Circular Business Model Transformation

Wettbewerbsfähig, nachhaltig, zirkulär

Ein kühles Getränk am weiten Sandstrand – für viele die Definition von Urlaub und Entspannung. Für zukünftige Generationen könnte sich genau das jedoch bald ändern. Strandsand ist nach Wasser der weltweit wichtigste Handelsrohstoff und wird unter anderem für die Produktion von Smartphones, Beton und Glas verwendet. Der hohe Verbrauch hat fatale Konsequenzen: bis zum Jahr 2100 könnten 50 Prozent aller Sandstrände weltweit verschwinden. Um das zu verhindern, hat sich eine Brauerei aus Neuseeland eine zirkuläre Lösung ausgedacht. Mithilfe eines eigens hergestellten Recycling-Apparats wird aus dem Glas von Bierflaschen Sand hergestellt, der in verschiedenen Industrien als sekundärer Rohstoff wiederverwendet werden kann. Die Flaschen enden durch diese neue Technologie nicht als Müll im Strandsand, sondern werden selbst zu Sand und an Stelle des Strandsands in den Materialkreislauf eingeschleust.

 

Circular Economy gewinnt immer mehr an Dynamik: Was bedeutet das für Unternehmen?

Die kreative Idee der neuseeländischen Brauerei ist ein gutes Beispiel für die Chancen, die sich durch die Circular Economy (CE) ergeben. Die Grundidee der CE ist simple: Ressourcen und Produkte werden weiter- und wiederverwendet und damit fortlaufend wertschöpfend eingesetzt. Im Gegensatz zu dem aktuell dominierenden, linearen Wirtschaftsmodell werden Abfälle reduziert, natürliche Ressourcen geschont und CO2-Emissionen verringert. Die CE hat in den letzten Jahren durch politische Regularien zur Erreichung von internationalen Klima- und Umweltzielen stark an Bedeutung gewonnen. Die Politik stellt die Rahmenbedingungen, Industrie und Wirtschaft müssen agieren. Dies baut hohen Druck auf Unternehmen auf, bietet andererseits aber auch enorme Chancen. Schon heute werden sich Unternehmen aller Sektoren und Branchen bewusst, dass sie innerhalb einer CE nicht nur einen Beitrag für die Umwelt leisten und dadurch Kunden einen nachhaltigen Mehrwert bieten, sondern durch Kostensenkungen und eine unabhängige Positionierung abseits von globalen Lieferketten auch Wettbewerbsvorteile genießen können. Obwohl die Grundprinzipien der CE einfach formuliert sind, ist die Implementierung eine komplexe Transformation. Eine zentrale Hürde ist, dass inkrementelle Veränderungen in einzelnen Abschnitten der Value Chain nicht ausreichen, um das volle Potenzial der CE auszunutzen. Stattdessen müssen zirkuläre Prinzipien tief in Strategie und Business Model verankert werden. Heute steht die CE noch am Anfang, aber Unternehmen, die zukunftsfähig bleiben wollen, müssen ihre Strategie neu ausrichten und vor allem netzwerk-übergreifend in das operative Geschäft überführen. Dazu müssen nachhaltige, innovative Geschäftsmodelle mit zukünftigen Partnern innerhalb der CE frühzeitig implementiert und so die Transformation zum Circular Business Model (CBM) angegangen werden. Andernfalls drohen Unternehmen durch die Circular Economy vom Markt verdrängt zu werden.

 

Welche Strategien für die CE gibt es? Was ist ein Business Model?

Wir bei KPMG haben für die Prinzipien der Circular Economy eine 7-R-Methodologie entwickelt, die Unternehmen dabei unterstützt, Strategien neu auszurichten: Reduce, Re-Design, Re-Use, Repair, Re-Manufacture, Recover & Recycling.

Abb. Integration der 7-R-Methodologie um ESG-Herausforderungen zu bewältigen

Basierend auf diesen 7-Rs sollten Unternehmen ihr Business Model transformieren. Um das Ausmaß einer Transformation zum CBM und potenzielle Herausforderungen einzuschätzen, ist es entscheidend, dass Unternehmen im ersten Schritt ihr bestehendes Business Model verstehen, definieren und transparent machen. Das Business Model kann als das Zusammenspiel zwischen Wertschöpfung, Wertangebot, Wertverteilung und Wertabschöpfung definiert werden. Alle vier Elemente zusammen beschreiben, wie das Unternehmen für sich selbst, Partner und Kunden Wert und Nutzen generiert.

