Risiken effizient beherrschen durch Automatisierung

Prozessoptimierung im Risikomanagement bei Banken und Versicherungen

Keyfacts:

  • Finanzunternehmen bewegen sich in einem Spannungsfeld von wachsenden Regulierungsvorgaben und steigendem Kostendruck.
  • Um widerstandsfähig zu bleiben, ist eine zeitnahe und ganzheitliche Neuausrichtung der Risikofunktion erforderlich.
  • Ansatzpunkte für eine Optimierung führen über Prozessaufnahme und -mapping zu Automatisierungs- und Digitalisierungsmaßnahmen.

Das Risikomanagement bei Banken und Versicherungen bewegt sich in einem Spannungsfeld. Einerseits wächst das Aufgabenspektrum seit Jahren stetig – das macht der Fokus auf Klima- und andere ESG-Risiken deutlich. Andererseits wachsen die Ansprüche, dass Risikofunktionen ein wichtiger Teil der Effizienzagenda der Unternehmen werden, anstatt ein Kostentreiber zu sein.

Die wenigsten Unternehmen verfügen innerhalb ihrer Risikofunktion bereits über ein stringentes Prozessmanagement, um in diesem Spannungsfeld zu navigieren. Gut drei Viertel haben der KPMG-Umfrage zufolge aber bereits damit begonnen, ihre Risikoprozesse zu modernisieren.

Die am Markt verfügbaren Optimierungshandlungen sind vielfältig: Von klassischer Prozessaufnahme und -mapping (mithilfe von Process Mining oder traditionellen Methoden), über erste Schritte der Automatisierung via Robotic Process Automation (RPA), bis hin zu integrierten Business-Process-Management(BPM)-Systemen können Verbesserungen auf unterschiedliche Art und Weise – auch mit kleinen Budgets – erzielt werden.

Prozessoptimierung im Liquiditätsrisiko-Controlling

Das Liquiditätsrisiko-Controlling in Banken zum Beispiel umfasst viele wiederkehrende Prozesse, die zahlreiche Ressourcen binden. Bei größeren Instituten werden regulatorisch ein tägliches Reporting der wichtigsten Liquiditäts-KPIs und eine vollständige Berechnung des Liquiditätsrisiko-Modells gefordert. Dabei sind hauseigene Technologie-Entwicklungen durchaus üblich, um regulatorische, aber auch ökonomische Anpassungen vorzunehmen. Neben den regelmäßig ausgeführten Reporting-Prozessen von Datenanlieferung und -bereinigung bis zur abschließenden Analyse der Kennzahlen und Kommentierung von Auffälligkeiten wird ein Großteil der Ressourcen auch in die fachliche und technische Modell-Weiterentwicklung investiert.

Um Prozessschwächen zu identifizieren, ist es notwendig, die bestehenden Zeit- und Ressourcenaufwände für vorhandene Prozesse zu kennen und hinsichtlich Optimierungs- bzw. Automatisierungsmaßnahmen zu bewerten. Wichtige Hebel zeigen sich einerseits in verstärkter Automatisierung der täglichen Prozesse – von RPA über systemseitige Implementierung bis zu Workflow-Lösungen. Andererseits bilden optimierte Release-Zyklen für die dynamischeren Modell-Entwicklungsprozesse sowie Automatisierung von Tests einen wichtigen Teil der Lösung.

Automatisierung aktuarieller Berechnungsprozesse

Ein anderes Beispiel liefert die Lebensversicherung: Stetig wachsende Aufgaben aus regulatorischen und unternehmensinternen Anforderungen in Kombination mit hohem Zeitdruck und engen Fristen erfordern weitreichende Effizienzsteigerungen in den Prozessen der aktuariellen Berechnung. In diesem Kontext bietet es sich an, die Berechnungsprozesse rund um die Risikomodellierung unter Solvency II durch Automatisierungs- und Digitalisierungsmaßnahmen zu transformieren.

