Distributed Ledger – der wahre Game Changer

Technologie für digitale Geschäftsmodelle

Das Auf und Ab rund um Blockchain oder allgemein um den Distributed Ledger zeigte meiner Ansicht nach vor allem eines: Im Fokus der Wahrnehmung stehen hauptsächlich Kryptowährungen. Dabei ist die Blockchain so viel mehr. Aus heutiger Perspektive ist keine der Kryptowährungen – von Bitcoin und Iota über Ether und EOS bis hin zu Litecoin und XRP – ein wirklich aussichtsreicher Kandidat, um kurzfristig an die Stelle der staatlich ausgegebenen und garantierten Währungen zu treten. Die Pläne von Facebook mit Libra wird man gespannt verfolgen. Die Blockchain als Technologie für digitale Geschäftsmodelle hingegen hat das Potenzial ein wahrer Game Changer zu werden.

Zur Relevanz der Blockchain

Für besonders interessant halte ich alle Möglichkeiten, die sich jenseits der Kryptowährungen abzeichnen. Die Blockchain, verteilte Systeme, Smart Contracts und integrierte digitale Services, die sich in diesem Feld in Zukunft entwickeln lassen, werden viele Wirtschaftsbereiche grundlegend verändern.

Das spiegelt sich auch in der Bekanntheit der Begriffe wider, was durchaus ungewöhnlich für eine verhältnismäßig neue Entwicklung ist.

Wie ungewöhnlich dieses Interesse und die allgemeine Verbreitung der Diskussion sind, macht vor allem der Vergleich zu anderen Entwicklungen deutlich. Der Begriff Internet of Things (IoT) beispielsweise war laut einer Umfrage von TNS Infratest im Jahr 2016 noch 80 Prozent der Befragten unbekannt.

Im unternehmerischen Kontext hingegen ist laut der Bitkom-Studie 2019 (Blockchain in Deutschland – Studienbericht 2019) gerade das IoT schon bei 46 Prozent relevant, während sich immerhin 60 Prozent der Unternehmen mit dem Thema Blockchain noch nicht konkret auseinandergesetzt haben. Einer der Gründe dürfte sein, dass es sich um eine durchaus anspruchsvolle Technologie handelt. Ein anderer Grund ist sicher, dass die aktuell stark diskutierten Kryptowährungen nicht unbedingt die Relevanz des Themas widerspiegeln.

Blockchain versus Distributed Ledger

Dabei ist es zunächst wichtig klarzustellen, dass die Begriffe Blockchain und Distributed Ledger, die oft synonym benutzt werden, nicht zwangsläufig identisch sind. Zwar ist die Blockchain eine Form von Distributed Ledger, aber nicht jeder Distributed Ledger besteht aus einer Kette von Blöcken.

Distributed Ledger steigern die Datensicherheit, weil Informationen auf tausenden von Rechnern gespeichert werden, die irgendwo auf der Welt stehen können. Würde jemand in böswilliger Absicht eine Information verändern oder fälschen wollen, müsste er dies an allen Rechnern gleichzeitig machen – was als praktisch unmöglich gilt. Die Besonderheit der Blockchain im Vergleich zur normalen Distributed-Ledger-Technologie: Die Informationen bilden eine Kette von Informationen, die additiv immer mehr erweitert wird.

Dazu abgrenzbar sind klassische Client-Server-Architekturen, in denen die vernetzten Rechner nicht gleichberechtigt, sondern zentralisiert organisiert sind. Im Vergleich zu diesen sind Distributed Ledger skalierbarer und aufgrund höherer Redundanz auch zuverlässiger, dafür deutlich komplexer aufzusetzen. Der in der Öffentlichkeit bekannteste Unterschied ist die Möglichkeit zur Anonymität.

