Bedeutung der Biodiversität für Banken und Finanzdienstleister

Bedeutung der Biodiversität für Banken

Viele Geschäftsmodelle brauchen Artenvielfalt – geht sie zurück, trifft das auch Banken.

Keyfacts:

  • Von der COP 16 zur Biodiversität in Kolumbien sind wichtige Weichenstellungen zu erwarten.
  • Denn weltweit geht die Artenvielfalt seit Jahren zurück.
  • Unser FAQ zur Biodiversität zeigt, warum auch die Finanzindustrie davon betroffen ist.

    Die Augen von allen, die sich näher mit Nachhaltigkeit und Artenvielfalt befassen, richten sich in diesen Tagen nach Kolumbien. Denn es wird mit Spannung erwartet, welche Ergebnisse die 16. United Nations Biodiversity Conference – auch Weltbiodiversitätskonferenz oder COP genannt – in Cali im Westen des Landes bringt.

    Sie ist die erste Zusammenkunft im Rahmen der Convention on Biological Diversity (CBD) seit der Verabschiedung des Kunming-Montreal Global Biodiversity Frameworks (GBF) Ende 2022. In ihrem Mittelpunkt steht die Auseinandersetzung mit internationalen Fortschritten auf dem Weg zu den Zielen des GBF.

    Was hier diskutiert wird und welche Ergebnisse auf der COP 16 erzielt werden, ist somit von entscheidender Bedeutung für die weitere Umsetzung der globalen Anstrengungen zum Schutz der Biodiversität – ein Thema, das auch die Finanzindustrie direkt betrifft.

    Was ist Biodiversität und wie ist die Finanzindustrie davon betroffen?

    Das Ausmaß und die Geschwindigkeit, mit der die biologische Vielfalt der Erde aufgrund menschengemachter Umstände verloren geht, haben in den letzten Jahren dramatisch zugenommen – mit drastischen Folgen für unseren Planeten und unser Wirtschaftssystem.

    Laut dem Weltwirtschaftsforum hängt mehr als die Hälfte der globalen Wirtschaftsleistung direkt von Biodiversität und der Bereitstellung von Ökosystemleistungen ab. Der Verlust von Biodiversität stellt somit eine erhebliche Gefahr für die Wertschöpfung in zahlreichen Wirtschaftssektoren und Branchen dar. Als Kreditgeber und Anbieter vieler weiterer Dienstleistungen müssen Banken und andere Finanzinstitute die Risiken dieser Entwicklung berücksichtigen.

    Einfach erklärt: Was bedeutet Biodiversität?

    Eine international gültige und anerkannte Definition von Biodiversität hat das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention in biological diversity, CBD) im Jahr 1992 in Rio de Janeiro festgehalten. Das CBD ist ein internationales Abkommen, das die meisten Länder der Welt unterzeichnet haben.

    Demnach bezeichnet Biodiversität, auch biologische Vielfalt genannt, die Vielfalt unterschiedlichster Lebensformen bzw. Arten, der Ökosysteme, in denen diese leben, sowie ihre genetische Vielfalt untereinander. Biodiversität liefert vielfältige Ökosystemleistungen, auch Ökosystemdienstleistungen genannt, von denen der Mensch profitiert, wie zum Beispiel das Bereitstellen natürlicher Ressourcen.

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    Gründe für den Verlust der Biodiversität

    In den vergangenen Jahrzehnten ist weltweit Biodiversität verloren gegangen – zum Teil unumkehrbar. Insbesondere in den letzten Jahren hat die Dynamik des Biodiversitätsverlusts dramatische Formen angenommen. Laut der Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES) – einem wissenschaftlichen Beratungsgremium der Vereinten Nationen – sind schätzungsweise eine Million Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht.

    Aufgrund mehrerer Entwicklungen gerät die biologische Vielfalt unter Druck. Dazu gehören zum Beispiel die Ressourcennutzung, demografische Entwicklungen oder auch Konflikte und Epidemien. IPBES weist 90 Prozent des Biodiversitätsverlusts als menschengemacht aus. Insbesondere fünf direkte Auslöser führen demnach zum weltweiten Artensterben:

    • Landnutzungswandel
    • Übernutzung natürlicher Ressourcen
    • Klimaerwärmung
    • Umweltverschmutzung
    • Ausbreitung invasiver Arten

    Wie können Unternehmen vom Verlust der Biodiversität betroffen sein?