Der Status quo bei vielen Versicherungen am Markt besteht momentan zu einem großen Anteil aus manuellen Tätigkeiten, zum Beispiel Modellparametrisierung, Datenaufbereitungen sowie zeitintensiven Validierungen und Berechnungen (Over-Night-Runs). Diese Aktivitäten führen aufgrund mangelnder Standardisierung, teilweise hoher Liege-/Wartezeiten und geringem Automatisierungsgrad zu einem hohen Personalbedarf.

Die Zukunft der Risikofunktion – Wie begegnen Banken neuen gesellschaftlichen und aufsichtlichen Anforderungen? #16

Alexander von Dobschütz, CRO der DKB, und KPMG-Partner Christian Heichele sprechen im Podcast mit Thorsten Wiese über regulatorische Wellen und KI in der Risikosteuerung.

Außerdem sprechen sie auch über das Thema ESG und die Rolle der Banken im Kampf gegen den Klimawandel.

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Reduzierung von manuellen Schritten

Um die genannten Herausforderungen effizient anzugehen, sollten ein Business-Process- Management(BPM)-System und eine entsprechende Datenhaltung zur Automatisierung der Prozessabläufe eingeführt werden. Aus der zentralen Benutzeroberfläche des BPM werden das aktuarielle Modellierungssystem angesteuert, Vorsysteme in den Prozess integriert, Berechnungen selbstständig gestartet sowie Validierungen und Berichte automatisiert erstellt.

Neben der deutlichen Beschleunigung der Prozesse und der Reduzierung manueller Schritte besteht laufende Transparenz über den Prozessfortschritt, einschließlich Freigabe- und Eskalationsprozesse. Die Nachvollziehbarkeit und Qualität werden deutlich erhöht sowie die Stabilität der Prozesse gewährleistet.

Die Effizienzsteigerung in den aktuariellen Berechnungsprozessen ermöglicht, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihrer Kernaufgabe – dem Managen von Risiken – intensiver nachgehen können und die Risikofunktion sich stetig weiter hin zum Business-Partner im Unternehmen entwickeln kann.

Das Bewusstsein über die Rolle des Chief Risk Officers (CRO) innerhalb der Effizienzagenda moderner Banken und Versicherungen wird immer wichtiger. Es bildet den Grundstein für die Ableitung der eigenen Optimierungs- und Automatisierungsstrategie und schafft Transparenz über die unternehmensspezifischen Lösungsfelder.  Eine innovative Risikofunktion kann die Widerstandsfähigkeit des Betriebsmodells gegen neue Risiken erhöhen und die Wettbewerbsposition langfristig stärken.

 

Frischer Wind für die CRO-Agenda

Wir haben weltweit mehr als 50 Banken zur Weiterentwicklung ihrer CRO-Funktion befragt. Die Erkenntnisse und die begleitenden Diskussionen bilden die Basis für neun von uns entwickelte Thesen.

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Future of Risk

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Gut aufgestellt für kommende Herausforderungen: Das Risikomanagement für Banken und Versicherungen weitergedacht.

Chief Risk Officer (CRO) in Banken, Versicherungen, Asset Managern und Immobilienunternehmen stehen unter Druck. Auf der einen Seite nehmen die regulatorischen Anforderungen und die Erwartungen interner Stakeholder an das Risikomanagement seit Jahren stetig zu. Es gilt, immer mehr Risiken und Risikotreiber zu erkennen, zu bewerten und zu steuern. Immer häufiger sind Stresstests und Analysen durchzuführen, und immer umfassender soll die Risikoorganisation über die entwickelten Aktivitäten berichten.

Auf der anderen Seite kann sich auch das Risikomanagement dem Effizienzdruck in der Finanzindustrie nicht entziehen. Es muss seine finanziellen und personellen Ressourcen kontinuierlich hinterfragen und Beiträge zu den unternehmensweiten Kostenzielen leisten. Auch eine klar erkennbare Ausweitung der regulatorischen Anforderungen reicht nicht aus, um hohe Kosten oder gar eine Aufstockung des Personals zu rechtfertigen – ein schwieriges Spannungsfeld.

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