Eine neue Lernkultur: Lernen als Wert

Warum neues Lernen auch eine neue Kultur erfordert – und wie sie entsteht

Keyfacts:

  • Eine neue Lernkultur ist das Zünglein an der Waage auf dem Weg zu einer lernenden Organisation.
  • Kultur lässt sich nicht verordnen – Führungskräfte müssen mit gutem Beispiel vorangehen.
  • Der Einsatz der richtigen Medien und Formate sorgt dafür, dass sich Lernen nicht wie Pauken anfühlt.

Lernen muss in Unternehmen neu gelernt werden. Davon sind wir überzeugt. Wie kommt es dazu? Im ersten Teil unserer Serie zur „Zukunft des Lernens“ und zu den Attributen einer lernenden Organisation von heute haben wir festgestellt: Geschäftlich relevantes Wissen verändert und vergrößert sich immer schneller. Deshalb müssen Unternehmen – und vor allem ihre Angestellten – permanent hinzulernen, neues Wissen aufnehmen und verarbeiten. Und Verantwortliche sind viel mehr als früher gefordert, die Kenntnisse und Fähigkeiten ihrer Mitarbeitenden kontinuierlich aktiv weiterzuentwickeln.

Das gilt in besonderer Weise für Finanzdienstleister. Unternehmen in der Finanzbranche müssen sich weiter digital transformieren. Darüber hinaus fordern der Wandel zur Nachhaltigkeit, regelmäßige regulatorische Neuerungen und die immer stärkere Hinwendung zu agilen Arbeitsweisen eine hohe Bereitschaft und Fähigkeit zur Veränderung. So wünschen sich in Deutschland rund 47 Prozent der Erwerbstätigen individuelle Beratung auf Basis ihrer Kompetenzen und individuellen Ziele – mehr als Karrierecoachings oder andere Maßnahmen, ergab eine Studie der IUBH – Internationalen Hochschule. Das sind hohe Ansprüche an Banken & Co., die eine stetige Überprüfung und Weiterentwicklung des Gelernten notwendig machen.

Höhere Arbeitgeberattraktivität durch neue Lernkultur

Auch von Seiten der Mitarbeitenden werden neue Anforderungen an das Lernen gestellt: Sie erwarten häufig, dass ihnen Wissen stets zur Verfügung steht, dass es allzeit ihren aktuellen Lernbedarf trifft und sie sich neue Inhalte mit geringem Aufwand aneignen können. Ausschließlich klassische Weiterbildungsangebote, deren Besuch langfristig geplant und aufwendig abgestimmt werden muss, erfüllen die Erwartungen insbesondere jüngerer Beschäftigter nicht.

Gefragt sind vielmehr flexible und sofort zugängliche Lernangebote, die so individuell wie möglich auf die spezifischen Bedürfnisse und das Medienverhalten der Mitarbeitenden ausgerichtet sind. Daher beeinflussen das Angebot und die Vermittlung von Wissen immer mehr auch die Attraktivität eines Unternehmens als Arbeitgeber.

Neue Lernwelten entstehen aber nicht allein durch veränderte organisatorische Rahmenbedingungen und technische Infrastrukturen. Sie setzen auch eine Lernkultur voraus, die neues Lernen ermöglicht und zum Beispiel eine kontinuierliche Aufnahme von Wissen im Alltag fördert. Weiterentwickeln muss sich dazu in der Regel erst einmal die Haltung der Organisation zur Aufgabe der Wissensvermittlung: Es gilt, im Unternehmen die Überzeugung zu verankern, dass Lernen ein Wert ist, der Tag für Tag und in jeder Hinsicht gelebt, gefördert und eingefordert werden muss.

Lernen im Wertekanon verankern – und auf die Vorstandsagenda setzen

Zu den wichtigsten Eckpunkten einer Kultur, die neues Lernen ermöglicht und fördert, zählt es zunächst, dass die Organisation einem kontinuierlichen Lernen hohe Priorität einräumt. Das drückt ein Unternehmen beispielsweise dadurch aus, dass Lernen ein ausdrücklicher Bestandteil des Wertekanons des Unternehmens wird und das auch in der Kommunikation nach innen und außen immer wieder thematisiert wird. Lernen sollte aufgrund seiner strategischen Bedeutung für die Unternehmensentwicklung außerdem auf der Agenda des Vorstands stehen. Als zielführend hat sich dabei erwiesen, die Position eines Chief Learning Officers einzurichten, der das Lern- und Wissensmanagement des Unternehmens verantwortet und vorantreibt.

Eine aktive Lernkultur ist außerdem davon geprägt, dass Mitarbeitenden genügend Freiräume zum Lernen zur Verfügung stehen und ihnen eine hohe Eigenverantwortlichkeit bei ihrer Weiterbildung und -entwicklung zukommt. Qualifizierung darf nicht länger als eine notgedrungene Investition angesehen werden, damit die Mitarbeitenden die ihnen übertragenen Aufgaben erledigen können. Vielmehr sollten Lernen und Weiterbildung den Stellenwert eines erwünschten Verhaltens bekommen, das ein selbstverständlicher Bestandteil des Arbeitsalltags ist und das seinen Platz in der Arbeitszeit hat.

