Regulierung von Versicherern als Hebel für den Klimawandel
Klima: Regulierung von Versicherern
Branche soll Klimarisiken in Risiko- und Solvabilitätsbeurteilungen berücksichtigen
Versicherer spielen eine entscheidende Rolle im weltweiten Kampf gegen den Klimawandel: Das haben auch die Regulierungsbehörden erkannt und verlangen, dass Versicherer Szenarioanalysen vornehmen und Klimarisiken in ihren eigenen Risiko- und Solvabilitätsbeurteilungen berücksichtigen.
Versicherer regulieren Schäden, die durch extreme Wetterereignisse verursacht sind. Sie investieren langfristig in die Infrastruktur, um den Klimawandel aufzuhalten. Und ihr Fachwissen im Bereich Risikomanagement kann Regierungen, Unternehmen und Gemeinden dabei helfen, ihre Widerstandsfähigkeit zu verbessern. Deshalb können Versicherungen mit Blick auf eine nachhaltige Zukunft viel bewirken.
Umgekehrt stellen der Klimawandel und seine Folgen auch Versicherer vor große Herausforderungen und ein erhöhtes finanzielles Risiko. Häufigere und extremere Wetterereignisse können zu höheren Schäden führen und den Wert beispielsweise von Immobilieninvestitionen verringern. Der Übergang zu einer Net Zero-Zukunft hat Auswirkungen auf die Kunden der Versicherer, insbesondere auf Unternehmen, die in kohlenstoffintensiven Sektoren tätig sind und entweder nicht in der Lage oder nicht willens sind, robuste Pläne für den Übergang zu einem Netto-Null-Energieverbrauch zu entwickeln.
In dem Maße, in dem umweltfreundlichere Technologien günstiger werden und Regierungen weitere politische Maßnahmen einführen, beginnen sich Übergangsrisiken in den anlage- und versicherungstechnischen Portfolios der Versicherungsunternehmen zu materialisieren. Gleichzeitig gibt es für die Branche Möglichkeiten, den Übergang zu unterstützen, indem sie beispielsweise ihre Produkte auf die Entwicklung neuer Technologien zuschneidet und die Versicherungsprämien differenziert, um Anreize für ein energieeffizienteres Verhalten zu schaffen.
Die IAIS gibt weltweit den Ton an
Die IAIS (International Association of Insurance Supervisors) hat Szenarien entwickelt, um die Auswirkungen des Klimawandels auf die Branche vorausschauend zu bewerten. Der durchgeführte Global Insurance Market Report zeigt unter anderem die Vorteile eines geordneten Übergangs zu international vereinbarten Klimazielen: Das verfügbare Kapital der Versicherer würde bei einem geordneten Übergang zu international vereinbarten Klimazielen um etwa sieben bis acht Prozent ihres erforderlichen Kapitals sinken. Dieser Rückgang erhöht sich auf über 14 Prozent bei einem ungeordneten Übergangsszenario und auf fast 50 Prozent bei einem sogenannten „Too little, too late“-Szenario“.
Weiter bekräftigt die IAIS die Empfehlungen aus dem IAIS/SIF (Sustainable Finance Forum) 2021 Application Paper:
- Die Aufsichtsbehörden sollten die Relevanz der klimabezogenen Risiken für ihre Aufsichtsziele bewerten. Sie sollten quantitative und qualitative Informationen über die Exponierung des Versicherungssektors gegenüber physischen Risiken, Übergangsrisiken und Haftungsrisiken des Klimawandels und deren Management sammeln.
- Klimabezogene Risiken sollten in die eigenen Risiko- und Solvabilitätsbeurteilungen der Versicherer einbezogen werden. Es wird erwartet, dass die Versicherer geeignete Risikomanagementmaßnahmen ergreifen, um die festgestellten Risiken zu minimieren.
- Die Versicherer sollten die Auswirkungen der physischen Risiken und der Übergangsrisiken auf ihr Anlageportfolio sowie auf ihr Asset Liability Management bewerten. Eine vorausschauende Sichtweise, einschließlich der Verwendung von Szenarien, kann die Versicherer dabei unterstützen, ein besseres Verständnis über die Risiken zu erlangen.
Die EIOPA konzentriert sich auf die unternehmenseigene Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung (ORSA)
Die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) erwartet von den nationalen Aufsichtsbehörden, dass sie im Rahmen ihrer aufsichtlichen Überprüfung qualitative und quantitative Daten erheben, um die kurz- und langfristigen Risiken des Klimawandels besser einschätzen zu können sowie eine Klimawandel-Szenarioanalyse im Rahmen der Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung (ORSA) von Versicherern.
Derzeit bewertet nur eine Minderheit der Versicherer die Risiken des Klimawandels im Rahmen der ORSA, in der Regel beschränkt auf einen kurzfristigen Zeithorizont. Ein vorausschauendes Management dieser Risiken ist laut EIOPA unerlässlich, um die langfristige Solvenz und Lebensfähigkeit der Branche zu gewährleisten. Die EIOPA erwartet von den Versicherern, dass sie die Szenarioanalysen weiter verfeinern und dabei den Umfang, die Art und die Komplexität ihrer Risiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel berücksichtigen.
Indem Vorschriften zur Berücksichtigung von Klimarisiken bereits in die Geschäftsorganisation von Versicherungsunternehmen integriert werden, kann ein positiver Beitrag zum Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft geleistet werden. Versicherer können in ihrer Rolle als Investoren und Risikomanager diesen Übergang erleichtern.