-/konzernweiter Einwilligungserklärungen und der damit verbundenen Nutzung von Personendaten geht.

Zwischen Frontend und Backend: Digitales ID-Management perfekt integrieren

Als übergreifende Lösung bietet sich ein Digital ID-Management System an, das den gesamten Kundenlebenszyklus umfasst und den einheitlichen, sicheren und regulatorisch konformen Zugang von Kund:innen zu den digitalen Services und Portalen bei Versicherern ermöglicht – über Device-Grenzen hinweg. Kund:innen mit einer eindeutigen digitalen ID rücken in den Mittelpunkt der Versicherung und der IT-Landschaft. Das ID-Management fungiert dabei als Integration Layer – es ist also zwischen den Backend-Systemen und den Frontends angesiedelt.

Es kann ohne große Datenbankmigrationen in die bestehende IT-Landschaft integriert werden und ermöglicht eine vom Backend unabhängige Entwicklung von kundenzentrierten Capabilities. Beispielsweise können im Bereich des Identity Managements Kunden rechtskonform und sicher identifiziert werden, und sie erhalten durch entsprechende Access Management Capabilities einen kanalübergreifenden Zugang zu Services (zum Beispiel durch Single-Sign-On-Lösungen).

Durch eine zentrale Prozess- und Data-Governance werden Prozessabläufe sowie Schnittstellen und Datenqualitäten standardisiert. Ein zentrales ‚Consent Management‘ reichert die Identitäten an: Zum Beispiel wird durch Werbeeinwilligungen oder Zustimmungen zu Datenschutzvereinbarungen die spartenübergreifende Nutzbarkeit der Daten möglich.

Ganzheitliche Customer Journey und effektives Kundenmanagement  

Ein auf diese Weise integriertes ID-Management bringt Versicherungen zahlreiche Vorteile. Sie profitieren vor allem von einer ganzheitlichen und nahtlosen Customer Journey, auf der Kund:innen ohne Brüche unterwegs sind.

Einmalige Registrierung und Identifizierung: Ein Kunde, der sich z.B. über das Online-Kundenportal registriert und identifiziert hat, kann seine so erworbene digitale ID wiederverwenden. Gleichzeitig kann die ID dazu genutzt werden, um sich auf mobilen Apps via Single-Sign-On anzumelden, ohne einen erneuten Prozess durchlaufen zu müssen.

Effektives Kundenmanagement: Der Produktabschluss und die gleichzeitige Registrierung mit Abgabe von Consents werden ermöglicht. Das heißt, der nachgelagerte Login im Kundenportal bietet den Kundenzugriff auf Daten. Bei Anruf im Kundenservice zum Beispiel können die passenden Kundeninformationen direkt durch den Vertrieb eingesehen werden. Ohne Hürden können weitere Produkte abgeschlossen oder Services genutzt werden (etwa Kommunikations- oder Bankdatenänderungen).

Künstliche Intelligenz im Fokus: Durch die digitale ID rückt nicht nur der Kunde selbst für Versicherer in den Vordergrund. Zusätzlich können sein Verhalten und Kundenbeziehungen untereinander automatisiert durch künstliche Intelligenz transparent gemacht werden. So lassen sich auf der einen Seite soziale Netzwerke erkennen, was beispielsweise für das Marketing und zur Risikobewertung genutzt werden kann. Auf der anderen Seite besteht die Möglichkeit, kriminelles oder schadhaftes Verhalten frühzeitig zu erkennen. Das bietet insbesondere Vorteile für den Bereich Cyber Security. Ein großer Vorteil in diesen Zeiten, in denen hohe Schutzniveaus immer bedeutender werden.

Digitale ID gehört ins Zentrum der Digitalisierungsinitiativen

Der Schutz vor Angriffen ist auch einer von mehreren konkreten Anlässen, um jetzt in Sachen digitale ID aktiv zu werden. Regulatorische Anforderungen sind ein weiterer guter Grund. Und nicht zuletzt erwarten Kund:innen von den Unternehmen das, was digitale Identitäten an Vorteilen auf der Kundenreise bringen. Weil obendrein noch deutliche Einsparungen im IT-Bereich möglich sind, sollten Versicherer die digitale ID zügig ins Zentrum ihrer Digitalisierungsinitiativen stellen.

 

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Customer Centricity

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Customer Centricity

Customer Centricity ist heute schon wichtig, morgen jedoch entscheidend. Denn die zunehmende Digitalisierung lässt auch die Erwartungen der Kund:innen an die Produkte und Services ihrer Finanzdienstleister steigen: Sie erwarten eine hohe Personalisierung und Individualisierung, eine möglichst unkomplizierte und schnelle Abwicklung ihrer Aufträge und eine Lösung ihres Anliegens zu jeder Zeit und überall über ihre präferierten Kanäle. Eine systematische Ausrichtung des Geschäftsmodells an den Kundenerwartungen und -bedürfnissen ist damit zu einem noch wichtigeren Erfolgsfaktor im Finanzsektor geworden – und bietet gleichzeitig eine große Chance, sich vom Wettbewerb zu differenzieren.

Dass eine konsequente Customer Centricity viele Potenziale bietet, haben die meisten Finanzdienstleister erkannt. So äußerten 2022 beispielsweise 97 Prozent der Befragten einer Studie von KPMG und Lünendonk („Kunden im Mittelpunkt – Kundenzentrierung als wesentlicher Erfolgsfaktor im Finanzdienstleistungssektor“), dass sie Kundenzentrierung als Teil ihrer Strategie verstehen oder einen entsprechenden Strategieschwenk planen. 88 Prozent der Befragten wollen in Zukunft näher an ihre Kund:innen heranrücken und ihnen zusätzliche Mehrwertservices entlang ihrer Customer Journey und zu ihren individuellen Bedürfnissen und Alltagssituationen bieten.

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