    Grundsätzlich können Unternehmen auf zwei Arten vom Thema Biodiversität betroffen sein:

    1. Wenn im Rahmen der eigenen Geschäftstätigkeit umweltschädliche Schadstoffe entstehen (Inside-out-Ansatz).
    2. Wenn das Auftreten invasiver Arten die eigene Geschäftstätigkeit erschwert (Outside-in-Ansatz).
      Gut zu wissen: Tier- oder Pflanzenarten gelten als invasiv, wenn sie gebietsfremd sind und unerwünschte Auswirkungen auf andere Arten, Lebensgemeinschaften, Biotope oder – im speziellen Fall – auf Unternehmen haben.

    Entsprechend begegnen Unternehmen analog zur Klimathematik physischen und transitorischen Risiken. Abhängigkeiten von Ökosystemleistungen stellen physische Risiken dar (Outside-in). Von transitorischen Risiken ist die Rede, wenn sich Unternehmen zum Beispiel an striktere Umweltschutzmaßnahmen halten müssen.

    Diese treffen insbesondere Branchen und Sektoren, die einen höheren negativen Einfluss auf Biodiversität haben (Inside-out). Branchen mit einer erhöhten Abhängigkeit von sowie erhöhter Wirkung auf die Biodiversität sind unter anderem die Land- und Forstwirtschaft, die Fischerei, der Bergbau sowie das verarbeitende Gewerbe.

    Die Lage ist ernst: Das Weltwirtschaftsforum weist den Biodiversitätsverlust und den Zusammenbruch von Ökosystemen auf Zehnjahressicht als drittgrößten Risikofaktor für die Weltwirtschaft aus. Der Grund dafür liegt unter anderem in der branchenübergreifenden Abhängigkeit von Ökosystemleistungen: Für mehr als die Hälfte des globalen Bruttoinlandsprodukts kann eine moderate bis starke Abhängigkeit festgestellt werden.

    Die Europäische Zentralbank (EZB) weist sogar für fast drei Viertel der Unternehmen im Euroraum hohe Abhängigkeiten an Ökosystemleistungen aus und verweist in dem Zusammenhang auf die kritischen Folgen des fortschreitenden Biodiversitätsverlustes.

    Welche Folgen hat der Verlust der Biodiversität für Banken und Finanzinstitute?

    Im Vergleich zu Fischerei oder Land- und Forstwirtschaft hat die Finanzindustrie keine derartig hohen direkten Abhängigkeiten. Dennoch ist der Biodiversitätsverlust auch für Finanzinstitute relevant und rückt immer stärker in den Mittelpunkt der Betrachtung.

    So werden Risiken ihrer Geschäftspartner, zum Beispiel ihrer Kreditnehmer, auf Finanzinstitute transponiert. Das bedeutet, dass beispielsweise die Gefährdung etablierter Geschäftsmodelle der Realwirtschaft, hervorgerufen durch den Verlust natürlicher Ökosystemleistungen, wiederum in erhöhten Ausfallrisiken für die Finanzwirtschaft resultiert.

    Das Befassen mit Biodiversität und Ökosystemleistungen wird von Banken als Kapitalgeber also mittlerweile erwartet. Zuletzt erneuerte die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Forderung nach der Berücksichtigung naturbezogener Risiken insbesondere für den Finanzsektor.

    Biodiversität: Regulatorischer Druck auf Banken und Co. nimmt zu

    Der regulatorische Druck mit Blick auf Biodiversität steigt: Nachschärfungen bestehender Regularien, etwa zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, und wachsende aufsichtsrechtliche Anforderungen im Umgang mit Biodiversitätsrisiken führen zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit dem Thema.

    Vor dem Hintergrund der dargestellten Entwicklungen liegt die Beschäftigung mit Wechselwirkungen zum Biodiversitätsverlust im eigenen Portfolio im Eigeninteresse eines Finanzinstituts.

    Das Thema Biodiversität ist dabei komplex und vielschichtig. Ein grundlegendes Verständnis bildet den Ausgangspunkt für die erforderliche, tiefergehende Analyse, damit Finanzinstitute ihre Berührungspunkte und biodiversitätsbezogenen Risiken identifizieren und managen können.

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