Steigende Zinsen, höhere Volatilitäten

In turbulenten Zeiten Handelsrisiken in Banken effizient steuern

Keyfacts:

  • Die Marktbedingungen im Kapitalmarkt befinden sich aktuell im Umbruch: Steigende Zinsen, steigende Kreditspreads und höhere Volatilitäten führen zu neuen Herausforderungen in der Steuerung von Handelsrisiken.
  • Die Effekte sind vielfältig und wirken auf verschiedene Zielgrößen – etwa Ökonomie, Handelsrecht, regulatorisches Kapital und Refinanzierungskosten. Die gemeinsame Steuerung innerhalb der Bank wird komplexer.
  • Abhängig von der Zielgröße können jedoch effektive Maßnahmen ergriffen werden.

Nicht erst seit Ausbruch des Ukrainekriegs befindet sich der Kapitalmarkt in einem nachhaltigen Umbruch, der sich durch steigende Zinsen und Kreditspreads sowie höhere Volatilitäten auszeichnet. Zudem sind die Auswirkungen der Inflation direkt und indirekt spürbar.

Insgesamt führt diese unsichere Marktsituation zu massiven Herausforderungen in der Steuerung von Erträgen, Kosten und Risiken aus Handelsgeschäften. Insbesondere stehen dabei die folgenden Zielgrößen im Fokus:

  • Handelsrechtliches und ökonomisches Ergebnis
  • Ökonomische Handelsrisiken (Marktpreis- und Kontrahentenausfallrisiko)
  • Regulatorische Kapitalkosten (Marktpreis-, Kontrahenten- und CVA-Risiken)
  • Refinanzierungskosten (Variation & Initial Margin)

Die Wirkungsweisen dieser Größen gehen dabei ineinander über und sollten deshalb bei der Steuerung gesamtheitlich betrachtet werden.

Hohe Bedeutung der handelsrechtlichen Ergebnissteuerung

Die höheren Volatilitäten schlagen sich aktuell am prominentesten in deutlich größeren Schwankungsbreiten der ökonomischen und handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung (Profit and Loss, kurz: PnL) nieder. Aus unserer Sicht hat die handelsrechtliche Perspektive in der Risikosteuerung und -messung in der Vergangenheit an Bedeutung zugenommen und wird auch in Zukunft immer wichtiger.

Aus diesem Grund ist neben einer effektiven ökonomischen Steuerung eine klare Sicht auf die handelsrechtlichen PnL-Effekte notwendig, um sie aktiv steuern zu können. Hierfür ist zum Beispiel eine Überleitung der ökonomischen auf die handelsrechtliche PnL erforderlich. Insbesondere in Zeiten von hohen Marktvolatilitäten divergieren diese teils stark, zum Beispiel bedingt durch Hedge-Accounting-Effekte. Diese Überleitung stellt die meisten Institute unserer Erfahrung nach aktuell vor große Herausforderungen, da hierfür unterschiedliche Sichten, Daten, Systeme und Methoden verknüpft werden müssen und die technischen und prozessualen Voraussetzungen oft nicht gegeben sind.

Integration von Hedge Accounting in die handelsrechtliche PnL-Steuerung

Neben der Überleitung der verschiedenen PnL-Sichten ist eine Integration von Hedge Accounting in die handelsrechtliche PnL-Steuerung zentral. Das hat sich nicht zuletzt in den letzten Monaten hoher Marktvolatilität gezeigt: Die handelsrechtliche PnL war starken Volatilitäten durch Accounting-Missmatches und ungenutzte Potenziale im Hedge Accounting ausgesetzt.

Ein weiterer relevanter Treiber der PnL sind Schwankungen, die aus Fair Value Adjustments (XVA) wie Credit Valuation Adjustments (CVA) und Funding Valuation Adjustment (FVA) resultieren, da mit steigenden Zinsen im Allgemeinen auch die Exposures aus dem Kontrahentenausfallrisiko ansteigen und dieser Effekt durch höhere und volatilere Kredit- oder Refinanzierungsspreads verstärkt wird.

Um diese Effekte abzuschwächen, sind ein konsequentes Portfoliomanagement (zum Beispiel Optimierung der Besicherungen und Netting-Vereinbarungen, Vermeidung der Portfoliodirektionalität) zur Reduktion des Exposures, ein aktives Hedging des XVA-Risikos und methodische Optimierungen (zum Beispiel in der Berechnung des Exposures und der Ausfallwahrscheinlichkeiten) aus unserer Projekterfahrung zielführend.

Risikotreiber regelmäßig analysieren

Generell ist es aber notwendig, die PnL-Risikotreiber regelmäßig (möglichst automatisiert) detailliert zu analysieren, um die richtigen Stellschrauben in der Steuerung zu identifizieren. Wichtig ist dabei auch die Durchführung von aussagekräftigen Szenario-Rechnungen bzw. Stresstests, um Auswirkungen bei weiteren Marktverwerfungen analysieren und entsprechend antizipieren zu können. Auch hier sind, unserer Meinung nach, die notwendigen technischen Voraussetzungen an vielen Stellen noch zu schaffen.

