Im Auftrag des Kunden – Wie persönliche Agenten das Kauferlebnis verändern

Im Auftrag des Kunden – Käufer-Agenten

Was Unternehmen tun sollten, um im Wettbewerb um persönliche Agenten erfolgreich zu sein

Die fortschreitende Entwicklung von künstlicher Intelligenz (KI) und digitalen Technologien hat das Potenzial, die Art und Weise, wie Unternehmen mit ihren Kunden interagieren, grundlegend zu verändern. Digitale Agenten, die im Auftrag des Kunden agieren, könnten in naher Zukunft die direkte Kommunikation zwischen Anbietern und Kunden weitgehend ersetzen. Dabei haben diese Agenten das Potenzial, Aufgaben entlang der gesamten Customer Journey zu übernehmen – von der Recherche passender Produkte bis hin zur Vereinbarung eines Service-Termins. So könnte beispielsweise ein Agent für den Kunden einen spezialisierten Arzt in der Region recherchieren und direkt einen Termin vereinbaren. (Vgl. Abbildung 1.) Der Kunde kann sehr viel Zeit sparen und muss nur noch dem Vorschlag des Agenten zustimmen. Angesichts dieser Aussicht stehen Unternehmen vor der Entscheidung, wie weit sie sich für die Interaktion mit solchen Agenten öffnen und diese fördern wollen. Für Unternehmen heißt es aktiv zu werden, um strategische, prozessuale und technische Implikationen zu gestalten.

Abbildung 1:  Beispielhafte Interaktion der Akteure im Zusammenhang mit Käufer-Agenten

Quelle: KPMG in Deutschland, 2025

 

STATUS

Laut Gartner® werden „bis 2028 KI-Agenten 20 Prozent der Interaktionen an digitalen Verkaufsstellen ersetzen.“1 Bereits heute gibt es verschiedene Beispiele für Agenten, die im Auftrag des Kunden agieren.

 Anbieter von „Agenten im Auftrag des Kunden“

Große Technologiekonzerne wie Google und Apple bieten mit Google Gemini und Apple Siri generalistische Agenten für alle Lebenslagen, die zum Beispiel bequem Essen bestellen können. Aber es gibt auch Nischen für Anbieter spezialisierterer Agenten wie Wealthfront, der automatisiert Geldanlagen im Auftrag des Kunden kauft und verkauft. Ebenso sind Agenten von Vergleichsportalanbietern oder Krankenkassen denkbar. All diese Anbieter haben drei wesentliche Herausforderungen: Allen voran müssen sie Vertrauen aufbauen, dass der Agent im Interesse des Kunden handelt und nicht etwa nur im Interesse zahlender Anbieter. Zudem müssen sie umfangreiches Wissen über Kunden sammeln und verknüpfen, um personalisierte und relevante Dienstleistungen anbieten zu können. Und drittens müssen die Agenten befähigt werden, effektiv zu recherchieren und zu interagieren, etwa durch das „Lesen“ von Webseiten oder das Interagieren mit Anbieter-Bots. Der KI-basierte Shopping-Assistent „Rufus“ von Amazon veranschaulicht exemplarisch, wie digitale Agenten Kunden entlang des gesamten End-to-End-Kaufprozesses unterstützen können – vom Einstieg über natürliche Sprache bis hin zur Auswahl passender Produkte. Die finale Kaufentscheidung sowie der Abschluss der Bestellung verbleiben dabei bewusst beim Kunden, sodass die Kontrolle über den Kaufprozess jederzeit gewahrt bleibt.

Herausforderungen für Produkt- und Dienstleistungsunternehmen

Für Unternehmen, die Produkte und Dienstleistungen anbieten, stellen Agenten von Kunden eine neue Kundengruppe dar. Wie bei jeder Kundengruppe stellt sich die Frage, wie relevant sie für das Unternehmen ist und inwieweit auf die spezifischen Bedürfnisse eingegangen werden soll. Auch etwa, um eine gewisse Exklusivität zu wahren, können Unternehmen nicht auf Agenten eingehen oder sie auf Wunschkanäle wie Stores oder E-Mail verweisen. Wer diese Kundengruppe allerdings für sich erschließen möchte, sollte Informationen so bereitstellen, dass Agenten sie gut finden und schnell verarbeiten können. Dies kann beispielsweise durch eine entsprechende Optimierung der heutigen Webseite erreicht werden. Dabei sind zwei Aspekte zentral: Zum einen die technischen Voraussetzungen für eine reibungslose Interaktion – wie strukturierte Daten, semantische Tags, API-Zugänge und maschinenlesbare Produktdaten. Zum anderen spielen Vertrauens- und Integritätsfaktoren eine entscheidende Rolle: Echte Nutzerbewertungen, Bewertungsplattformen und transparente Produktinformationen schaffen Glaubwürdigkeit und fördern positive Empfehlungen durch Agenten. Angesichts dieser Bedeutung von Vertrauen und Reputation empfehlen aktuelle Prognosen, künftig rund 25 Prozent der Werbebudgets gezielt in den Aufbau dieser Faktoren zu investieren – beispielsweise durch verifizierte Bewertungen und transparente Informationsangebote.2 Nur wer für Agenten als glaubwürdiger Anbieter sichtbar wird, kann sich langfristig im Wettbewerb behaupten.

