Kryptoassets bei Banken: Risiken und Eigenkapital optimal steuern

Neue Produkte erfordern neue Prozesse und erweitertes Reporting

Keyfacts:

  • Der Baseler Ausschuss hat die zweite Konsultation für die Regulierung von Kryptoassets bei Banken vorgelegt.
  • Klar ist: Auf die Institute kommen eine hohe Eigenkapitalbelastung und enge Steuerungserfordernisse zu.
  • Bei Produkteinführungen gehören Steuerungs- und Reportingprozesse auf die Agenda.

Die Aufsichtsbehörden stecken bei Kryptowährungen und digitalen Assets in einer Zwickmühle: Mit Blick auf die hohe Volatilität und den jüngsten Marktabschwung warnen sie immer wieder vor potenziellen Risiken. Gleichzeitig sind sie bestrebt, aufsichtsrechtliche und regulatorische Rahmenbedingungen für die Nutzung der Distributed Ledger Technologie (DLT) bei Vermögenswerten zu schaffen.

In diesem Zusammenhang haben die globalen Regulierungsbehörden bereits eine Vielzahl von Berichten, Rahmenwerken und Leitlinien zur Notwendigkeit einer verstärkten Überwachung und Regulierung herausgegeben. Wie steuern Banken vor dem Hintergrund der aktuellen Marktentwicklung entstehende Risiken und Eigenkapitalanforderungen optimal?

Kryptoassets werden zu einem Thema im Risikomanagement der Banken

Der Baseler Ausschuss ist der Ansicht, dass der Markt für Kryptoassets im Verhältnis zum Umfang des globalen Finanzsystems und zu den Engagements der Banken insgesamt noch gering ist. Aber der relative Marktanteil steigt rasant an und mit der DLT entstehen neue Produkte und Kapitalmarktinfrastrukturen. Deshalb könnte sich das Risiko für Banken vergrößern und es könnte dazu kommen, dass Kryptoassets beginnen, die Stabilität des Finanzsystems zu beeinflussen.

Auch das hohe Maß an Volatilität von Kryptoassets stellt zunehmend eine Herausforderung für Kreditinstitute dar, etwa im Hinblick auf das Liquiditäts-, Kredit-, Markt- und das operationelle Risiko.

Die Einordnung einzelner Kryptoassets aus regulatorischer Sicht

Im Rahmen der zweiten Konsultation des Baseler Ausschusses werden Kryptovermögenswerte in vier verschiedene Gruppen eingeteilt. Kapitalschonend im Kontext der Eigenmittel werden insbesondere Kryptoassets als tokinisierte traditionelle Vermögenswerte (also etwa Anleihen oder Aktien) sowie Kryptoassets mit effektivem Stabilisierungsmechanismus (Stablecoins) behandelt – sie fallen in die Gruppen 1a und 1b. Als Leitlinie dient dem Ausschuss dabei das Motto „Same risk, same activity, same treatment“ – also die gleichartige Behandlung für gleichartige Risiken.

Als Stablecoins werden bestimmte Kryptowährungen bezeichnet, deren Wert durch die Ausrichtung an externe Vermögenswerte (das kann der US-Dollar oder Gold sein) bestimmt wird. Eine Hinterlegung oder Deckung der Währung kann mit dem Vermögenswert selbst oder in der Praxis häufig mit anderen Kryptowährungen erfolgen.

In manchen Fällen existiert keine Hinterlegung und ausschließlich Algorithmen versuchen, die Preisbildung am Referenzwert auszurichten. An diesen Eigenschaften setzt der Baseler Ausschuss an und verlangt einen zu jeder Zeit effektiven Stabilisierungsmechanismus, welcher durch einen „Basis Risk Test“ nachzuweisen ist und die Stablecoins in „bestanden“, „knapp bestanden“ sowie „nicht bestanden“ unterteilt. Gefordert ist zusätzlich eine ausreichende Überdeckung aller ausstehenden Kryptowerte mit dem hinterlegten Vermögenswert, der keine andere Kryptowährung sein darf.

In Gruppe 2 finden sich alle Kryptoassets, welche nicht die Anforderungen der Gruppe 1 erfüllen können sowie zusätzlich Kryptoassets ohne Stabilisierungsmechanismus. Um gegenläufige Exposure der Gruppe 2 Kryptoassets verrechnen zu dürfen, werden hierfür weitere Kriterien definiert. Werden diese nicht erfüllt, müssen sowohl Long- als auch Short-Positionen aufgerechnet ohne Netting mit Eigenkapital hinterlegt werden.

