Was bringt der neue Koalitionsvertrag für den Finanzsektor?

Koalition: Pläne für den Finanzsektor

Ein Blick auf ausgewählte Vereinbarungen von Union und SPD zu Finanzregulierung und mehr

Keyfacts:

  • Der Koalitionsvertrag von Union und SPD sieht auch Vereinbarungen und Absichtserklärungen für den Finanzsektor vor.
  • Ob Kapitalmarktregulierung, Bankenunion, Geldwäschebekämpfung oder Nachhaltigkeitspflichten: Zu zahlreichen Themen sind Neuerungen für Banken, Versicherungen und Wertpapierhäuser geplant.
  • Auch zur Finanzberatung und zum digitalen Euro finden sich Passagen im Dokument, ebenso wie zum Verbraucherschutz und zur Reform der Schuldenbremse.

Der Koalitionsvertrag für die 21. Legislaturperiode des Deutschen Bundestags liegt auf dem Tisch. Klare Verpflichtungen enthält er nicht, handelt es sich doch zunächst um Vereinbarungen zwischen den Unionsparteien CDU und CSU mit der SPD darüber, was sie gemeinsam umzusetzen gedenken.

Und doch betreffen zahlreiche Punkte in dem Dokument das Geschäft von Banken, Versicherungen, Kapitalverwaltern und Wertpapierunternehmen. Wir sagen welche und analysieren, welche Auswirkungen sie nach einem Gesetzesbeschluss haben würden:

Geldwäschebekämpfung und Zollfahndung: Der Bund soll nach den Planungen im Koalitionsvertrag seine Kompetenzen im Kampf gegen Finanzkriminalität bündeln. Die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern, aber auch mit Organisationen wie der EU-Antigeldwäsche-Behörde AMLA soll besser werden.

Lücken im Transparenzregister sollen geschlossen und ein Vermögensermittlungsverfahren geschaffen werden – so sollen verdächtige Vermögen von erheblichem Wert sichergestellt werden können. Die Instrumente zur Vermögensentziehung sollen weiterentwickelt werden.

Reform der Schuldenbremse: Zur Modernisierung der Schuldenbremse mit dem Ziel zusätzlicher Investitionen soll eine Expertenkommission eingerichtet werden. Die entsprechende Gesetzgebung soll bis Ende dieses Jahres abgeschlossen sein. Unter anderem hat der Bundestag bereits 500 Milliarden Euro für Infrastrukturprojekte freigegeben. Große Finanzierungsprojekte sind im Markt also zu erwarten.

Bargeld und digitaler Euro: Bürgerinnen und Bürger sollen bei Bezahlvorgängen künftig zwischen Bargeld und mindestens einer digitalen Zahlungsoption wählen können. Das Bargeld soll grundsätzlich erhalten bleiben.

Bei den Plänen für den digitalen Euro fallen die Formulierungen ins Auge, die unterstreichen, dass ein digitaler Euro Mehrwert für Verbraucher, Händler, Banken und Unternehmen bieten, die Privatsphäre schützen und kostenfrei sein soll. Außerdem soll er die Finanzstabilität nicht gefährden. Damit bekennen sich die Koalitionäre zu einem rechtssicheren Rahmen und zu Planungssicherheit für die Marktteilnehmer.

New Ways – Das Banking Magazin: Das bedeutet der digitale Euro für die Banken

Der digitale Euro kommt. Noch in diesem Jahr soll die Entscheidung zu seiner Einführung fallen. Im „New Ways – Das Banking Magazin“ blicken wir unter anderem auf die Sicherheitsaspekte.

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Europäische Bankenunion: Ein schon lange diskutiertes Thema erhält im Koalitionsvertrag erneut Aufmerksamkeit: die Weiterentwicklung einer Banken- und Kapitalmarktunion und das Schaffen eines einheitlichen Finanzmarktes in Europa. Die Vorstellungen, wie die Ziele – Stärkung der Wachstumsfinanzierung, Spar- und Investitionsunion – zu erreichen sind, gehen aber zwischen den Parteien noch etwas auseinander.   

