Neue ESMA-Leitlinien bringen Anforderungen für Namen von nachhaltigen Fonds

Die europäische Aufsicht macht jetzt Vorgaben für die Bezeichnung von ESG-Angeboten.

Keyfacts:

  • Die steigende Nachfrage nach nachhaltigen Investments hat dazu geführt, dass immer mehr Fonds mit Begriffen wie „grün“, „Klima“ oder „nachhaltig“ im Namen auf dem Markt sind.
  • Die europäische Aufsicht will Greenwashing-Risiken begrenzen und hat nun Leitlinien für die Namensgebung veröffentlicht.
  • Asset Manager sollten neue Fonds und Bestandsprodukte einer Prüfung unterziehen und Übergangsfristen beachten.

Stellen Sie sich vor, Sie möchten in einen Fonds investieren, der Nachhaltigkeit fördert. Ein fiktives Beispiel: Sie stoßen auf den Fonds mit dem Namen „Green Future Sustainable Equity Fund“. Das klingt ideal für Ihre Anlageziele – aber wie können Sie sicher sein, dass Ihr Geld wirklich nachhaltig investiert wird?

Diese Frage hat auch die europäischen Regulatoren auf den Plan gerufen, und so hat die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) vor Kurzem ihre endgültigen Leitlinien zur Verwendung von nachhaltigkeitsbezogenen Begriffen in Fondsnamen veröffentlicht. Sie sollen klare Regeln für das Benennen von Nachhaltigkeitsfonds etablieren und das Risiko von Greenwashing auf ein Mindestmaß reduzieren.

Der Anlass liegt auf der Hand: In der jüngeren Vergangenheit ist die Nachfrage nach nachhaltigen Investmentlösungen stark gestiegen. Institutionelle wie private Anleger sind auf der Suche nach Fonds, die ESG-Faktoren berücksichtigen. Asset Manager sehen sich daher zunehmend veranlasst, Begriffe wie „Klima“ oder „Nachhaltigkeit“ in die Namen ihrer Fonds aufzunehmen, um Anlegern Orientierung zu bieten, die Attraktivität ihrer Produkte bei der Zielgruppe zu erhöhen und ihre Angebote wirksam zu vermarkten. Und so gibt es mittlerweile eine Menge solcher Fonds.

Klima oder Nachhaltigkeit im Fondsnamen – Gefahr von Greenwashing

Nach Zahlen der ESMA stellen derzeit etwa 6500 Fonds in der Europäischen Union in ihrem Namen einen Bezug zum Thema Nachhaltigkeit her. Dabei handelt es sich um etwa 1700 Alternative Investmentfonds (AIFs) sowie 4800 UCITS-Fonds.

Für die Anbieter besteht durch das Verwenden solcher Begriffe die Gefahr, irreführende Angaben zu machen und nicht den tatsächlichen Nachhaltigkeitsstandards zu entsprechen, die durch den Fondsnamen suggeriert werden. Das kann zu Vorwürfen von Intransparenz und Greenwashing führen.

ESMA-Leitlinien nennen Kategorien und Anforderungen an Namen

Was also steht in den neuen ESMA-Leitlinien? Sie legen fest, dass Fonds, die ESG- oder nachhaltigkeitsbezogene Begriffe in ihren Namen verwenden, bestimmte Anforderungen erfüllen müssen – und ordnen die Fälle in mehrere Kategorien ein:

Nachhaltigkeitsbezogene Fondsnamen:

  • Mindestens 80 Prozent des Portfolios müssen Nachhaltigkeitsmerkmale oder -ziele erfüllen.
  • Fonds mit nachhaltigkeitsbezogen Namen müssen die PAB-Ausschlüsse (Paris-Aligned Benchmarks) anwenden, um sicherzustellen, dass bestimmte Aktivitäten ausgeschlossen sind, die den Nachhaltigkeitszielen widersprechen (zum Beispiel Festlegen eines Höchstanteils vom Umsatz, der durch die Exploration, Förderung und den Vertrieb von Stein- und Braunkohle erzielt werden darf).
  • Zusätzlich muss eine „bedeutende“ Anlage in nachhaltige Investitionen getätigt werden (in der Leitlinie „meaningful“). Was als „bedeutend“ gilt, formuliert die Aufsicht nicht konkret.