 

Abbildung 2: Zentrale Herausforderungen durch die steigende Relevanz von Käufer-Agenten

Quelle: KPMG in Deutschland, 2025

 

Diese strukturellen und inhaltlichen Voraussetzungen wirken sich auch auf die Erfolgsmessung aus. Klassische KPIs wie Klickzahlen oder Reichweite verlieren an Relevanz. Stattdessen gewinnen neue Kennzahlen wie die Sichtbarkeit in Agentenantworten, Empfehlungsraten pro Anfrage oder die Platzierung in KI-generierten Ergebnissen an Bedeutung.

Die Interaktion mit Agenten beschränkt sich dabei keinesfalls auf eine bestimmte Phase der Customer Journey, sondern betrifft alle Phasen:

 

Abbildung 3: Touchpoints mit Käufer-Agenten entlang der Customer Journey

Quelle: KPMG in Deutschland, 2025

 

In der Awareness Phase müssen Unternehmen den Nutzen und die Vorteile ihrer Produkte und Services für Agenten verständlich und überzeugend aufbereiten. Unternehmen müssen vom Agenten bei den richtigen Schlagwörtern gefunden und als empfehlenswerte Anbieter identifiziert werden. Die Suche verläuft zunehmend dialogisch und kontextbezogen – Kunden beauftragen ihre Agenten mit natürlichsprachlichen, oft komplexen und situativen Anfragen. Damit Agenten darauf relevante Empfehlungen geben können, müssen Anbieter ihre Inhalte so strukturieren, dass sie maschinenlesbar und semantisch klar erfassbar sind. Ähnlich wie gute Prompts entscheidend für hilfreiche KI-Antworten sind, gilt auch für Webseiten: Nur wenn Informationen klar, präzise und kontextbezogen bereitgestellt werden, kann eine KI sie sinnvoll verarbeiten. In der Consideration-Phase sind Aspekte wie automatische Verfügbarkeitsprüfungen, Versandzeitberechnungen und Preisvergleiche für KI-Agenten wichtige Entscheidungsgrundlagen und werden bereits heute von ersten Systemen berücksichtigt.3 In der Sales-Phase benötigen Unternehmen Prozesse für automatisierte Kaufabschlüsse, einschließlich entsprechender Zahlungsmöglichkeiten.

In der Usage- und Service-Phase sollten Unternehmen Systeme bereitstellen, damit Agenten Rückfragen oder Terminanfragen stellen können und diese beantwortet werden. In der Loyalty-Phase könnten Unternehmen Agenten mit Angeboten ansprechen: „Wenn dein Kunde bis Ende der Woche den Vertrag verlängert, bieten wir 10 Prozent Rabatt.“

 

Fazit

Um sich auf die neue Welt der digitalen Agenten vorzubereiten, sollten Unternehmen ihre Strategien, Prozesse und Systeme auf den Prüfstand stellen. Informationen müssen zugänglich gemacht und automatisierte Interaktionen ermöglicht werden. Unternehmen, die diese Herausforderungen proaktiv angehen, werden in der Lage sein, die neue Kundengruppe der Agenten im Auftrag des Kunden für sich zu gewinnen, und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Dabei sollte stets bedacht werden, dass gerade für Kunden, die durch die Nutzung eines Agenten viel Kontrolle abgeben, Vertrauenswürdigkeit und Integrität entscheidende Eigenschaften sind – von Agenten, die sie nutzen wollen, aber auch von Anbietern, mit denen ihr Agent interagieren soll.

 

Co-Autor: Oliver Beideck

 

 

1 Gartner, Top Strategic Technology Trends for 2025: Agentic AI, published 21 October 2024

2 Thomas Jahn und Michael Scheppe, „Insights Innovation: Wie KI-Agenten die Werbebranche revolutionieren“, Handelsblatt, 19. April 2025, Zugriff am 15.05.2025, URL: Insight Innovation: Wie KI-Agenten die Werbebranche revolutionieren

3 Frank Engelhardt, „Prozessautomatisierung und KI in der Kundenbeziehung: Ein weißer Fleck“, Handelsblatt Live, Mai 2025, Zugriff am 21.05.2025, URL: https://live.handelsblatt.com/prozessautomatisierung-und-ki-in-der-kundenbeziehung-ein-weisser-fleck/

 

 

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