Potenzial und Herausforderungen für Anbieter von Heimladeslösungen
Chancen & Hürden bei Heimladelösungen
Die Schaffung eines positiven Kundenerlebnisses bei privaten Ladelösungen
Mit der Elektrifizierung der Antriebe in der Automobilindustrie werden integrierte Ladelösungen für zu Hause immer wichtiger für die Käufer:innen elektrischer Fahrzeuge. Daher investieren in Deutschland immer mehr Privathaushalte in eine eigene Ladelösung, aber auch die Zahl der öffentlichen Ladestationen wächst stetig.
Riesiges Geschäftspotenzial für Anbieter von Ladelösungen
Verschiedene Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland bis zum Jahr 2030 rund 8–12 Millionen private Ladepunkte installiert werden könnten. Ein riesiger neuer Markt, der bereits von zahlreichen Autoherstellern und weiteren Anbietern von Ladelösungen erschlossen wird. Die Autohersteller haben dabei im Blick, dass sich durch die Nutzung von Heimladelösungen das Gesamtkundenerlebnis im Vergleich zum Verbrennerfahrzeug verändert.
Strategisch stellt sich für sie die Frage, ob Heimladelösungen zum Kerngeschäft passen oder ob dieses lukrative Feld anderen überlassen wird – mit dem Risiko, dass andere Player einen wichtigen Teil der Customer Journey von Autokund:innen beeinflussen oder gar kontrollieren können.
Die Erfahrungen der Kund:innen mit Heimladelösungen sind bislang eher gemischt. Einerseits gibt es ein breites Angebot an Wallboxen und Installationsdienstleistungen, die sowohl von den Autoherstellern als auch von unabhängigen Dritten, zum Beispiel lokalen Handwerksbetrieben, angeboten werden. Andererseits stellen viele Kund:innen nach dem Kauf fest, dass die Umsetzung eines integrierten Energiesystems inklusive Ladelösung kompliziert und zeitaufwendig sein kann, da es an Transparenz und Zusammenarbeit zwischen den Akteuren in den verschiedenen Teilen der Lieferkette mangelt – von den Herstellern und Zulieferern bis hin zu den Installationsunternehmen, die die Arbeit vor Ort tatsächlich ausführen. Insbesondere dann, wenn neben der Wallbox auch noch eine Photovoltaikanlage mit passender Speicherlösung sowie eine Wärmepumpe installiert werden sollen.
In diese Lücke stoßen bereits neue Anbieter integrierter Energiesysteme, die alle notwendigen Gewerke aus einer Hand liefern und den Kund:innen mit innovativen Energiesteuerungssystemen zusätzliche Kostenvorteile versprechen. So sollen durch ein optimiertes Management der Energieverbraucher die Erzeugungsspitzen regenerativer Energieträger, in denen Strom besonders günstig ist, ausgenutzt und dadurch Kosten gespart werden. Insbesondere batterieelektrische Fahrzeuge und Wärmepumpen mit Pufferspeicher können mit Hilfe eines intelligenten Energiemanagements zu sehr kosteneffizienten Speicherlösungen für regenerativen Strom werden. Durch das Angebot einer gebrauchsfertigen Gesamtlösung nehmen diese Anbieter den Kund:innen außerdem Koordinationsaufwand ab und vermitteln Zuverlässigkeit in der Abwicklung des Auftrags. Es spielt jedoch keine Rolle, ob ein Autohersteller, ein Installationsbetrieb oder ein integrierter Anbieter den Auftrag von einem Kunden oder einer Kundin bekommt. Eine kundenzentrierte End-to-End-Lösung braucht in jedem Fall integrierte Prozesse und eine leistungsfähige Software, die diese unterstützt. Andernfalls können die Erwartungen der Kund:innen, die durch Werbeversprechen erzeugt werden, in der Realität nicht erfüllt werden.