Quelle: KPMG Deutschland 2022

Quelle: KPMG Deutschland 2022

Außerdem enthalten sind in der zweiten Baseler Konsultation folgende Elemente:

  • Operationelles Risiko: Behandlung im Gleichlauf mit dem OpRisk-Standardansatz beispielsweise über den Business-Indikator-Ansatz
  • Liquiditätsanforderungen: Kriterien zur Behandlung als High Quality Liquid Assets (HQLA) für Gruppe-1a-Vermögenswerte sowie Ausschluss von Gruppe 1b und Gruppe 2 von der Behandlung als HQLA in der Liquidity Coverage und Net Stable Funding Ratio
  • Verschuldungsquote: Behandlung im Gleichlauf mit bisherigen Regelungen und gemäß dem Wert aus dem Bilanzansatz. Zusätzliche Regelung für Market Maker, welche sich verpflichten, Stablecoins von Marktteilnehmern umzutauschen
  • Großkredite: Behandlung von Kryptoassets im Gleichlauf mit bestehenden Regelungen
  • ICAAP / SREP: Zusätzliche Anforderungen an bankeigene Entscheidungsprozesse im Rahmen der Risikostrategie/des Risikoappetits sowie aufsichtliche Maßnahmen bei unzureichendem Management der Risiken
  • Offenlegung: Einbezug der Gruppe-1-Vermögenswerte in Standardtemplates sowie zusätzliche quantitative und qualitative Offenlegungsanforderungen für Kryptoassets aller Gruppen (1a, 1b, 2a, 2b)

„Same risk, same activity, same treatment” – offene Fragen

Mit der Formulierung des Grundsatzes „Same risk, same activity, same treatment” hat der Baseler Ausschuss den eigenen Anspruch an die Behandlung von Kryptoassets nach unserer Einschätzung nicht vollständig umgesetzt.

Dafür sprechen allein zwei Aspekte: Selbst bei tokenisierten traditionellen Vermögenswerten der Gruppe 1a werden 2,5 Prozent Kapitalzuschlag fällig, weil die Aufsicht die Infrastruktur nicht für sicher hält. Das benachteiligt tokenisierte Vermögenswerte im Vergleich mit ihrem klassischen Pendant und es macht sie mit Blick auf notwendige Investitionskosten in die bankeigene Infrastruktur aus einem zweiten Grund unattraktiv.

Ein Zusammenschluss mehrerer Kapitalmarktverbände hat die angedachte Risikoprüfung an sieben ETFs simuliert. Das Ergebnis: Fünf hätten den Basis Risk Test unter Praxisbedingungen nicht (vollständig) bestanden. Unverständlich ist auch die Anrechnung von Netting auf das übergreifende Exposure Limit der Assets in Gruppe 2 (1 Prozent des Kernkapitals) sowie die Tatsache, dass das zu niedrig angesetzte Exposure Limit Market-Making-Aktivitäten erschwert.

Die Auffassung von „Same risk, same activity, same treatment” lässt sich also nicht gänzlich bestätigen. Vorbehalte der internationalen Standardsetzer sind wegen teils noch dürftiger Datenhistorien sowie wegen des Marktabschwungs und durch Insolvenzverfahren (Celsius Network, Nuri, FTX) nicht ganz von der Hand zu weisen. Inwiefern das Marktgeschehen bei zu hohen Kapitalzuschlägen für Banken weiterhin von weniger regulierten Marktteilnehmern dominiert wird, wird ein weiterer diskussionswürdiger Aspekt für die künftige Regulierung des Marktes sein.

Steuerungsprozesse und Reportingwerkzeuge aufbauen – auch im Asset Management

Wie sehen also sinnvolle Maßnahmen und nächste Schritte für Banken aus, um sich auf die DLT auch regulatorisch vorzubereiten?

  • Regulatorikscreening mit Fokus auf die relevanten Entwicklungen im Bereich Kryptoassets
  • Produkteinführung mit Steuerungs- und Reportingprozessen im Blick
  • Risiko- und Impact-Analysen im Rahmen der Produkteinführung

Das Thema ist aber nicht nur für Banken von großer Bedeutung. Auch für Asset Manager werden diese Themen – vor allem im Hinblick auf ihre institutionellen Kunden im Rahmen des Fondsreportings – hochrelevant.

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