So setzen Finanzunternehmen erfolgreich ein Zielbild für DLT um

So setzen Finanzunternehmen erfolgreich ein Zielbild für DLT um

Vor der Einführung der Distributed-Ledger-Technologie sind mehrere Fragen zu beantworten.

Keyfacts:

  • Banken bauen zunehmend Infrastrukturen auf der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) auf.
  • Um die Technologie und neue Produkte im Unternehmen gut umzusetzen, benötigen die Institute ein Zielbild – dieses ist unverzichtbar für die strategische Ausrichtung und Planung im Unternehmen.
  • Gleichzeitig sind mehrere zentrale Fragen zur künftigen Rolle im Ökosystem zu beantworten.

Es mehren sich die Stimmen, dass die Blockchain die Geldanlage ähnlich stark verändern könnte wie einst die Erfindung der Aktie. Banken in Deutschland bauen zunehmend Infrastrukturen auf der Basis der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) auf. Hier auf unserem Blog haben wir jüngst die Chancen der Blockchain für das Kapitalmarktgeschäft beschrieben.

Der erste Schritt auf dem Weg, die Möglichkeiten der Blockchain-Technologie effizient zu nutzen, ist das Entwerfen eines Zielbilds. Das Zielbild dient dazu, die DLT in der Bank umzusetzen. Es ist ein unverzichtbares Instrument zur strategischen Ausrichtung und Planung eines Unternehmens.

Dabei ist zu beachten, dass ein Zielbild nicht mit einer Strategie oder einem Betriebsmodell gleichzusetzen ist – es beinhaltet vielmehr viele unterschiedliche Bausteine.

Die Bausteine eines Zielbildes im digitalen Zeitalter

Ein Zielbild umfasst verschiedene Bausteine, die zusammengenommen ein klares Vorgehen für die Zukunft definieren. Dazu gehören:

1. Vision und Strategie: Als erstes gilt es, übergreifende Leitplanken zu setzen, die als Orientierung für alle weiteren Schritte dienen. Eine Produkt- und Kundenstrategie sollte die relevanten Anwendungsfälle und potenzielle Kunden definieren.

2. Value Proposition: Sie greift die wesentlichen Werttreiber auf und verbindet sie mit dem Ertragsmodell des Unternehmens. So lässt sich das mögliche Ertragspotenzial ableiten. Darüber hinaus werden die Basis-Features, also die grundlegenden Komponenten für digitale Assets, die Use-Case-übergreifend und unabhängig von einzelnen Produkten sind, bestimmt.

3. Betriebsmodell: Das Betriebsmodell umfasst das Aufstellen eines Service-Katalogs und die Ausdifferenzierung der Basis-Features. Außerdem sollten Standardprozesse definiert und produktunabhängige Prozessschritte festgelegt werden.

4. Technologie und Infrastruktur: In einem Überblick über die System- und Applikationslandschaft des Unternehmens sollten die Schnittstellen (Applikation/Anbieter) und Datenflüsse festgehalten werden. Die Anbindung der Prozesse an die praktischen Anwendungsfälle und deren Einbettung in die bestehende technologische Infrastruktur werden ebenfalls betrachtet.

5. Rechtsrahmen und Aufsichtsanforderungen: Die aufsichtsrechtlichen Anforderungen der einzelnen Use Cases werden identifiziert und berücksichtigt. Interne und Compliance-Anforderungen sowie kapitalmarktrechtliche und sonstige Rechtsfragen werden ebenfalls in diesem Abschnitt behandelt.

6. Governance und Kompetenzen: Unter dieser Überschrift werden Gremien eingerichtet und Zusammenarbeitsmodelle mit Partnern festgelegt. Es wird die Aufbauorganisation aufgestellt und verankert sowie ein Produktmanagement aufgesetzt. Außerdem sollte aufgelistet werden, welche Kompetenzen das Unternehmen für Erfolg in seinem neuen Markt benötigt.

Erfolgskritische Faktoren: Von Kosten des Parallelbetriebs bis zur Rolle im Ökosystem

Ein solches Zielbild ist in sich schlüssig und deckt alle wesentlichen Facetten für unternehmerischen Erfolg ab. Für einen Eintritt in den Markt DLT-basierter Produkte sollten Verantwortliche aber noch folgende kritische Erfolgsfaktoren beleuchten:

1. Übergangsweise Koexistenz einer traditionellen und digitalen Wertschöpfungskette

Der Übergang in einen digitalen Kapitalmarkt erfordert zumindest vorübergehend die Koexistenz traditioneller und digitaler Wertschöpfungsketten. Das führt zu doppelten Kosten und Investitionen, da beide Systeme parallel betrieben werden müssen.

Unvermeidbar ist daher eine gesamthafte Betrachtung des Business Case, um die finanziellen Auswirkungen zu bewerten und zu steuern. Eine mögliche Kostenbremse kann durch die Integration digitaler Wertschöpfungsketten in Legacy-Systeme und -Prozesse erreicht werden, sobald diese nicht mehr produktspezifisch sind.

Das erfordert aber eine sorgfältige Planung und Koordination, um sicherzustellen, dass die Integration reibungslos verläuft und keine Unterbrechungen im Betrieb verursacht. Zudem müssen die Mitarbeitenden geschult werden, um die neuen Prozesse und Systeme effizient nutzen zu können.