Mit der Größe der Blockchain wachsen die Herausforderungen

Je länger eine Kryptowährung existiert, desto größer werden die Datenmengen. Denn die Blockchain wird immer vollständig in mehreren Kopien gespeichert. Dafür zentral ist in vielen Fällen das sogenannte Mining – also das Bereitstellen von Knotenpunkten – für die gerade bei Kryptowährungen die einzelnen Betreiber eine Vergütung erhalten.
Das erklärt einerseits die enormen Speicher- und Rechenkapazitäten beziehungsweise den damit verbundenen Energieaufwand und die Kosten. Andererseits erschließt sich damit auch die immer länger werdende Wartezeit, die pro Transaktion bzw. Verifizierungsprozess (ganz zu schweigen vom Download) nötig ist – denn das Datenvolumen, das eine einzelne Blockchain hat, wächst mit der Anzahl der Transaktionen, die in ihr gespeichert sind. Im Juli 2020 hat die Blockchain des Bitcoins eine Gesamtgröße von etwa 288 Gigabyte. Gemessen an den derzeit verfügbaren Übertragungsgeschwindigkeiten ist dies eine gewaltige Datenmenge.

Warum Smart Contracts wichtiger sind als Kryptowährungen

Kryptowährungen bilden das Eigentum einer Person an einem Projekt der Blockchain ab.
Der Kauf oder die Spekulation auf den Wertzuwachs einzelner Tokens der Kryptowährungen ist derzeit sehr viel weniger interessant als die Funktionsweise der Transaktionen als solches. Denn Transaktionen sind rechtskräftige Verträge basierend auf den Nachweisen in der Blockchain.

Durch die dezentrale Organisation der Transaktionen finden Geschäftsbeziehungen – zumindest in der Theorie – sehr viel schneller und unkomplizierter und vor allem direkt statt, das heißt, ohne dass dritte Institutionen wie Banken involviert sind. Die Blockchain dient dabei als Vehikel für diese Transaktionen.

Smart sind diese Verträge, weil die darin festgelegten Bestandteile automatisch ablaufen. Das heißt, wenn beispielsweise eine bestellte Ware an einem bestimmten Ort ankommt und dies in der Blockchain registriert wird, wechselt der dafür fällige Betrag sowie das Eigentum an der Ware automatisch den Besitzer. Der Zahlungsverkehr lässt sich mit Smart Contracts entlang der gesamten Supply Chain integriert einbetten. Gerade digitale Geschäftsmodelle rund um virtuelle Rechte können davon profitieren.
Aber auch die immer komplexer werdende Kommunikationsstruktur in vernetzten Ökosystemen stößt mit der bisherigen Systemstruktur von Server und Client an ihre Grenzen. Hier bietet die Blockchain einen völlig neuen Ansatz, der im Zeitalter des Internet of Things erst seine vollen Stärken zeigen wird. Wenn immer mehr vernetzte Maschinen und Dinge miteinander kommunizieren und agieren, ist dafür eine intelligentere Software-Architektur nötig, als wir sie heute benutzen.

Fazit: Die Welt verändert sich nicht über Nacht

Obwohl die Veränderungen, die durch die Blockchain, verteilte Systeme und neue Software-Architekturen ausgelöst werden können, grundlegend und gewaltig sein können, glaube ich dennoch, dass wir es aktuell mit den ersten Anfängen einer Entwicklung zu tun haben. Bei der Frage, ob die Kryptowährungen an die Stelle herkömmlicher Währungen treten, sind sicher einige berechtigte Zweifel angebracht. Dass sich jedoch in immer mehr Fällen die Blockchain als Teillösung in speziellen Anwendungsfällen durchsetzen wird, darüber besteht meiner Überzeugung nach keine Ungewissheit mehr. Daneben wird es auch weiterhin klassische Client-Server-Architekturen geben.

Neue digitale Dienstleistungen, mehr Sicherheit, wenn es um Maschine-zu-Maschine-Kommunikation sowie um die digitale Identität und den Schutz von Rechten geht, und die Möglichkeit viele Routinen automatisiert ablaufen und überprüfen zu lassen, eröffnen einen gewaltigen Gestaltungsspielraum. Auf dem Weg zu vielen möglichen, revolutionären Neuerungen sind noch manche technischen und regulatorischen Herausforderungen zu bewältigen. Die sich abzeichnenden Chancen und Möglichkeiten, die die Blockchain jedoch bietet, zeigen jetzt schon ganz deutlich, dass sich diese Anstrengungen lohnen und schnell auszahlen werden.

 

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