Ein erfolgreiches Unternehmen muss klare Transparenz über alle Komponenten des Business Models schaffen und stetig kontrollieren, ob es zur Unternehmensstrategie passt, um langfristigen und nachhaltigen Erfolg zu erzielen.

Business Model Innovation: Circular Business Models

Das politische, soziale und wirtschaftliche Umdenken der letzten Jahre zeigt: Das wettbewerbsfähige Business Model der Zukunft muss nachhaltig gestaltet werden, das heißt fair, zirkulär und klimapositiv. Doch kann es Unternehmen gelingen, erfolgreich die komplexe Transformation zu einer nachhaltigen CE zu bewerkstelligen? Die Antwort: Business Model Innovation. Business Model Innovation umfasst sowohl die Transformation eines bestehenden bzw. die Implementierung eines neuen Business Models als auch die Anpassung und Ausrichtung einzelner Business-Model-Komponenten.

 

Circular Business Model Innovation betrifft sämtliche Komponenten des Unternehmens und die Neuausrichtung dieser aufeinander – sowie auf die des Unternehmensnetzwerks. Dafür gibt es verschiedenste Ansatzweisen. Um die Leistung zirkulär zu gestalten, liegt der Fokus auf der Neugestaltung der Produkte und Dienstleistungen (Re-Design). Neue Produktdesigns aus recycelten Materialien oder zur Wiederverwendbarkeit nach der Nutzung ermöglichen eine Transformation zum zirkulären Wertangebot (Recycle, Repair, Re-Manufacture und Re-Use). Durch Maßnahmen wie die Nutzung erneuerbarer Energien kann die Produktion umweltschonend und die Wertschöpfung insgesamt nachhaltiger gestaltet werden (Reduce). Im Umgang mit den Kunden und verschiedenen Märkten können langfristige Verträge mit Logistikpartnern geschlossen werden, um den Logistikprozess entsprechend der zirkulären Transformation zu gestalten. Eine wichtige Rolle dabei spielt Reverse Logistics, zu der Entsorgungs-, Sammlungs- und Retour-Prozesse zählen. Durch einen geregelten Rücknahmeprozess werden Umweltauswirkungen und der Bedarf an neuen Rohstoffen im Kreislauf minimiert, und die Belieferung mit Ausgangsmaterialien in der CE garantiert. Auch im Ertragsmodell lassen sich zirkuläre Aspekte verankern. Neue Systeme, wie das Leasing von Produkten mit anschließender Rücknahme, unterstützen die Rückgewinnung von materiellen Werten und können so zusätzlich Wert generieren. Unterstützt werden sollte eine derartige Transformation durch Digitalisierung und Automatisierung, Standardisierung und die Ausrichtung aller Partner im Netzwerk. Derartige Innovationen können Unternehmen dabei unterstützen, die Transformation von einem linearen Business Model zu einem CBM erfolgreich umzusetzen und ihr Business Model nachhaltig aufzustellen.

 

Fazit

Insbesondere die aktuellen Ereignisse rund um die Corona-Pandemie sowie internationale militärische Konflikte und die resultierenden Schwierigkeiten in Lieferketten, Konjunktur und Rohstoff-Preisen haben wiederholt gezeigt, wie wichtig es zukünftig ist, sich als Unternehmen unabhängig und nachhaltig zu positionieren. Die unvermeidbare Verbreitung der Prinzipien der Circular Economy gewinnt daher immer mehr an Dynamik. Unternehmen dürfen nicht verpassen, auf diesen Zug aufzuspringen, um weiterhin erfolgreich zu sein. Die neuseeländische Brauerei zeigt ein derartiges, kreatives und erfolgreiches Beispiel. Circular Business Models ermöglichen nicht nur Wettbewerbsvorteile und soziale Unabhängigkeit, sie schonen außerdem die Umwelt und sichern das Fortbestehen unseres Planeten, wie wir ihn kennen. Denn nicht nur der Sand an unseren Stränden kann durch die CE gerettet werden – auch der Skiurlaub in den Bergen, der Abenteuerurlaub in der unberührten Natur der Regenwälder und Nationalparks oder das alltägliche Leben können so für uns und weitere Generationen bewahrt werden.