Preismodelle an öffentlichen Ladesäulen
Preismodelle der Ladeinfrastruktur
Dynamisches Pricing für eine effiziente Nutzung der Ladeinfrastruktur
Die Mobilitätswende für Fahrzeuge ist längst kein Zukunftsthema mehr. Die steigende Nachfrage nach Elektrofahrzeugen zeigt, dass der Wandel Realität ist und bringt tiefgreifende Veränderungen mit sich – allen voran den von der Zapfsäule zur Ladestation. Wenn es um das Laden geht, gilt es vier Szenarien langfristig zu lösen: das Laden entlang der Route, zu Hause, bei der Arbeit und an einer Destination.
Eine wesentliche Unterscheidung dabei ist die zwischen privaten und öffentlichen Lademöglichkeiten. Dabei stellt sich die Frage, wie die Preise von E-Mobilitätsanbietern für den Zugang von öffentlichen Ladesäulen gestaltet werden bzw. werden sollten, um den heterogenen Anforderungen im Markt zu begegnen. Denn dabei muss sowohl der Betrieb der Ladesäulen finanziert als auch die Akzeptanz bei den Nutzer:innen gewährleistet werden. Insbesondere die mangelnde Transparenz bei der Preisgestaltung der Ladevorgänge ist aktuell eine der zentralen Kritikpunkte aus Verbrauchersicht.
Die Vielfalt an Preismodellen führt derzeit zu einem unübersichtlichen Markt
Ein Blick auf die Vielzahl unterschiedlicher Angebote der öffentlichen Ladeanbieter macht klar, warum es Handlungsbedarf gibt. Die Kosten, die über die derzeit verbreiteten Preismodelle an die Nutzer:innen weitergegeben werden, lassen sich dabei in drei Kategorien aufteilen: Fixkosten, variable Kosten und Extrakosten.
Fixkosten
Fixkosten werden häufig als monatliche Grundgebühr berechnet, mit denen Kund:innen unterschiedliche Vorteile an den Ladestationen erwerben – meist in Form von vergünstigten Strompreisen. Laden Kund:innen nur selten im öffentlichen Raum, bietet sich eine Tarifoption ohne monatliche Grundgebühr an. Im Gegenzug wird auf die vergünstigten Ladestromkosten verzichtet. In Deutschland variieren in diesem Fall dann die Preise je nach Betreiber der Ladestation.
Ladekosten
Die Ladekosten selbst werden entweder leistungs- oder zeitbasiert berechnet. Nachdem in Deutschland zunächst beide Ansätze auf dem Markt ausprobiert worden sind, hat sich die Berechnung auf Leistungsebene (per kWh) durchgesetzt. Grund hierfür ist auch das Eichrecht, welches die genaue und richtige Messung von Waren und Dienstleistungen regelt, um Verbrauchende vor unkorrekten Messungen und wirtschaftlichen Nachteilen zu schützen. Zudem fallen für Ladevorgänge mit niedrigeren Ladeleistung mit Wechselstrom (AC) in der Regel geringere Kosten an als für solche mit hoher Ladeleistung mit Gleichstrom (DC). Am teuersten ist das High Power Charging (HPC), wobei mit mehr als 50kW geladen wird.
Extrakosten
Extrakosten werden in unterschiedlicher Form weitergegeben: Manche Anbieter berechnen eine Blockiergebühr, um sicherzustellen, dass Elektrofahrzeuge nach dem Laden die Ladesäule wieder freigeben, damit andere Fahrzeuge den Platz nutzen können. Über eine Ladevorgangsgebühr können Ladeanbieter den Kund:innen eine geringe Gebühr pro gestartetem Ladevorgang berechnen. Bei einigen Anbietern entfällt diese Gebühr gegen Abschluss eines Tarifes mit monatlicher Grundgebühr. Die meisten Ladeanbieter verzichten allerdings generell auf eine Startgebühr.
Dynamisches Pricing als Antwort auf schwankende Nachfrage
Zu den zentralen Faktoren bei der Preisgestaltung gehören die aktuelle Nachfrage an der Ladesäule, die Verfügbarkeit von Ladestationen in der Nähe, der aktuelle Strompreis und die Tageszeit. Insbesondere die schwankende Nachfrage bzw. die Versorgungssicherheit ist ein wichtiger Treiber für die Vielfalt bei den derzeit verbreiteten Preismodellen. Eine bislang kaum beachtete Alternative dazu ist: dynamisches Pricing. Dabei handelt es sich um ein System, bei dem der Preis für ein Produkt oder eine Dienstleistung je nach Angebot und Nachfrage angepasst wird. Wenn die Nachfrage hoch ist und viele Autos gleichzeitig laden möchten, steigt der Preis automatisch an. Wenn die Nachfrage niedrig ist und es viele freie Ladestationen gibt, sinkt der Preis entsprechend.