Fondsnamen mit Bezug zu „Übergang“ (Transition):

  • 80 Prozent des Portfolios müssen nach einer klaren Übergangsstrategie angelegt sein.
  • Die Fonds müssen die CTB-Ausschlüsse (Climate Transition Benchmarks) berücksichtigen. Beispiele hierfür sind absolute Ausschlüsse wie der Anbau und die Produktion von Tabak oder Aktivitäten im Zusammenhang mit geächteten Waffen.
  • Die Anlagen innerhalb dieser 80-Prozent-Quote müssen sich auf einem klaren und messbaren Pfad zum ökologischen oder sozialen Wandel befinden.
  • Bei der Kombination weiterer Begriffe mit dem Schlüsselwort „Transition“ (oft auch als „Transformation“ bezeichnet) gelten übergangsbezogene Anforderungen, jedoch nicht für den Begriff „sustainable“ (nachhaltig). Ein Beispiel hierfür wäre, und das ist ein fiktives Beispiel, ein Fonds mit dem Namen „Social Transformation Funds“.

Fondsnamen mit dem Wort „Impact“:

  • 80 Prozent des Portfolios muss positive und messbare ökologische oder soziale Wirkungen erzielen.
  • Die Auswirkungen der Investitionen auf die Umwelt oder die Gesellschaft müssen klar messbar sein, um sicherzustellen, dass der Fondsname den formulierten Zielen entspricht.

Nachhaltige Investments: Was gilt als „bedeutsam“?

Die neuen Leitlinien der ESMA stellen einen wichtigen Schritt zur Erhöhung der Transparenz und Vertrauenswürdigkeit von Fonds dar. Für Asset Manager entstehen bei ihrer Umsetzung einige Herausforderungen. Hervorzuheben ist vor allem die Anforderung bei nachhaltigkeitsbezogenen Fondsnamen, dass das Investment „bedeutend“ nachhaltig sein muss.

Die Definition dessen, was als bedeutend genug gilt, um die Bezeichnung ESG oder nachhaltig zu rechtfertigen, bleibt im Wortlaut der Leitlinie vage. Zudem herrscht innerhalb der Branche weitgehende Methodenfreiheit zur Berechnung der Nachhaltigkeitsquote.

Das kann dazu führen, dass Asset Manager verschiedene Ansätze zur Berechnung wählen, was folglich die Vergleichbarkeit und Konsistenz erschwert. Diese Unklarheiten könnten potenziell zu Schwierigkeiten bei der Einhaltung der Leitlinien führen. Deshalb bedarf es einer sorgfältigen Überprüfung und Anpassung der Methoden zur Benennung der Fondsnamen seitens der Asset Manager.

BaFin am Zug – enger Zeitrahmen für die Umsetzung

Veröffentlicht wurde der finale Bericht mit den Leitlinien zu Fondsnamen im EU-Amtsblatt am 14. Mai 2024. Aktuell werden die Leitlinien in alle EU-Sprachen übersetzt und anschließend auf der Website der ESMA veröffentlicht. Nach einer Übergangsfrist von drei Monaten sind sie auf neu aufgelegte Fonds anzuwenden. Bestehenden Fonds bleiben dann weitere sechs Monate Zeit, um entsprechende Anpassungen vorzunehmen.

Nach der Veröffentlichung der ESMA-Leitlinien in den jeweiligen Landessprachen bleiben den nationalen Aufsichtsbehörden zwei Monate Zeit, um der ESMA mitzuteilen, ob sie die Leitlinien vollständig oder teilweise anwenden werden. Die Frist zur Umsetzung der nationalen Vorgaben könnte für Asset Manager sehr knapp werden.