Schwierige Koordination der prozessbeteiligten Akteure
Aus der Projekterfahrung unseres KPMG-Teams gibt es zwei wesentliche Schwachstellen, die das Kundenerlebnis bei Heimladelösungen beeinträchtigen können: Erstens müssen bei der Installation oft mehrere Beteiligte wie Energieversorger oder lokale Behörden koordiniert werden – dieser Prozess kann aufgrund der Bürokratie recht langwierig und komplex sein. Zweitens erhalten die Kund:innen nicht immer rechtzeitig eine Rückmeldung über ihre Anfragen zu Installations- oder Wartungsdiensten von Servicetechniker:innen, was auf mangelhafte Kommunikation zwischen den verschiedenen beteiligten Akteuren (Lieferanten, Installateuren usw.) zurückzuführen sein kann. Möglich sind aber auch konfliktäre Interessen der beteiligten Stakeholder. So werden von Autoherstellern häufig Unternehmen für die Bereitstellung einer Heimladelösung unter der Marke des Herstellers beauftragt, die eine solche Lösung auch unter ihrer eigenen Marke vertreiben. Die Gesamtlösung dieser Zulieferer besteht meist wiederum aus Einzellösungen, die entweder selbst erbracht oder von anderen zugekauft werden. Die für den Autohersteller erbrachte Heimladelösung kann so vor dem Endkunden bzw. der Endkundin in Konkurrenz zum eigenen Angebot stehen. Knappe Ressourcen sowohl bei der Hardware als auch beim Personal führen ebenfalls zu einer Konkurrenzsituation auf der Beschaffungsseite.
Im Ergebnis führen diese Punkte zu Frustration über lange Wartezeiten oder mangelnde Kommunikation und zu Unzufriedenheit über das Gesamtprodukt. Tritt an der installierten Lösung ein Problem auf, ist darüber hinaus zu klären, welches der beteiligten Unternehmen die Verantwortung dafür trägt und sich um die Behebung des Problems kümmert.
Wie kann eine positive Kundenerfahrung bei Kauf und Installation von Heimladelösungen sichergestellt werden?
Um die Kundenerfahrung im Hinblick auf Heimladelösungen zu verbessern, ist eine optimale Abstimmung der beteiligten Stakeholder, Prozesse und Systeme unerlässlich. So kann es den ausführenden Unternehmen (E-Mobilitätsanbieter/Energieversorger/Kommunen) ermöglicht werden, bei Aufgaben im Zusammenhang mit der Installation von Ladelösungen bei Privathaushalten effizient zusammenzuarbeiten. Dadurch kann unter anderem der Zeitrahmen bis zur erfolgreichen Installation erheblich verkürzt werden, während gleichzeitig ein reibungsloser Kommunikationsfluss zwischen allen beteiligten Parteien in allen Phasen des Prozesses gewährleistet wird.
In der Praxis hat sich eine (CRM-)Plattform für alle Beteiligten bewährt, einschließlich OEMs, Anbietern von Ladekomponenten, dem Einzelhandel, Elektrofachbetrieben und Stromanbietern, die eine einzige 360°-Sicht auf die Kund:innen bietet. Zersplitterte Prozesse und Systeme werden in einer Ansicht für alle Beteiligten zusammengeführt und schaffen ein Höchstmaß an Transparenz entlang des Kundenlebenszyklus.
Wird interessierten Kund:innen darüber hinaus ein Portalzugriff auf ihren laufenden Auftrag gewährt, profitieren sie von einem einfachen Zugang zu Informationen über alle relevanten Schritte bis zur Inbetriebnahme ihrer Heimladelösung.
