Regulatorische Anforderungen durch DORA
Mit DORA gibt es neben der Kritikalität der beschriebenen Risiken nun auch einen regulatorischen Treiber, sich systematisch mit dem Thema auseinanderzusetzen. Die Verordnung verpflichtet Finanzunternehmen ausdrücklich dazu, kryptografische Assets systematisch zu verwalten und deren Sicherheit kontinuierlich zu gewährleisten.
Gemäß Artikel 9 sowie den dazugehörigen technischen Regulierungsstandards (RTS) – insbesondere Artikel 7, 12 und 15 – müssen Organisationen ein vollständiges, aktuelles Verzeichnis aller kryptografischen Zertifikate und deren Speichergeräte führen, sofern diese kritische oder wichtige Funktionen unterstützen.
Darüber hinaus fordert DORA ein umfassendes Lifecycle-Management kryptografischer Assets – von der Erstellung über die Nutzung bis zum Widerruf. Alle relevanten Vorgänge müssen nachvollziehbar dokumentiert werden. Diese Anforderungen stellen viele Unternehmen vor organisatorische und technische Herausforderungen, insbesondere beim Aufbau unternehmensweiter Transparenz in Bezug auf eingesetzte Schlüssel und Zertifikate und der Integration von PKI-Prozessen in bestehende Sicherheitsarchitekturen.
Das Zertifikatsregister als zentrales Steuerungselement
Ein entscheidender Baustein zur Erfüllung der DORA-Anforderungen ist die Einführung eines zentralen Zertifikatsregisters. Ein solches Register ermöglicht die zentrale Erfassung und Verwaltung aller digitalen Zertifikate innerhalb der Organisation. Es schafft Transparenz über deren Verwendungszwecke, Gültigkeitszeiträume, Aussteller und aktuelle Statusinformationen – ein essenzieller Schritt zur Risikominimierung.
Besonders relevant ist dabei die Möglichkeit zur automatischen Erkennung und Überwachung von Zertifikaten in der gesamten IT-Infrastruktur. Moderne Zertifikatsregister können durch die Integration von Discovery-Tools kontinuierlich neue oder geänderte Zertifikate erfassen, Laufzeiten überwachen und bei drohenden Ablaufdaten automatisch Warnmeldungen generieren. Auf diese Weise lassen sich Ausfälle durch abgelaufene Zertifikate proaktiv verhindern.
Außerdem bringt das Zertifikatsregister weitere Funktionalitäten mit sich, die compliance-relevant sind: Es ermöglicht die revisionssichere Dokumentation sämtlicher relevanter Informationen und stellt sicher, dass alle regulatorischen Anforderungen hinsichtlich Nachvollziehbarkeit und Aktualität erfüllt sind. Auch die Durchführung von Audits und internen Reviews wird damit erheblich erleichtert.
Umsetzung in der Praxis
Die Einführung eines umfassenden Kryptomanagements, dass die Anforderungen von DORA erfüllt, sollte gut geplant sein. Folgende Punkte gilt es dabei zu beachten:
- Reifegradanalyse durchführen
Den aktuellen kryptografischen Stand im Unternehmen erfassen, mit den Soll-Anforderungen abgleichen und Handlungsbedarfe identifizieren - Roadmap entwickeln
Maßnahmen, Verantwortlichkeiten und Zeitpläne festlegen, um die Umsetzung strukturiert voranzutreiben - Zertifikatsregister einführen und Richtlinien anpassen
Ein zentrales Register für Zertifikate aufbauen und bestehende Kryptorichtlinien an die regulatorischen Vorgaben anpassen - Lifecycle-Management etablieren
Prozesse für die Verwaltung kryptografischer Assets über ihren gesamten Lebenszyklus definieren - Regelmäßige Kryptoreviews durchführen
Verfahren und Richtlinien regelmäßig auf Aktualität, Sicherheit und Compliance überprüfen
Die Anforderungen von DORA machen deutlich: Kryptografische Assets sind nicht länger ein rein technisches Thema, sondern ein zentraler Bestandteil der unternehmensweiten IT-Governance. Finanzunternehmen, die ihre Zertifikate, Schlüssel und kryptografischen Infrastrukturen systematisch verwalten, erhöhen ihre Sicherheit, Verfügbarkeit und regulatorische Konformität.
Die Einführung eines zentralen Zertifikatsregisters bildet dabei die Grundlage für mehr Transparenz, Effizienz und Resilienz im digitalen Zeitalter.