Der Preis ändert sich also in Echtzeit, basierend auf verschiedenen Faktoren wie Tageszeit, Wetterbedingungen und sogar Feiertagen. Dynamische Preise sind an Tankstellen längst Realität. Im Falle von Ladepunkten für Elektroautos würde dies bedeuten, dass in Zukunft auch der Preis für das Laden eines Autos an einem bestimmten Standort je nach Nachfrage und Verfügbarkeit variiert.
Vorteile von dynamischen Pricing
Das dynamische Pricing an Ladesäulen kann dazu beitragen, die Nutzung von Ladesäulen effizienter zu gestalten. Da der Preis für das Laden von Elektroautos an jedem Ladepunkt in Echtzeit angepasst wird, werden die Fahrer:innen dazu ermutigt, zu Ladestationen zu fahren, an denen es weniger Nachfrage gibt und der Preis niedriger ist. So könnte die Kundenzufriedenheit bezogen auf den Preis gesteigert werden. Dies kann zu einer gleichmäßigeren Verteilung der Fahrzeuge an verschiedenen Ladestationen führen und verhindern, dass einzelne Ladepunkte überlastet werden.
Zudem können die höheren Preise an den hoch ausgelasteten Ladestandorten zu höheren Umsätzen für die Ladeanbieter führen. Ein weiterer Vorteil von dynamischem Pricing aus Anbietersicht ist, dass es den Betreibern von Ladesäulen die Möglichkeit gibt, ihre Einnahmen zu maximieren. Wenn die Nachfrage hoch ist, können die Betreiber den Preis für das Laden an einem Ladepunkt entsprechend anheben, um mehr Einnahmen zu generieren. Dies wiederum kann dazu beitragen, dass Betreiber mehr Mittel in den Ausbau der Ladeinfrastruktur investieren.
Zuletzt stellt die dynamische Preisgestaltung eine Chance für eine stabile Netzverbindung dar. Die steigende Nachfrage nach Ladestrom stellt eine große Herausforderung an die Netzstabilität. Durch dynamische Preisgestaltung könnte sich die Ladenachfrage gleichmäßiger über den Verlauf eines Tages verteilen und somit das Stromnetz zu Spitzenbelastungen entlasten.
Nachteile von dynamischen Pricing aus Kund:innensicht
Bemängeln heute bereits viele Ladekund:innen die Intransparenz bei der Preisgestaltung für öffentliche Ladedienste, ist diese durch dynamisches Pricing noch weiter gefährdet. Da die Preise für das Laden von Elektroautos in Echtzeit angepasst werden, können die Fahrer:innen nicht im Voraus wissen, wie viel das Laden an einer bestimmten Ladesäule kosten wird. Dies kann zu Frustration und Unzufriedenheit führen. Zudem können sich die Ladekosten für Ladekund:innen erhöhen, die aufgrund ihres Tagesablaufs nicht auf Zeiten mit niedriger Nachfrage ausweichen können, da sie gezwungen sind, die hohen Preise zu den Stoßzeiten zu akzeptieren.
Ein zusätzliches Risiko besteht darin, dass es weniger attraktiv wird, in Ladepunkte in abgelegenen Gebieten zu investieren. In Städten und Ballungsgebieten, die bereits über eine gute Ladeinfrastruktur verfügen, können die Anbieter ihre Profitabilität durch die Einführung von dynamischem Pricing leicht erhöhen. Betreiber, die in weniger frequentierten Gegenden eine Ladeinfrastruktur aufbauen wollen, müssen im Gegensatz dazu ihre Preise senken, weil dort weniger Nachfrage besteht. Das macht die Ladepunkte in abgelegenen Gebieten noch unrentabler und Investitionen weniger attraktiv. Es ist demnach fraglich, ob der finanzielle Anreize ausreicht, um Kund:innen zu den abgelegenen Ladestationen zu locken.
Auf dem Weg zum dynamischen Pricing: Wie KPMG unterstützen kann
Vor dem Hintergrund der oben erläuterten Kostenfaktoren bei der Preisgestaltung für das Laden an öffentlichen Ladepunkten und der Chancen der dynamischen Preisgestaltung, lassen sich folgende Schlüsselfragen ableiten:
- Wie ist die Kund:innenwahrnehmung der Pricing-Strategie für öffentliche Ladevorgänge meines Unternehmens?
- Wie kann mein Unternehmen eine transparente, kundenorientierte und wettbewerbsfähige Pricing-Strategie für öffentlich Ladevorgänge entwickeln?
- Wie kann mit dynamischem Pricing ein positives Serviceerlebnis für die Kund:innen erzeugt werden?
- Welche Veränderungen muss ich an der Organisation, den Prozessen, Systemen und Touchpoints vornehmen, um ein solches Serviceerlebnis zu erzeugen?
- Wie kann sich mein Unternehmen durch intelligente Angebotskombinationen aus Preiskomponenten und Servicebausteinen vom Wettbewerb abheben?