Nach der digitalen Abfrage der Rahmenbedingungen wie zum Beispiel. Beschaffenheit und Ausrichtung des Dachs, beginnt die persönliche Interaktion mit dem Kunden bzw. der Kundin üblicherweise mit Info-Calls, in denen mit qualifizierten Service-Agenturen eine optimale, auf die Kundenbedürfnisse zugeschnittene Lösung identifiziert wird. Die qualifizierte Kundenanfrage wird dann an den zuständigen Partner für einen Vor-Ort-Check weitergeleitet, wobei dieser Zugriff auf die zuvor erhobenen Informationen bekommt. Anschließend kann dem Kunden bzw. der Kundin ein verbindliches Angebot unterbreitet werden. Über ein Kundenportal kann danach sichergestellt werden, dass die Kund:innen rechtzeitig über die Fortschritte bei der Bearbeitung ihrer Bestellung informiert werden und bei Bedarf Zugang zu den in den verschiedenen Phasen benötigten Informationen erhalten. Auf diese Weise können auch die Kund:innen selbst intensiver in den Prozess eingebunden werden, um teure Vor-Ort-Besuche zu verkürzen oder ganz zu vermeiden.
Die verbesserte Zusammenarbeit aller Beteiligten trägt zu einem besseren Gesamterlebnis der Nutzer:innen bei der Installation von Heimladelösungen bei.
Von einer optimierten Zusammenarbeit profitieren die beteiligten Unternehmen auch selbst. So werden unnötige Interaktionen und Prozessschleifen vermieden, Diskussionen über Zuständigkeiten verringert und insgesamt die Effizienz und damit auch die Profitabilität gesteigert. Dadurch kann nicht zuletzt Engpässen beim Personal entgegengewirkt werden. So können die verfügbaren Mitarbeiter:innen fokussiert für wertgenerierende Aktivitäten zum Einsatz kommen, während aufwendige Abstimmungs- und Nacharbeitsprozesse entfallen.
Die erzeugte Transparenz durch genaue digitale Protokollierung der Arbeitsschritte erleichtert nicht nur die Abnahme, sondern reduziert zudem mögliche Beanstandungen. Zudem können die Abrechnungsprozesse weitgehend automatisiert werden, wodurch die Beteiligten schneller Zahlungen für ihre Leistung erhalten.
Wenn die Automobilhersteller darüber hinaus in der Lage sind, zeitnahe, effiziente und kostengünstige Dienstleistungen in Verbindung mit dem Fahrzeug als Kernprodukt anzubieten, die speziell auf die individuellen Bedürfnisse bei der Installation von Ladestationen zugeschnitten sind, kann die Kundenzufriedenheit und Markenloyalität nachhaltig gesteigert werden. Kund:innen können darüber hinaus auch potenziell an den Kauf von Leistungen innerhalb des Ökosystems des Herstellers gebunden werden.
Schließlich ermöglicht der Zugang zu Echtzeitdaten den Unternehmen Einblicke in das Verbraucherverhalten, die strategisch genutzt werden können, um Entscheidungen über zukünftige Produktentwicklungen oder Marketingkampagnen zu treffen, die darauf abzielen, die Kundenzufriedenheit noch weiter zu verbessern oder das Ökosystem mit neuen Angeboten zu erweitern.
Automobilhersteller haben somit die Chance, über den Verkauf der Heimladelösungen selbst und zusätzlich von den sich daraus ergebenden Upselling-Potenzialen zu profitieren.
Wie KPMG unterstützen kann
Für ein kundenzentriertes Angebot von integrierten Heimladelösungen stellen sich für Anbieter folgende Schlüsselfragen:
- Wie kann ich ein ganzheitliches Ladeerlebnis für bestehende und neue Kundengruppen erzeugen?
- Wie soll eine Gesamtlösung für das Laden zu Hause aussehen?
- Welche Teile der Gesamtlösung kann mein Unternehmen selbst erstellen und wofür brauche ich Partner?
- Wie kann ich die Prozesse integrieren und bestmöglich digitalisieren?
- Welchen Nutzen muss ich für meine Partner realisieren, um sie für eine bestmögliche Leistung gegenüber den Kund:innen zu motivieren?
Antworten darauf liefert KPMG mit seinem tiefen Prozess- und Systemwissen in allen für die Gesamtlösung relevanten Industrien.
Co-Autorin: Melina Thieme