Höhere regulatorische Kapitalkosten erfordern Gegenmaßnahmen

Die höheren ökonomischen und handelsrechtlichen Risiken wirken sich jedoch nicht nur auf die handelsrechtliche PnL aus, sondern bewirken meist auch höhere Kapitalkosten für Marktpreis-, Kontrahentenausfall- und CVA-Risiken.

Im regulatorischen Umfeld sind methodische Änderungen durch die aufsichtlichen Vorgaben jedoch nur eingeschränkt bzw. nur verbunden mit hohem Aufwand möglich. Daher sind aus unserer Sicht analog zur ökonomischen Steuerung Portfoliooptimierungen und aktives Hedging zielführend.

Hierbei ist jedoch darauf zu achten, dass Maßnahmen, die in der ökonomischen Sicht risikomindernd wirken, in der regulatorischen Sicht nicht ungewollt risikoerhöhend wirken. Ein prominentes Beispiel ist das Hedging von XVA-Marktpreisrisiken in der ökonomischen Sicht ohne Berücksichtigung des XVA-Risikos in der regulatorischen Rechnung.

Daten effektiv managen

Eine weitere wichtige Stellschraube ist unserer Erfahrung nach ein effektives und konsequentes Datenmanagement, um falsche Berechnungen der Kapitalanforderungen durch fehlerhafte oder fehlende Daten zu vermeiden.

Eine weitere Besonderheit ist, dass sich auch die regulatorischen Anforderungen für Handelsrisiken ändern. So werden die regulatorischen Vorgaben für Marktpreisrisiken (FRTB) und CVA-Risiken in den kommenden Jahren (bis voraussichtlich 2025) umfangreich geändert. Daher sind bei Analysen und methodischen Änderungen auch jeweils die Auswirkungen auf die neuen regulatorischen Anforderungen zu prüfen. Gegebenenfalls muss genau analysiert werden, ob die Umsetzungskosten im aktuellen Marktumfeld den nur für wenige Jahre wirkenden Kapitaleinsparungen angemessen sind.

Steigende Refinanzierungskosten als weitere Herausforderung

Neben den Kapitalkosten ist der Anstieg der Refinanzierungskosten im Derivatehandel ein weiterer wesentlicher Kostentreiber, welcher durch steigende Volatilitäten hervorgerufen wird. Grund dafür ist der – teilweise verpflichtende – Austausch sogenannter Initial Margins, um Kontrahentenausfallrisiken abzumildern. Die Volatilitäten gehen in die Berechnung der Initial Margins ein, weshalb steigende Volatilitäten direkt höhere Initial Margins und damit höhere Kosten implizieren.

Nicht nur beim Austausch der Initial- sondern auch bei der Variation Margin sind Änderungen im Markt zu beobachten, die in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen werden. Bedingt durch die hohen Volatilitäten sind insbesondere Unternehmen und Fonds gezwungen, schnell hohe Beträge an Sicherheiten zu stellen. Da sie diese Beträge selten durch Barsicherheiten abdecken können, sind sie zunehmend dazu gezwungen, Wertpapiere als Sicherheiten zu akzeptieren. Methodisch führt das zu größeren Herausforderungen in der Risikorechnung und Bewertung und auch regulatorisch besteht eine verminderte Anrechenbarkeit im Vergleich zu Barsicherheiten. Und das führt wiederrum zu höheren Kapitalkosten. Auch hier sind die höheren Kosten im Pricing zu berücksichtigen.

In volatilen Märkten sind Maßnahmen zu ergreifen

Zusammengefasst sind aus unserer Sicht folgende Aspekte wesentliche Ansatzpunkte, um in Zukunft in volatilen Märkten erfolgreich Handelsrisiken steuern zu können:

  • Verstärkte integrierte Sicht von handelsrechtlicher und ökonomischer PnL sowie von Risikogrößen, inkl. einer effizienten Überleitung der Sichten
  • Flexible und effiziente Stresstest- und Szenarioanalyse-Fähigkeit, um potenzielle Marktverwerfungen frühzeitig vorhersehen zu können
  • Konsequentes Datenmanagement, insbesondere für die regulatorischen Kapitalrechnungen
  • Regelmäßige Portfolioanalysen (zum Beispiel Optimierungen hinsichtlich Netting, Besicherung, Analyse der Direktionalität des Portfolios), auch unter Berücksichtigung zukünftiger regulatorischer Anforderungen
  • Effiziente Tools für Ad-hoc- bzw. Intraday-Analysen und Szenario-Rechnungen, um schnell auf Marktbewegungen reagieren zu können
  • Konsequentes Pricing von neuen Kostenkomponenten, sofern das möglich ist, zum Beispiel. bei gestiegenen Funding- und Kapitalkosten
  • Gesamtheitliche Sicht der Risiken und Effekte auf alle wesentlichen Komponenten, nicht nur isoliert auf einzelne ökonomische, regulatorische oder handelsrechtliche Risikokennziffern
  • Punktuelle und zielgerichtete methodische Weiterentwicklung der Risikomessverfahren