Wie Banken Microservices beim Thema Handelsrisiken nutzen können

Banken: Microservices und Cloud

Tägliche Probleme bei der Berechnung des Handelsrisikos können Microservices beheben.

Für eine Bank ist das Risiko im Handelsgeschäft eine grundlegende Kenngröße. Auf ihr basieren entscheidende Teile der Banksteuerung und sie ist damit ein wichtiger Aspekt, um die langfristige Stabilität des Instituts sicherzustellen. Hierfür berechnen Banken an jedem einzelnen Tag einen Gewinn und Verlust sowie verschiedene Risikokennzahlen für ihren gesamten Geschäftsbestand. In das Handelsrisiko fließen dabei in erster Linie Marktpreisrisiken und der mögliche Ausfall von Kontrahenten ein.

Das Risiko des Handelsgeschäfts einer Bank wird mit komplexen „Was-wäre-wenn-Modellen“ und statistischen Größen täglich ermittelt. Ziel ist dabei, gefährliche Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern. Allein beim Marktpreisrisiko sind es oft Hunderte von (Risiko-)Faktoren, deren Auswirkungen auf das Geschäft berechnet werden müssen. Die Vielfalt der Faktoren und Berechnungsdimensionen ergibt sich beispielsweise aus der großen Anzahl von Währungen, in welchen gehandelt wird, oder aus der Diversität und Komplexität der Produkte im Portfolio.

Warum Risikorechnungen in der Cloud ideal aufgehoben sind, die Cloud aber nicht alle Probleme löst

Mit der Anzahl der Risikofaktoren, der Komplexität der Produkte im Handelsbuch und der Bewertungsmethoden steigt die Zahl der Berechnungen und deren Aufwand exponentiell in die Höhe. So ist in den letzten Jahren die Anforderung an die Bewertung und somit an die Risikorechnung von Finanzprodukten deutlich gewachsen, wodurch unter anderem die Anzahl der Risikofaktoren für ein einzelnes Finanzprodukt um ein Vielfaches größer geworden ist.

Diese Entwicklung hat die Anforderungen an die IT deutlich erhöht. Die typische Arbeitslast, die mit den Berechnungen für das Handelsrisiko heute in einem Rechenzentrum erzeugt wird, ist durch extreme Schwankungen und sehr hohe Spitzen gekennzeichnet. Für eine bankeigene IT-Infrastruktur ist das denkbar ungeeignet: Wollte man die Spitzen auffangen, müssten die Kapazitäten in unwirtschaftliche Höhen ausgebaut werden. Hält man die Kapazitäten auf einem wirtschaftlich vertretbaren Niveau, können Engpässe entstehen, die unter Umständen zu einer Verzögerung der Berechnungen führen. Insbesondere in außergewöhnlichen Situationen, zum Beispiel bei Marktverwerfungen (wie aktuell durch Covid-19), im Rahmen von Stresstests oder bei Anfragen der Aufsicht, kann dies für eine Bank kritisch sein.

Aus diesem Grund ist das Handelsrisiko ein Paradebeispiel dafür, wie sinnvoll der Weg in die Cloud für eine Bank ist. Sie bietet für diese Arbeitslast optimale Rahmenbedingungen: Die Cloud ist elastisch und passt sich sehr gut an Schwankungen und Lastspitzen an. Da nur nach tatsächlich genutzten Kapazitäten abgerechnet wird, bleibt der Service wirtschaftlich attraktiv.

Die Nutzung der Cloud kann aber nur einen Teil der Herausforderung lösen, die bei der Messung der Handelsrisiken auftreten. Neben der Steigerung von Effizienz und Performance durch die Cloud sind weitere Themen von großer Bedeutung für eine effiziente Messung und Steuerung der Handelsrisiken:

  • Flexibilität bei methodischen und prozessualen Änderungen,
  • Fähigkeit von Ad-hoc-Analysen,
  • Verbesserung der Datenverfügbarkeit und -qualität,
  • Reduktion von methodischen Inkonsistenzen.

