FRTB – Wie sich die neue Aufsichtspraxis entwickelt

FRTB – Wie sich die neue Aufsichtspraxis entwickelt

Trotz Verzögerung der FRTB-Regulierung sollten Banken ihre Modelle nicht vernachlässigen.

Keyfacts:

  • Die strengeren regulatorischen Anforderungen machen interne Risikomodelle zunehmend unpraktikabel, weshalb viele Banken auf den standardisierten Ansatz FRTB-SA umstellen.
  • Die Aufsichtspraxis für den neuen Ansatz bildet sich noch heraus.
  • Die Unsicherheiten in der FRTB-Umsetzung stellen Banken vor Herausforderungen. Unklare Definitionen und neue regulatorische Anforderungen erfordern Anpassungen in den Risikomodellen.

Was das regulatorische Marktpreisrisiko im Handelsbuch betrifft, ist die Übergangsphase für europäische Banken längst zum Dauerzustand geworden. Nach langen Trilog-Verhandlungen wurde die Finalisierung des Fundamental Review of the Trading Book (FRTB) in der EU im Juni 2024 beschlossen.

Aktuell gilt der 1. Januar 2026 als Stichtag. Doch in einem durch geopolitische und wirtschaftliche Unsicherheiten geprägten Umfeld, insbesondere nach der US-Wahl, bleibt offen, ob dieser Zeitplan eingehalten wird. Aktuell konsultiert die EU-Kommission bereits zu einer weiteren Verschiebung und/oder anderweitigen Anpassung des Regelwerks.

FRTB-Umsetzung in der Praxis: Wo Banken stehen

Die langwierigen regulatorischen Prozesse haben dazu geführt, dass große Handelsbuchinstitute ihre FRTB-Modellansätze bereits weitgehend implementiert haben. Viele Banken berichten bereits seit 2021 parallel unter dem neuen FRTB-Standardansatz (FRTB-SA). Dieser hat sich als bevorzugte Methodik für Institute mit wesentlichen Handelsaktivitäten in Deutschland abgezeichnet.

Viele Institute stehen dabei vor einem Wechsel: Mit der Umstellung geben sie ihre internen Modelle auf und setzen künftig auf den Standardansatz. Doch solange die Kapitalanforderungen noch nach bestehenden Standardansätzen und internen Modellen berechnet werden, entsteht eine paradoxe Situation:

  • Einerseits sind Banken mit dem FRTB-Standardansatz bereits vertraut, analysieren die Ergebnisse intern und haben Sonderfälle in ihren Beständen berücksichtigt.
  • Andererseits wurde der Standardansatz bislang kaum durch Aufsichtsprüfungen validiert, sodass noch keine Best Practice für die regulatorische Auslegung existiert.

Das Ziel einer methodischen Vereinheitlichung der Marktpreisrisikoermittlung in der EU ist damit noch nicht erreicht. Vielmehr ist zu vermuten, dass sich in den letzten Jahren zahlreiche institutsindividuelle Interpretationen herausgebildet haben. In der nächsten Zeit – und insbesondere nach dem Inkrafttreten von FRTB – ist daher mit einer Initiative der Aufsicht zur bankübergreifenden methodischen Angleichung und Stärkung der Governance zu rechnen.

Viele Banken haben im Rahmen des EZB Targeted Review FRTB-SA erste Einblicke in die künftige Aufsichtspraxis erhalten. Durch die Befüllung eines umfassenden Fragebogens zur FRTB-Standardansatz-Methodik und anschließende Gespräche mit den Aufsehern liegen ihnen nun erste Findings und Observations zur Bearbeitung vor.

Dabei werden – so zumindest unser Eindruck – die Erwartungen an den Standardansatz näher an die Anforderungen an interne Modelle heranrücken. Das betrifft insbesondere die Abbildung in Neuproduktprozessen, die Dokumentation und die Validierung von Input-Parametern.

Herausforderungen bei Vega- und Krümmungsrisiken unter FRTB

Anwendenden des FRTB-Standardansatzes bleibt nur die Möglichkeit, die kommende Aufsichtspraxis aus den wenigen vorhandenen Informationsquellen abzuleiten. Ein anschauliches Beispiel ist die Bewertung von Vega- und Krümmungsrisiken (Curvature Risk), die für Instrumente mit Optionalität ermittelt werden müssen. Der Regeltext CRR Art. 325e gibt hierzu nur eine knappe Vorgabe: Eigenmittelanforderungen für Vega- und Krümmungsrisiken müssen für „Instrumente mit Optionalität“ berechnet werden.

Im Targeted Review FRTB-SA kristallisierte sich für das Beispiel Vega- und Krümmungsrisiken über die Institute hinweg eine weitere Fassung des Konsolidierungskreises als im CRR-Text heraus, und zwar ein Einbezug des Krümmungsrisikos für alle Risikoarten eines optionalen Instruments, unabhängig davon, ob die Optionalität bewertet wird oder nicht.

Auch die regelmäßig veröffentlichten Q&As der EBA liefern zusätzliche Hinweise zur Auslegung der EU-Gesetzgebung. So erweitert QA 2024_7006 den Begriff der Instrumente mit Optionalität von reinen vertraglichen Ausübungsoptionen auf alle Instrumente, die sensitiv gegenüber Veränderungen regulatorischer Vega-Risikofaktoren sind. Das bedeutet, dass zum Beispiel auch FX Time Options unter das Vega-Risiko unter FRTB fallen. Weitergehend fordert QA 2024_7232 explizit die separate Berücksichtigung eines Credit Spread Vega für Kreditinstrumente wie kündbare Bonds, Bond Future Options und Bondoptionen, was nicht Teil gängiger Bewertungsmodelle ist.

Es wird klar: Die sich abzeichnenden Vereinheitlichungsversuche der Aufsicht könnten langjährige Modellierungsentscheidungen hinterfragen und wesentliche Anpassungsbedarfe offenbaren.

Fazit: Banken sollten ihre FRTB-Strategie aktiv steuern

Wo sich in der Implementierung eines Risikomodells Lücken bzw. von der Aufsichtsmeinung abweichende Interpretationen auftun, müssen Banken frühzeitig einen geeigneten Umgang damit definieren. Auch hier ist die Regulierung in Bezug auf den FRTB-Standardansatz noch nicht sonderlich ausdetailliert. Während für interne Modelle bereits seit 2020 ein technischer Standard zur Behandlung von Risks Not In Model (RNIM) vorliegt, fehlen noch Vorgaben zur Modellschwächenquantifizierung des Standardansatzes.

Banken sollten daher ihre Analyse- und Validierungsfähigkeiten schärfen. Auch die Integration der neuen Kennzahlen in das bestehende Reporting und Eskalationsrahmenwerk kann den Übergang erleichtern. Im bankenübergreifenden Austausch können sie Erfahrungen teilen und Lösungsansätze entwickeln.

Banken, die den Schritt von einem internen Modell zum Standardansatz vollziehen, sollten ihren Erfahrungsvorsprung nutzen und ihre existierende Modell-Governance auf Übertragbarkeit prüfen, um auch zukünftig aufsichtliche Feststellungen zu vermeiden. Diese Schritte sowie eine proaktive Katalogisierung bekannter Modellschwächen des FRTB-Standardansatzes rüsten für kommende Aufsichtsprüfungen und können Feststellungen vermeiden.