Ein wichtiger Schritt nach vorn: Mehr Steuerklarheit für Bitcoin & Co

Zur Besteuerung von Krypto-Assets

BMF nimmt Stellung zur ertragsteuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen und Token

Keyfacts:

  • Lange erwartetes BMF-Schreiben stellt Grundsatzfragen zur Ertragsbesteuerung von Krypto-Assets klar
  • Im Sinne der Branche soll es keine Verlängerung der Spekulationsfrist beim Staking und Lending geben
  • Krypto-Assets werden in die bestehende Steuersystematik eingeordnet – kein eigenes Krypto-Steuerrecht

Lange hat die Branche auf das klärende Schreiben gewartet. Jetzt hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) am 10.05.2022 den Erlass zu „Einzelfragen der ertragsteuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von sonstigen Token veröffentlicht. Eine Klarstellung grundlegender Fragen der Ertragsbesteuerung von Krypto-Assets durch die Verwaltung war überfällig. Denn der Veröffentlichung war fast ein Jahr der Diskussionen und Abstimmungen zwischen Bund und Ländern sowie in Verbände- und Experten-Anhörungen vorausgegangen. Den Entwurf hatte das BMF als Grundlage schon im Juni 2021 zur Diskussion gestellt. 

Mit dem Hype um Bitcoin & Co. als Spekulationsobjekt und dem rasanten Aufstieg von Krypto-Geschäftsmodellen hat die zivilrechtliche, aufsichtsrechtliche und auch die steuerrechtliche Einordnung von Krypto-Assets und damit verbundenen Aktivitäten – zügig an Bedeutung gewonnen. Und um im digitalen Standortwettbewerb keinen Boden zu verlieren, hat die Bundesregierung im Ampel-Koalitionsvertrag 2021 ein Bekenntnis zu Krypto-Assets, mit damit verbundenen digitalen Finanzdienstleistungen und innovativen Geschäftsmodellen abgegeben. 

Finanzbranche und Krypto-Szene brauchen die Klarstellung 

Die Finanzverwaltung hatte sich mit grundlegenden steuerlichen Fragen dieser neuen Asset-Klasse allerdings bislang nur zögerlich befasst. Nun begegnet sie – nicht zuletzt angesichts erster finanzgerichtlicher Rechtsprechung zu diesen Themen – zunehmend der Erwartungshaltung der Krypto-Szene und der Finanzdienstleistungsbranche, ertragsteuerrechtliche Grundsätze zu formulieren. 

Mit diesem Schritt kommt ein Prozess ins Rollen. Und doch ist offensichtlich, dass der Weg zur rechtlichen Klarheit noch weit ist. Denn wesentliche Fragen (unter anderem zu Stable Coins, Non Fungible Tokens und Decentralized Finance) sind dem weiteren Prüf- und Abstimmungsprozess auf Verwaltungsebene vorbehalten. Weitere BMF-Schreiben und gegebenenfalls gesetzliche Änderungen sind zu erwarten, zum Beispiel zur Dokumentation und Meldepflicht von Krypto-Transaktionen. 

Überraschend doch keine Verlängerung der Spekulationsfrist 

Gleichwohl dürften einige der zuletzt vorgenommenen Änderungen gegenüber dem früheren Entwurf in der Branche für Euphorie sorgen. Denn zur Überraschung aller Experten hat das BMF von den früheren Plänen Abstand genommen, die Spekulationsfrist für Krypto-Assets im Zusammenhang mit dem Staking oder Lending auf zehn Jahre zu verlängern. Im Ergebnis ist ein Verkauf dieser Krypto-Assets beim Privatanleger daher – unabhängig von der Verwendung für Staking oder Lending – grundsätzlich nach einem Jahr nicht mehr steuerbar. 

Im Abgleich mit dem Entwurf von 2021 fällt außerdem auf: Neben der Definition grundlegender Krypto-Begriffe und technischer Grundlagen des Entstehens und der Veräußerung virtueller Währungen hat das BMF im finalen Schreiben insbesondere bei der Frage der Wirtschaftsgut-Qualifikation und der Abgrenzung der gewerblichen Tätigkeit nachgebessert. 

BMF bleibt seiner Linie treu – kein eigenes Krypto-Steuerrecht 

Insgesamt bleibt das BMF seiner früheren Linie treu, für die neue Anlageklasse kein eigenes Krypto-Steuerrecht zu schaffen: Relevante Sachverhalte werden in die Systematik des bestehenden Ertragsteuerrechts eingeordnet. 

Dieser Ansatz ist grundsätzlich zu begrüßen, wenngleich praktische Probleme in der Anwendung des bestehenden Rechts auf die digitale Welt vorprogrammiert sind. Denn es ist gerade die dezentrale Organisation, Verwahrung und Übertragung von Krypto-Assets, die die Finanzverwaltung vor große Herausforderungen stellt. Es ist also zu erwarten, dass mit Krypto-Assets ein steuerrechtliches Terrain entsteht, das erst über Jahre hinweg durch die Praxis und gerichtliche Entscheidungen genau vermessen werden und sich gleichzeitig noch sehr dynamisch entwickeln wird.