Motto für Microservices: „Mach nur eine Sache, aber mach sie gut

Microservices sind in diesem Kontext ein passender Ansatz, die vielfältigen Herausforderungen zu bewältigen. Anstelle eines großen, monolithischen Systems zur Berechnung des Handelsrisikos, lassen sich die Aufgaben in kleine, in sich abgeschlossene Teilbereiche (Microservices) aufgliedern. Bei der Anpassung eines Prozesses müssen zum Beispiel nur die jeweils betroffenen Microservices angepasst werden und nicht mehr das gesamte System. Kosten- und Zeitaufwand lassen sich so reduzieren bei gleichzeitiger Steigerung der Flexibilität.

An diesem Beispiel sind die Grundprinzipien einer Microservice-Architektur sehr gut darstellbar. Zu den wichtigsten zählen Isolation und Entkopplung. Das bedeutet, Prozesse werden fachlich in kleinstmögliche Einheiten zerlegt, gekapselt und isoliert. Die Prämisse lautet: Mach nur eine Sache, aber mach sie gut – und das so unabhängig wie möglich von externen Systemen, Services und Prozessen. Das Potenzial von Microservices ist dabei kaum zu überschätzen. Im Falle der Handelsrisiko-Berechnung bringen sie in erster Linie Flexibilität, fachliche Konsistenz und eine gesteigerte Performance und somit Kosteneinsparungen. Große Technologieunternehmen wie Amazon, Google und Netflix nutzen sie seit vielen Jahren, um darüber hinaus auch die Skalierbarkeit und Qualität ihrer Angebote zu optimieren.

Wichtige technische Komponenten im Team der Microservices sind neben der Cloud auch sogenannte Container sowie Kommunikationsschnittstellen zur Verständigung untereinander. Container liefern die technische Basis für die Abkapselung von Microservices, die Kommunikation ermöglicht sowohl die Entkopplung der einzelnen Microservices als auch einfache Parallelisierung. Beide Aspekte fördern die effiziente Nutzung der Cloud.

Microservices brauchen einen gesamtheitlichen Ansatz

Einer der größten Fehler bei der Entwicklung einer Microservices-Architektur ist eine zu starke Konzentration auf die technischen Aspekte. Stattdessen ist ein gesamtheitlicher Ansatz aus Technik, Fachlichkeit und Organisation erforderlich. Wenn ein Microservice ein unabhängiges, in sich abgeschlossenes und überschaubares fachliches Problem umfasst, ist es wichtig, dass Fachexperten, IT-Architekten und Entwickler bei der Definition und Weiterentwicklung der Microservices eng zusammenarbeiten. Microservices werden idealerweise von kleinen Teams agil entwickelt und auch betrieben.

Der Vorteil bei der agilen Einführung eines Microservice-Ansatzes ist es, dass die Umsetzung mit kleinen ausgewählten Services gestartet und sukzessive auf weitere Services ausgeweitet werden kann. Das reduziert die Komplexität und das Projektrisiko. Denn ein Scheitern, das bei großen, monolithischen Architekturen immer wie ein Damoklesschwert über dem Projekt hängt, ist in der Microservice-Welt kein Drama. Es ist eben nur ein „Micro-Scheitern“, das sich sehr schnell und ohne hohe Kosten in Erfolg verwandeln lässt.

Nutzen im Bereich Handelsrisiken ist täglich spürbar

Die Berechnung des Handelsrisikos ist – anders als zum Beispiel eine Bilanzerstellung – ein täglicher Prozess. Verbesserungen an dieser Stelle sind besonders effektiv, da sich ihr Wert jeden einzelnen Tag bezahlt macht und nicht nur einmal im Monat oder Jahr.

Das Handelsrisiko bildet auch einen lukrativen Einstiegspunkt für Banken, die erste Schritte in Richtung Microservices, Container und Cloud gehen wollen. Denn bei diesem in sich geschlossenen Thema ist es nicht erforderlich, sofort die gesamte IT-Infrastruktur und Bankenorganisation umzukrempeln. Natürlich gibt es in Banken viele weitere Bereiche, die sich ebenfalls als Einstieg in die Microservices-Welt eignen – die Möglichkeit der Bildung kleiner geschlossener Einheiten macht immerhin den Charme von Microservices aus. Aber bei kaum einem anderen Thema dürfte der Nutzen so groß sein wie beim Handelsrisiko.

Hier finden Sie die Studie „Microservices im Handelsrisiko für Finanzinstitute“.

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