Immobiliensektor: Finanzielle Stabilität durch transparente Planung

Wie Banken zu mehr Liquidität beitragen können

Keyfacts:

  • Steigende Zinsen, höhere Baukosten, Zurückhaltung bei Kreditvergaben: Der Immobiliensektor steht derzeit vor großen Herausforderungen.
  • Finanzinstitute können ihren Teil dazu beitragen, die Immobilienbranche in dieser Krisenlage zu stabilisieren und Risiken von Kreditausfällen zu minimieren.
  • Ein wichtiges Instrument auf dem Weg zu mehr Liquidität sind Planungsrechnungen und Szenarioanalysen.

Am Immobilienmarkt sind Projektentwickler in Schieflage geraten. Die aktuelle Situation im Wohnungsbau ist besorgniserregend, stellte das Münchner ifo-Institut im Dezember 2023 fest: Mehr als jedes zehnte vom Institut befragte Unternehmen hat Finanzierungsschwierigkeiten – das ist der höchste Wert seit 30 Jahren.

Einer der Hauptgründe dafür ist das schwache Neugeschäft. Nahezu die Hälfte der Unternehmen im Wohnungsbau klagt über Auftragsmangel. Eine schwächelnde Nachfrage und Konjunktur nach der Pandemie belasten auch den Markt für Büroimmobilien derzeit stark.

Lücken in der Planungsrechnung, fallende Preise

Und die Lage spitzt sich weiter zu. Denn durch den Optimismus der Immobilienbranche in den vergangenen Jahren zeigen sich nun Lücken in der Planungsrechnung, in der oft weder die steigenden Zinsen noch die wachsenden Materialkosten berücksichtigt wurden.

Fallende Immobilienpreise führen außerdem dazu, dass Projektentwicklungen nicht zu Baukosten verkauft werden können. So sind nicht nur laufende Projekte, sondern die gesamte Pipeline der Projektentwickler von der Situation betroffen.

Druck auf Kreditgeber ebenfalls hoch

Die aktuellen Entwicklungen führen auch dazu, dass Banken bei der Kreditvergabe angesichts der erhöhten Risiken zurückhaltend agieren. Hinzu kommt auf Bankenseite der steigende Druck durch die Aufsichtsbehörden.

Die Folge: Kreditinstitute sind stärker denn je dazu angehalten, regulatorische Anforderungen, darunter auch Kriterien aus den Bereichen Umwelt, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung (ESG), genauestens zu erfüllen.

Das wirkt sich zusätzlich auf ihre Kreditvergabe-Kriterien und auf die Wertberichtigungspolitik aus. Somit sind Neufinanzierungen in der Immobilienbranche entsprechend schwerer zu realisieren.

Mit Transparenz zu mehr Liquidität

Es ist höchste Zeit, dass Projektentwickler Maßnahmen ergreifen, die die Liquidität sichern sowie die Kapitaldienstfähigkeit stabilisieren. Doch was bedeutet das im Detail? Um die aktuellen Herausforderungen – die zum Teil Projektentwickler und Bestandsimmobilienhalter gleichermaßen betreffen – zu meistern und schlimmstenfalls Insolvenzen zu verhindern, gewinnt insbesondere ein Schlagwort zusehends an Bedeutung: Transparenz.

Denn erst mit der nötigen Transparenz haben Unternehmen im Immobiliensektor überhaupt die Option, mit ihren Stakeholdern mögliche Lösungswege für ihre finanziellen Herausforderungen zu diskutieren.

Transparenz fängt bei der sauberen Darstellung des eigenen Portfolios an und reicht bis zu Szenario-Planungen, um den Kapitalbedarf zu ermitteln, potenzielle Risiken frühzeitig zu erkennen und daraus geeignete Maßnahmen abzuleiten.

Szenarioanalysen als wichtiger Baustein

Wichtig ist bei der Planung auch, die Volumina der Anschlussfinanzierungen der kommenden Jahre zu berücksichtigen. Denn hier ergeben sich je nach Zinsentwicklung sehr unterschiedliche Risiken.

Insbesondere Immobilien in B-Lagen, deren Finanzierung ohnehin schon eng bemessen ist, könnten es bei Anschlussfinanzierungen schwer haben.

Zu den Szenario-Analysen gehört auch, dass Unternehmen Aspekte wie die Optimierung ihrer Organisation oder den Abbau von Bestandsimmobilien einkalkulieren – also in der eigenen Organisation schauen, welche Reserven sich noch mobilisieren lassen.

Banken sollten gleichzeitig gewährleisten, dass sie die Auswirkungen von Veränderungen in den wirtschaftlichen Bedingungen, der Marktvolatilität und bei weiteren potenziellen Faktoren auf die Einschränkung der Kreditwürdigkeit des Unternehmens berücksichtigen.

Möglichkeiten von Banken

Schlussendlich benötigen Banken möglichst realistische Planungsrechnungen, um Liquidität zur Verfügung zu stellen. Eine wesentliche Bedeutung kommt der engen Überwachung der Kapitaldienstfähigkeit auf Basis aktueller Unterlagen zu.

Um eine Rückzahlungsfähigkeit des Unternehmens gewährleisten zu können, ist es für die Banken von besonderer Relevanz, regelmäßig aktuelle Unterlagen, wie beispielsweise Leerstandsquoten oder Mieterlisten, einzufordern.

Mit zusätzlichen Finanzmitteln wie Überbrückungskrediten oder anderen Finanzinstrumenten lassen sich kurzfristige Liquiditätsprobleme lösen. Alternativ können Banken auch in wirtschaftlichen Notlagen bei der Restrukturierung von Krediten eine Rolle spielen, indem sie etwa Kreditlaufzeiten verlängern, Tilgungen aussetzen oder Zinssätze anpassen.

Unser Schaubild zeigt Maßnahmen zur Restrukturierung von Immobilienunternehmen, um die finanzielle Stabilität zu gewährleisten:

Mit einer Planungsrechnung Zeit und Liquidität gewinnen

So gewinnen Unternehmen wertvolle Zeit und erhalten die Liquidität, die sie für die Fortführung ihrer Projekte, aber auch für die Investition in ihre Zukunftsfähigkeit dringend benötigen. Eine umfassende Planungsrechnung bildet zudem die Grundlage für die Entwicklung einer strategischen Ausrichtung.

Die Anpassung des Geschäftsmodells ist ein weiterer wichtiger Faktor, um die Wirtschaftlichkeit und die Liquidität von Projekten wiederherzustellen oder als Bestandsimmobilienhalter die Möglichkeit der Diversifizierung als Risikominimierung zu nutzen.

Insbesondere bei komplexen Immobilienstrukturen nützen Szenario-Analysen nicht nur den Kreditnehmern selbst, sondern auch den Kreditgebern. Denn auch die Bankenaufsicht fordert zunehmend Transparenz bei den Planungen ein.

Kreditinstitute und Projektentwickler profitieren somit gleichermaßen davon, wenn sie sich ausführlich mit verschiedenen Szenarien vom Worst Case bis hin zum Best Case beschäftigen. Zudem können Finanzinstitute so ihren Teil dazu beitragen, die Immobilienbranche in dieser Krisenlage zu stabilisieren.