Anforderung 3: Biodiversität als Umweltziel in der EU-Taxonomie
Für Finanzinstitute ergeben sich Berichtspflichten auch aus dem Umweltziel 6 der EU-Taxonomie, das den Schutz und die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt in den Blick nimmt. In den kommenden Jahren sind noch detailliertere Anforderungen und umfassendere Offenlegungen zu erwarten.
Nur ein Beispiel: Während seit diesem Jahr der Anteil an Risikopositionen in taxonomiefähigen Wirtschaftstätigkeiten ausgewiesen werden soll, sind ab 2026 anhand verschiedener Leistungsindikatoren detailliertere Angaben zu taxonomiekonformen Wirtschaftstätigkeiten erforderlich.
Anforderung 4: CSDDD integriert Biodiversität in die unternehmerische Sorgfaltspflicht
Die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) fördert nachhaltiges und verantwortungsvolles unternehmerisches Verhalten in den Betriebsabläufen und entlang der Wertschöpfungsketten, ähnlich einem europäischen Lieferkettengesetz.
Im Zuge der CSDDD-Umsetzung wird Biodiversität Teil der Sorgfaltspflichten, die für Unternehmen ab 2027 stufenweise anhand von Belegschafts- und Umsatzkriterien eingeführt werden.
Eine Besonderheit: Für Finanzinstitute betreffen die Anforderungen nur die vorgelagerte Wertschöpfungskette, also die eigenen Lieferanten. Nachgelagerte Geschäftspartner, wie Kreditnehmer, fallen nicht unter die CSDDD und erfordern derzeit keine zusätzliche Prüfung außerhalb der Standardprozesse.
Anforderung 5: EBA-Leitlinie macht Befassung mit Biodiversität für große Institute verpflichtend
Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (European Banking Authority, EBA) entwickelt derzeit neue Leitlinien zum Management von ESG-Risiken. Der Entwurf, der Anfang 2024 zur Konsultation stand, zeigte bereits, dass die Anforderungen an Finanzinstitute im ESG-Risikomanagement verschärft werden. Die Grundlage dafür bildet die Capital Requirements Directive (CRD VI), die bedeutende Neuerungen im Hinblick auf ESG-Risiken einführt.
Der Fokus der EBA-Leitlinie liegt auf Klima- und Umweltrisiken. Sie hebt hervor, dass die Finanzbranche derzeit stark auf Klimathemen fokussiert ist, während es im Bereich Biodiversität Nachholbedarf gibt.
Laut Entwurf werden Banken zukünftig dazu verpflichtet, unter anderem wiederkehrende, datenbasierte Wesentlichkeitsanalysen durchzuführen und dabei eine kurz-, mittel- und langfristige Sicht zu berücksichtigen. Mittels exposure-, portfolio- und szenariobasierter Methodiken sollen ESG-Risiken künftig umfassend beurteilt werden.
Finanzinstitute müssen zudem steigende Anforderungen an die Datenqualität erfüllen. Große Finanzunternehmen sollen zusätzlich etwa naturbezogene Abhängigkeiten identifizieren und negative Auswirkungen auf Natur und Ökosysteme durch Aktivitäten von Geschäftspartnern überwachen.
Eine Veröffentlichung der finalen Leitlinien unter Einbezug des Konsultationsfeedbacks ist für Q1 2025 avisiert. Eine Anwendung für große Finanzinstitute wird gebunden an die CSRD VI Umsetzung voraussichtlich ab Q1 2026 zur Pflicht.
Anforderung 6: TNFD und ISSB geben dem Thema Schub
Neben regulatorischen Anforderungen wird das Befassen mit Biodiversität durch internationale Marktentwicklungen befördert – zum Beispiel durch die Offenlegungsempfehlungen der TNFD und des ISSB.
Bei den Abschlussempfehlungen der globalen Initiative Taskforce on Nature-related Financial Disclosures (TNFD) handelt es sich um freiwillige Offenlegungsempfehlungen und Leitlinien, die Unternehmen unterstützen sollen, ihre naturbezogenen Abhängigkeiten, Auswirkungen sowie Chancen und Risiken bewerten und darüber berichten zu können. Anfang 2025 werden die ersten TNFD-Berichte von Erstanwendern erwartet, zu denen auch zahlreiche Finanzinstitute weltweit gehören.
Die TNFD genießt bereits jetzt einen hohen Stellenwert: Die Zahl ihrer Anwender wächst national wie international und Regulatoren regen Unternehmen aktiv dazu an, es den Vorbildern gleich zu tun. Dabei ist zu erwarten, dass die TNFD ähnlich wie die TCFD (Taskforce on Climate-Related Financial Disclosures), die nach dem Pariser Klimaabkommen entwickelt wurde und als Vorlage für die TNFD diente, mittelfristig in Regulatorik aufgehen könnte.
Nachhaltigkeitsstandards entwickeln sich auch außerhalb der EU
Zudem wird auch außerhalb der EU an internationalen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung gearbeitet. Das International Sustainability Standards Board (ISSB), das von der International Financial Reporting Standards (IFRS) Foundation gegründet wurde, veröffentlichte 2023 die ersten beiden Nachhaltigkeitsstandards (IFRS S1 und S2), in denen allgemeine sowie klimabezogene Offenlegungsanforderungen festgehalten sind.
Derzeit erarbeitet das ISSB seine Positionierung zu Offenlegungen zur Biodiversität. Eine Erweiterung der publizierten Nachhaltigkeitsstandards um naturbezogene Angaben ist zu erwarten.
Biodiversitäts-Regulatorik – der nächste Elefant im Raum
Nachdem in den vergangenen Jahren der Klimawandel im Fokus stand, richten Regulatoren und Marktakteure in Europa und weltweit nun verstärkt ihre Aufmerksamkeit auf die Biodiversität. Für Finanzinstitute bedeutet das eine zeitnahe Erweiterung der ESG-Aspekte, die in die Geschäftsabläufe integriert werden müssen.
Kurzfristiger Handlungsbedarf für Banken besteht vor allem mit Blick auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD.
Konkretisiert werden auch die Erwartungen der EBA in Sachen ESG-Risikomanagement absehbar – die neuen Leitlinien werden für Ende des Jahres 2024 erwartet.
Institute sollten sich daher jetzt mit dem komplexen Thema Biodiversität und den regulatorischen Vorgaben befassen und eine aktive Positionierung am Markt suchen.
Dafür sind aus unserer Sicht folgende Aspekte zu berücksichtigen:
- Regulatorische Entwicklungen beobachten und Änderungen der mittel- und unmittelbaren Anforderungen verstehen und managen
- Kompetenzen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für die kommenden Berichtsjahre der CSRD ausbauen und biodiversitätsrelevante Berichtsteile gezielt optimieren, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden
- Eine umfassende, strategische Auseinandersetzung mit Biodiversität beginnen und gegebenenfalls eigene Schwerpunkte setzen, etwa durch die Anwendung der TNFD-Offenlegungsempfehlungen oder das Schärfen bestehender Ausschlusskriterien