Wissen teilen und Fehler offen besprechen

Eine Kultur des Lernens beinhaltet auch eine ausgeprägte Kultur des Teilens von Wissen. Gelegenheiten zum Austausch von Kenntnissen und Erfahrungen sollten deshalb genauso gefördert und belohnt werden wie die Bereitschaft, Wissen aufzubereiten und weiterzuvermitteln. Auch eine Kultur, in der Fehler gemacht und offen besprochen werden dürfen, gehört zu den notwendigen Voraussetzungen.

Eine zukunftsweisende Lernkultur zeigt sich nicht zuletzt darin, dass es Konzepte für unterschiedlich lernmotivierte Mitarbeitende gibt. Diese Konzepte berücksichtigen die Persönlichkeiten der Mitarbeitenden ebenso wie ihre Aufgabenfelder, ihre Biografie und ihre Ziele. Ziel ist es, Lernangebote zur Verfügung zu stellen, die so weit wie möglich ihren individuellen Bedürfnissen und Lernvorlieben entsprechen – und sie so zum permanenten Lernen motivieren.

Dreh- und Angelpunkt: Die Führungskräfte

Nun ist das Ziel klar. Aber wie gelangen Unternehmen dorthin? Eine neue Lernkultur lässt sich nicht verordnen – sie entsteht nur gemeinsam und allmählich. Dabei kommt dem Verhalten von Vorstand und Führungsebene die entscheidende Bedeutung zu: Sie müssen die neue Lernkultur vorleben und Anreize schaffen, um neues Lernen innerhalb des Unternehmens zu etablieren. Sie müssen Freiräume gewähren und Verantwortung übertragen.

Ein positiver Nebeneffekt der aktiven Auseinandersetzung: Führungskräfte, die sich der individuellen Bedürfnisse und Entwicklungspotenziale ihrer Mitarbeitenden bewusst sind, können sie besser mit konkreten Lernangeboten unterstützen und Erkenntnisse über Lernbedürfnisse für die Weiterentwicklung der Angebote des Unternehmens nutzen.

Als zielführend hat sich dabei herausgestellt, das Lernen unmittelbar mit den Zielen der Organisation – und gegebenenfalls auch mit den Zielvorgaben der Mitarbeitenden – zu verknüpfen. Hilfreich ist außerdem, größere strategische Projekte auch gleichzeitig zur Weiterentwicklung der Lernkultur zu nutzen. Genau wie andere Unternehmenswerte sollte Lernen als Wert an sich und als bedeutender Faktor für den Unternehmenserfolg positioniert werden.

Gestalten statt verwalten: Kreative Formate für Spaß am (unbewussten) Lernen

Um eine neue Lernkultur zu etablieren, ist es außerdem wichtig, Lernen und Weiterbildung aktiv zu gestalten – und weniger zu verwalten. Hier sind kreative Formate gefragt, die Spaß beim Lernen vermitteln (Stichwort Gamification). Wenn Lernen regelmäßiger Alltagsbestandteil werden soll, darf es sich nicht wie das Pauken für eine Klassenarbeit anfühlen. Es soll vielmehr nebenbei, indirekt und sogar unbewusst stattfinden.

Hier zeigt sich konkret einer der Vorteile des agilen Arbeitens. Denn gerade agiles Arbeiten fördert aufgrund der regelmäßigen Feedbackzyklen eine permanente Wissensaufnahme im Alltag. Das wirkt sich positiv auf die Produktivität und das Arbeitsklima im Team aus und erhöht das Engagement und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden.

Inwieweit sich eine neue Lernkultur entwickelt, lässt sich über Umfragen (zum Beispiel Pulse Checks) unter den Mitarbeitenden gut messen. Auskunft geben auch Indikatoren wie diese: Wie häufig wird im Vorstand über das Lernen gesprochen? Gibt es einen Chief Learning Officer? Haben die Lernangebote im Unternehmen einen hohen Individualisierungsgrad und werden zukunftsweisende Technologien wie künstliche Intelligenz zur Ausgestaltung der Lernangebote eingesetzt? Wer auf mehrere dieser Fragen positive Antworten im eigenen Unternehmen findet, ist auf der Reise zur lernenden Organisation der Zukunft bereits ein gutes Stück vorangekommen.

Dieser Text ist der Abschluss unserer Artikelserie zum Thema „Lernende Organisation“. In den weiteren drei Teilen beschäftigen wir uns mit der Bedeutung von Wissen und der „Weiterbildung als Lebensaufgabe“, mit neuen Lernwelten als Fundament einer erfolgreichen Lernerfahrung und mit der passenden technischen Infrastruktur.

 

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Warum sollten Unternehmen das Thema Innovation aktiv steuern? Reicht es nicht, sich organisch weiterzuentwickeln oder Erneuerung gar dem Zufall zu überlassen? Heute, wo Unternehmen sich immer schneller digital transformieren müssen, lautet die Antwort ganz klar: Nein.

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