Digitalisierung oder nachhaltige Finanzierung, bezahlbares Wohnen oder die Zukunft des dezentralen Arbeitens sind aktuell lebhaft diskutierte Themen in der Immobilienwirtschaft. Und es besteht auch kein Zweifel daran, dass diese Trends und Themen tatsächlich die großen Fragen unserer immobilienwirtschaftlichen Zukunft sind. Denn die Auswirkungen der fortschreitenden Digitalisierung auf Gebäude, Nutzerverhalten und Stadtentwicklung, die Herausforderung der Bestimmung „echter“ Nachhaltigkeit oder die Lebendigkeit unserer Innenstädte sind entscheidend für die gesamte immobilienwirtschaftliche Wertschöpfungskette.
Aber abseits dieser aktuellen Brennpunkte baut sich eine Herausforderung auf, die aufgrund ihrer mittelfristigen Relevanz bereits heute prominenter adressiert werden sollte: Der demografische Wandel und seine immobilienwirtschaftlichen Auswirkungen:
Deutschland ist in den vergangenen 10 Jahren (2010 bis 2020) gewachsen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lag dieses Wachstum, das wesentlich auf dem Zuzug aus dem Ausland gründet, bei rund 1,42 Mio. Personen. Dabei spielt der Zuzug im Zuge der Flüchtlingskrise in den Jahren 2015 bis 2018 eine entscheidende Rolle.
Auf dem aktuellen Niveau von rund 83 Mio. Einwohnern wird sich die Gesamtbevölkerungszahl über die gesamte Dekade hinweg einpendeln. Geburten, Zuzug, Wegzug und Todeszahlen werden sich somit gegenseitig weitgehend ausgleichen. Allerdings wird nach den aktuellen Projektionen ab dem Jahr 2030 die Bevölkerung sukzessive wieder abnehmen; in der Dekade bis 2040 um rund 2,5 Mio., in der Dekade bis 2050 um weitere 3 Mio. und in der Dekade bis 2060 noch einmal um weitere 3 Mio. Ein solcher Rückgang um rund 10 % in 40 Jahren klingt zunächst einmal nicht besonders besorgniserregend und kann durch die Anpassung der Zahl der Projektentwicklungen und den natürlichen Gebäudeverbrauch über die kommenden 40 Jahre ausgesteuert werden.
Allerdings lohnt der weitere Blick auf die Entwicklung einzelner Altersgruppen. So wird in der Altersgruppe der 20- bis 60-jährigen die Bevölkerungszahl von heute 43,9 Mio. auf 33,3 Mio. (2060) zurückgehen. Berücksichtigt man, dass es sich bei dieser Bevölkerungsgruppe weitestgehend um die Erwerbstätigen handelt, ist ein Rückgang um bis zu 25 % schon bemerkenswert. Dies gilt umso mehr, als dass bereits in der laufenden Dekade bis 2030 ein Rückgang in dieser Altersgruppe von 4,3 Mio. oder um rund 10 % droht.
Selbstverständlich sind dies nur Prognosen, sodass beispielsweise eine aktive und an den inländischen wirtschaftlichen Interessen ausgerichtete Einwanderungspolitik entsprechend gegensteuern könnte. Auch ist zu berücksichtigen, dass dieser Rückgang nicht in einer Nutzungsart stattfinden, sondern Fabriken, Büros oder dezentrales Arbeiten gleichermaßen betreffen wird. Dennoch sollten – verbunden mit dem Trend der weiteren Urbanisierung – diese staatlichen Erhebungen Eingang in die Unternehmensplanungen finden. Heutige Immobilienerwerbe oder -finanzierungen erfolgen meist auf Basis von Zeitraumbetrachtungen von 10 bis zu 15 Jahren. Ein Investor bzw. Finanzierer muss sich deshalb zwangsläufig mit dem demografischen Wandel beschäftigen, wenn er eine taugliche unternehmerische Entscheidung treffen möchte.