2. Das Definieren digitaler Produkte

Die Standardisierung und Modularisierung digitaler Produkte ist eine Voraussetzung für deren automatisierte Abwicklung. Das bietet sowohl der Bank als auch den Kunden Mehrwert durch Skalierbarkeit und die Vermeidung von Kannibalisierung traditioneller Produkte. Eine gut durchdachte Produktstrategie ermöglicht es, digitale Produkte effizient zu entwickeln und zu verwalten, indem sie auf standardisierten Modulen basieren, die leicht angepasst und erweitert werden können.

Das fördert die Innovation und ermöglicht es der Bank, schnell auf Marktveränderungen zu reagieren. Zudem gewährleistet die Standardisierung Rechtssicherheit: Eine Standardisierung stellt sicher, dass alle Produkte den regulatorischen Anforderungen entsprechen. Die Produktstrategie sollte auch die Integration von Kundenfeedback und Marktanalysen beinhalten – für kontinuierliche Verbesserungen und Anpassungen.

3. Risiken abschätzen und begrenzen

Marktrisiken entstehen durch mangelnde Transparenz über Kurse und fehlende Liquidität im Krisenfall. Diese Risiken können durch den Einsatz fortschrittlicher Analysetools und -techniken gemindert werden, denn die Tools ermöglichen eine bessere Marktüberwachung und -prognose.

Zu den IT-Risiken gehören Hacking und Betrug sowie Fehler im Code – sie müssen durch robuste Sicherheitsmaßnahmen wie Verschlüsselung, Multi-Faktor-Authentifizierung und regelmäßige Sicherheitsüberprüfungen minimiert werden.

Kontinuierliche Überwachung und schnelle Reaktionsmechanismen sind entscheidend, um potenzielle Bedrohungen frühzeitig zu erkennen und zu neutralisieren. Darüber hinaus sollten Notfallpläne und Wiederherstellungsstrategien entwickelt werden, um bei Sicherheitsvorfällen schnell und effektiv reagieren zu können.

4. Sourcing: Make or Buy

Die Entscheidung, die notwendige technologische Lösung selbst zu designen oder einzukaufen (auch ‚Make or Buy‘ genannt), wird künftig auch die Dimension „spezifisches Know-how“ beinhalten. Sicherheit der Daten und Prozesse sowie die Gefahr der Abhängigkeit von externen Anbietern sind zentrale Aspekte, die berücksichtigt werden müssen.

Unsicherheiten in Bezug auf Standards und technologische Entwicklungen können durch Outsourcing an spezialisierte Anbieter gemindert werden, die über das notwendige Fachwissen und die Ressourcen verfügen, um diese Herausforderungen zu bewältigen. Gleichzeitig muss die Bank sicherstellen, dass sie die Kontrolle über kritische Prozesse behält und nicht in eine ungewollte Abhängigkeit gerät.

Eine sorgfältige Bewertung der Anbieter und klare vertragliche Festlegungen sind entscheidend, um die Qualität und Sicherheit der ausgelagerten Dienstleistungen zu gewährleisten.

5. Die eigene Rolle im digitalen Ökosystem festlegen

Die Positionierung der eigenen Marke und die Festlegung auf die angestrebte Rolle im digitalen Ökosystem sind wichtige Weichenstellungen beim Eintritt in den neuen Markt. Sie sollten begleitet sein von der Entscheidung, ob die Bank als Innovator, Follower oder Nischenanbieter agieren möchte.

Die Bank kann sich ganz allgemein als Crypto Opportunist (Spezialanbieter von ausgewählten Services), Digital Asset Bank, Digital Asset Safekeeper (Verwahrer von digitalen Assets) oder Wertpapierhaus 2.0 positionieren, je nach ihren strategischen Zielen und Marktchancen.

Die Rolle bestimmt, welche Investitionen zu tätigen und welche Partnerschaften zu identifizieren sind – das wiederum hilft dabei, die Marktposition zu stärken. Finanzinstitute können zum Beispiel eine der folgenden Rollen einnehmen:

  • Kryptoverwahrer (Sicherung von digitalen Assets und/oder DLT-Finanzinstrumenten)
  • Kryptowertpapierregisterführer (Verwaltung und Führung von Registern für digitale Assets)
  • digitaler Marktplatz (Bereitstellung einer Plattform für den Handel mit digitalen Assets)
  • Tokenizer (Umwandlung von physischen oder traditionellen Vermögenswerten in digitale Tokens)
  • DLT-Infrastrukturprovider (Bereitstellung der zugrunde liegenden DLT-Infrastruktur)

Eine Kombination der einzelnen Rollen ist ebenfalls möglich.

Ein gut durchdachtes und umfassendes Zielbild für die Umsetzung von DLT-basierten Produkten ermöglicht es Finanzinstituten, sich effektiv auf die Herausforderungen und Chancen des digitalen Kapitalmarktes vorzubereiten. Dies ermöglicht, strategische Ziele erfolgreich zu verfolgen und in dem neuen Markt Wettbewerbsvorteile und Wachstum zu erreichen.