Kapitalmarktregulierung: Der Vertrag enthält auch ein ausdrückliches Bekenntnis zur Unterstützung einer einheitlichen europäischen Finanzregulierung. Dabei soll bewusst darauf verzichtet werden, dass die nationale Umsetzung der EU-Gesetzgebung mit weiteren Vorgaben angereichert wird (sogenanntes Gold Plating). Die Koalitionäre fordern einen regelmäßigen Bericht zum Vergleich der europäischen Finanzmarktregulierung mit den anderen Jurisdiktionen durch die EU-Kommission zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen.

Auf europäischer Ebene soll ein rechtssicherer und wettbewerbsfähiger Rahmen für Investitionen von Fonds in Infrastruktur und erneuerbare Energien im Kapitalmarktrecht entstehen. Die Rahmenbedingungen für Start-ups sollen verbessert und die Verfügbarkeit von Wagniskapital erhöht werden, etwa durch bessere Beteiligungsmöglichkeiten institutioneller Investoren.

Diese Maßnahmen würden das Umfeld für Gründungen und Investitionen in Europa gegenüber Großbritannien und den USA verbessern und regulatorische Lasten verringern.

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Regulierung Kryptowerte, grauer Kapitalmarkt und Schattenbanken: Mit Blick auf die genannten Produkte und Segmente soll die bestehende Regulierung auf Fehllagen überprüft und Lücken gegebenenfalls geschlossen werden. Hier wird es wichtig sein, Risiken für die Finanzstabilität außerhalb des regulierten Sektors konsequent zu adressieren. Bei Kryptowerten wird es auf Augenmaß ankommen, damit die Regulierung wohl gegen Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft abgewogen wird.

Absicherung und Vorsorge: Die bisherige Riester-Rente soll in ein neues Vorsorgeprodukt überführt werden, das keine zwingenden Garantien und geringere Verwaltungskosten vorsieht. Eine besondere Förderung von Beziehern geringerer Einkommen soll ebenso geprüft werden wie eine Ausweitung des Kreises der Förderberechtigten. Die betriebliche Altersversorgung soll verbessert und ein Altersvorsorgedepot eingerichtet werden.

Viele Details zur Umsetzung sind noch unklar, aber im Kern soll durch die Maßnahmen die Altersvorsorge für viele Menschen in Deutschland verbessert werden.

Basiskontenentgelte und Dispozinsen/Provisionen für Finanzberatung: Eine gute Nachricht für Makler und Finanzberater ist der grundsätzliche Erhalt der Möglichkeiten zur honorarbasierten Beratung auf der einen und zur provisionsbasierten auf der anderen Seite. Die Abkehr von einem Provisionsverbot, die auch auf EU-Ebene bereits stattgefunden hat, wird unterstrichen. Ferner sollen Fehlanreize in der Finanzberatung noch besser verhindert werden.

Bei den Themen Basiskostenentgelte und Dispozinsen sollten die Institute in den kommenden Monaten die politische Diskussion gut verfolgen. Denn zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher soll überprüft werden, ob Kostendeckel erforderlich sind oder ob an der bisherigen Rechtslage festgehalten wird.

Nachhaltigkeit und Bürokratieabbau: Ein zentraler Punkt im Koalitionsvertrag ist die perspektivische Abschaffung des nationalen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) und somit das Streichen der Berichtspflichten, die es vorsieht. Geregelt werden solche Aspekte künftig also allein durch die entsprechenden EU-weiten Richtlinien CSRD und CSDDD.

Gerade für die Finanzindustrie könnte sich der Wegfall von Lieferkettensorgfalts- und Transparenzpflichten in Sachen Bürokratieaufwand positiv auswirken (lesen Sie hier auch unseren aktuellen „Fahrplan zur ESG-Regulierung für Finanzunternehmen“). Ferner erwähnen die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag ausdrücklich ihre Unterstützung der geplanten Maßnahmen im Omnibus-Paket.