Know-Your-Customer: Das Onboarding prägt die Kundenbeziehung
KYC: Wie gelingt das Onboarding?
Legitimierungs- und Kontoeröffnungsprozesse sind oft noch nicht ausreichend automatisiert
Keyfacts:
- Beim KYC-Prozess gilt es, sowohl Gesetzgeber als auch Kund:innen zufriedenzustellen.
- Das Geschäftsmodell des Finanzinstituts entscheidet wesentlich darüber, welches Identifikationsverfahren zum Einsatz kommen sollte.
- Höchste Datenqualität lässt sich nur über einen „Single Point of Truth“ herstellen.
Finanzinstitute sind gesetzlich dazu verpflichtet, ihre Neu- und Bestandskund:innen im Rahmen des Know-Your-Customer-Prozesses (KYC) zu prüfen. Sollten sie diesen Prozess nicht oder nur mangelhaft durchführen, drohen ihnen empfindliche Strafen. Doch beim KYC-Prozess gilt es, nicht bloß den Gesetzgeber zufriedenzustellen. Denn auch die Kundinnen und Kunden stellen an die KYC-Aktivitäten besondere Anforderungen und leiten aus diesem Prozess und ihrer persönlichen Customer Journey Rückschlüsse auf ihre zukünftige Beziehung zum Finanzinstitut ab.
Onboarding-Erlebnis: Der erste Eindruck zählt
Das gilt im Besonderen für das Customer Onboarding, das zum einen aus der Identifizierung und zum anderen aus der Legitimierung und Kontoeröffnung besteht. Welche regulatorischen Technologien (RegTechs) und Tools dabei zum Einsatz kommen, entscheidet wesentlich darüber, welche Qualität an Daten und ihren Weiterverarbeitungsmöglichkeiten entsteht und wie zufrieden Kund:innen mit ihrem Finanzanbieter gerade in der kritischen Kennenlernphase sind. Zu überwinden ist dabei der folgende Gegensatz: Je ausführlicher Daten beim Onboarding erhoben werden, desto besser können Überprüfungen der Kund:innen vorgenommen und Verstöße gegen regulatorische Anforderungen vermieden werden – desto höher ist aber auch die Unzufriedenheit der Neukund:innen – und damit die Abbruchwahrscheinlichkeit.
Ident-Lösungen sorgfältig bewerten und auswählen
Um Kund:innen zu identifizieren, sind viele Ident-Lösungen unterschiedlicher Anbieter am Markt erhältlich. Sie sorgen in aller Regel hochautomatisiert für ein korrektes Auslesen von Ausweisdokumenten und Papierformularen. Dabei lassen sich grundsätzlich drei Ansätze unterscheiden: Die Identifikation durch persönliche Vorsprache (z.B. in einer Bank- oder Postfiliale), per Video oder mit Referenzüberweisung und qualifizierter elektronischer Signatur (QES).
Welche dieser Ident-Lösungen zum Einsatz kommen sollte, ist vom Finanzinstitut und seinem Geschäftsmodell abhängig. So besticht die in Deutschland erst seit Kurzen mögliche Identifikation mit Referenzüberweisung und QES zwar durch niedrigen Aufwand und durch eine hohe Antwortrate (Conversion Rate). Sie setzt jedoch einen Vertrauensvorschuss bei Kund:innen voraus, der sich als Hindernis bei wenig bekannten Finanzinstituten erweisen kann. Auch die Akzeptanz des Ident-Verfahrens bei den Zielgruppen des Anbieters, das angestrebte Image sowie die Internationalität des Finanzinstituts sind bei der Auswahl der angebotenen Ident-Lösung(en) angemessen zu berücksichtigen.
Legitimierung und Kontoeröffnung stärker automatisieren
An die erfolgreiche Identifizierung der Kundin oder des Kunden knüpft die Übermittlung der Identifikationsdatensätze zum Beispiel an Stammdatensysteme und zur Kontoeröffnungsentscheidung an. Diese Abläufe sind meist nur teilautomatisiert, oft bedingt durch fragmentierte Systemlandschaften und eine fehlende Integration von Front- und Backoffice-Funktionen. Sie führen regelmäßig zu Erhebungs- oder Übertragungsfehlern und verursachen so hohe Personal- und Prozesskosten. Diese Erhebungs- und Übertragungsfehler haben auch einen großen Einfluss auf die Datenqualität von Kundendaten.
Dies gilt auch für den Abgleich der identifizierten Kund:innen mit PEP-Listen (Politisch exponierte Personen), mit internen Black- oder White-Listen oder mit Sanktions- und Embargo-Listen. Marktbeobachtungen zeigen, dass es hierfür zwar vielfältige Automatisierungsmöglichkeiten gibt, diese jedoch selten in Finanzinstituten zum Einsatz kommen.
„Single Point of Truth“ für hohe Datenqualität etablieren
Da die Regulierungsdichte in der Finanzbranche weiter zu- und die Kundenbindung tendenziell abnimmt, empfiehlt es sich, KYC-Prozesse so weit wie möglich zu automatisieren. Nur so lässt sich die wachsende Komplexität der durchzuführenden Prüfungen und der steigenden Informationspflichten beherrschen. Anzustreben ist dabei ein „Single Point of Truth“, der nicht nur die Basis für digitale Geschäftsmodelle bildet, sondern auch sichere Compliance-Prozesse gewährleistet: In diesen „Single Point of Truth“ werden die bisher in den unterschiedlichen Systemen erfassten und doppelten Informationen über die Kund:innen zusammengeführt. So können alle Berechtigten auf denselben qualitätsgesicherten, aktuellen Datensatz zugreifen. Auch mögliche Fehler bei der Überprüfung sowie beim Reporting können so minimiert werden. Des Weiteren sollten, wie oben erwähnt, fragmentierte Systemlandschaften vermieden werden.
Vor dem Hintergrund der regulatorisch geforderten, zunehmend strengeren Dokumentationspflichten sollten die Qualität und Validität der Kundendaten oberste Priorität bei Finanzinstituten haben. Dazu sind insbesondere die Prozesse der Datengewinnung sowie das Datenmanagement in Finanzinstituten zu verbessern. Nur so lassen sich eine Rechtskonformität sicherstellen – und Unzufriedenheiten bei Kundinnen und Kunden gleich zu Beginn der Beziehung vermeiden.
Im ersten Teil unserer Artikelserie zu „Know your Customer“ lesen Sie mehr zu den Vorteilen digitaler Legitimationsprüfungen.