Sollten sie die volle Zwei-Monats-Frist ausschöpfen, bleibt Asset Managern möglicherweise nur ein Monat zur Umsetzung der nationalen Vorgaben. Es ist daher entscheidend, dass die BaFin zügig handelt und klare Leitlinien vorgibt, um den Fondsmanagern ausreichend Zeit zur Anpassung zu ermöglichen.

Umsetzung der Anforderungen: Sechs konkrete Schritte für Asset Manager

Asset Manager sollten die verbleibende Zeit effektiv nutzen, um sich gründlich auf die bevorstehenden Änderungen und die Umsetzung der Vorgaben vorzubereiten. Folgende konkrete Schritte sind ratsam:

  • Analyse der Betroffenheit: Überprüfen Sie als Asset Manager, welche Ihrer Fonds von den neuen Leitlinien betroffen sind, und entscheiden Sie über das weitere Vorgehen für jedes Produkt individuell.
  • Kommunikation: Informieren Sie Investoren und andere Stakeholder über die geplanten Anpassungen und Maßnahmen.
  • Integration der PAB/CTB-Ausschlusskriterien: Wenn ein Fonds einen nachhaltigen Namen behalten soll, müssen die PAB- oder CTB-Ausschlusskriterien in den Investmentprozess integriert werden, sofern noch nicht geschehen.
  • Anpassung der Fonds-Dokumente: Überarbeiten Sie die rechtlichen Dokumente der Fonds, um sicherzustellen, dass diese den neuen Anforderungen entsprechen.
  • Erarbeiten einer Governance: Entwickeln Sie eine Governance, um bei Rückfragen von Aufsichtsbehörden eine klare und nachvollziehbare Dokumentation der Einhaltung der Leitlinien vorlegen zu können.
  • Erarbeiten eines Investmentprozesses für die Transformationskategorie: Sofern noch nicht vorhanden, entwickeln Sie einen Investmentprozess, der die Anforderungen der Übergangsstrategie erfüllt.

Mit den richtigen Fondsnamen die Integrität des Marktes wahren

Wichtig ist auch: Mit der neuen Leitlinie gibt es nun erstmals ein Rahmenwerk für Transformationsprodukte (Übergang/Transition), welches sicherstellen soll, dass die Benennung und die Kennzeichnung solcher Fonds angemessen und aussagekräftig sind. Asset Manager sind nun gefordert, ihre Fonds entsprechend anzupassen.

Grundsätzlich zielen die neuen ESMA-Leitlinien darauf ab, die Transparenz und Glaubwürdigkeit von Fonds zu erhöhen, die ESG- oder nachhaltigkeitsbezogene Begriffe in ihren Namen tragen. Das wird unserer Einschätzung nach nicht nur das Vertrauen der Investoren stärken, sondern auch die Asset-Management-Branche dazu animieren, höhere Standards in Bezug auf nachhaltige Investitionen zu erfüllen.

Für Asset Manager bedeutet das, dass sie ihre Fondsstrategie und die Asset-Allokation sorgfältig überprüfen müssen, um sicherzustellen, dass sie die neuen Anforderungen erfüllen. Diese Maßnahmen sind notwendig, um das Risiko von Greenwashing-Vorwürfen auf ein Mindestmaß zu begrenzen und die Integrität des Marktes für nachhaltige Investitionen zu wahren.

ESG

Environmental, Social, Governance: Der Megatrend ESG transformiert die Ökonomie fundamental. Das Ziel: nachhaltiges Wachstum bei gleichzeitigem Fokus auf eine umweltgerechte, sozialverträgliche und ethisch einwandfreie Entwicklung weltweit. Dieses Streben nach einem ressourcenschonenden und damit langfristig zukunftsfähigen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell hat diverse Folgen für Unternehmen. Alle Hintergründe zum Thema ESG erfahren Sie in diesem Themenschwerpunkt.

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