Neue Vorgaben zu CCFs: Was jetzt für Banken zu tun ist

Neue Vorgaben zu CCFs: Was jetzt für Banken zu tun ist

EBA-Guidelines zu Kreditlinien, Daten und Modellen erhöhen Kapital- und Umsetzungsaufwand

Keyfacts:

  • Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA konkretisiert erstmals die Schätzung von Kreditumrechnungsfaktoren (Credit Conversion Factors, CCFs).
  • Neue Konzepte wie nicht zugesagte Kreditlinien (Unadvised Limits) und CCFs im Ausfall erhöhen den Umsetzungsaufwand und die Kapitalanforderungen.
  • Banken sollten die bis zum 29. Oktober verlängerte Konsultationsphase nutzen, um eigene Erfahrungen und Bedenken einzubringen.

Mit dem Konsultationspapier EBA/CP/2025/10 legt die EBA erstmals Leitlinien für die Schätzung von Kreditumrechnungsfaktoren (CCFs) vor. Nach den Vorgaben für Ausfallwahrscheinlichkeit (Probability of Default, PD) und Verlustquote im Ausfall (Loss Given Default, LGD) ist dies der letzte große Baustein zur Harmonisierung interner Ratingsysteme im Rahmen der CRR 3. Für Banken bedeutet das: Anpassungen bei Daten, Modellen und Governance – mit direkten Auswirkungen auf Kapitalanforderungen.

Das sind die wichtigsten Neuerungen

  • Unadvised Limits: Überziehungsmöglichkeiten, die bislang nicht als Unadvised Limits behandelt wurden, sind künftig verpflichtend einzubeziehen. Institute müssen ihre Prozesse dafür detailliert prüfen und dokumentieren. Die zusätzliche Berücksichtigung bislang unberücksichtigter Kreditlinien kann dabei spürbare Auswirkungen auf die Eigenkapitalanforderungen haben.
    s
  • Fazilitäten-Definition: Die konsistente Behandlung verbundener Verträge soll Schätzung und Anwendung harmonisieren. Vor allem bei der Frage, welche Verträge als verbunden gelten und in einer Fazilität zusammenzuführen sind, besteht Gestaltungsspielraum für Institute.
    s
  • CCFs für vollständig gezogene Linien: Lagen bisher nicht im Anwendungsbereich von CCF-Modellen und müssen künftig berücksichtigt werden. Die neue Methodik stellt sicher, dass auch für vollständig gezogene Linien das Kreditausfallvolumen (EAD) korrekt berechnet wird – sowohl in der Schätzung als auch in der Anwendung. Solche Beobachtungen werden künftig in eigenen Grades beziehungsweise Pools erfasst. Damit erweitert sich der Anwendungsbereich potenziell auch auf Geschäfte ohne vertragliche Linie, etwa Haben-Konten

CRR 3: Was sich für IRB-Institute ändert

Unsere Publikation zeigt, welche neuen Vorgaben auf Banken zukommen – kompakt, technisch fundiert und praxisnah aufbereitet.

Jetzt lesen

Die folgenden Änderungen gelten für alle Non-Retail-CCF-Modelle sowie für Retail-CCF-Modelle, sofern dort Ziehungen nach dem Ausfall berücksichtigt werden (und das Wahlrecht für LGD nicht genutzt wird):

  • Incomplete Drawing Processes (IDPs): Künftig sind – analog zu LGD –auch unvollständige Ziehungen zu berücksichtigen. Unter strengen Bedingungen ist ein vereinfachter Ansatz möglich, ansonsten ist ein detailliertes Forecast-Modell zu implementieren.
    s
  • CCFs im Ausfall: Erstmals ist eine explizite Modellierung erforderlich. Nach Eintritt des Ausfalls sind zusätzliche Ziehungen zu modellieren. Auch hier ist ein vereinfachtes Modell bei Erfüllung entsprechender Bedingungen zulässig.

Weitere Themen werden ausgeführt und präzisiert:

  • Einheitlicher Referenz-Zeitpunkt: Für die Berechnung wird künftig immer ein Zeitraum von zwölf Monaten vor dem Ausfall betrachtet – so wie es bereits in der CRR 3 vorgesehen ist. Wenn ein Ausfall schon nach weniger als zwölf Monaten eintritt, zählt der Zeitpunkt, an dem erstmals ein offener Kreditbetrag für die betreffende Fazilität vorlag.
    s
  • Downturn CCFs: Die Anforderungen orientieren sich stark an den Regeln für Downturn LGD. Abweichend davon gibt es jedoch keinen pauschalen Abschlag (Haircut) und keine Obergrenze von 15 Prozentpunkten beim Konservativitätsaufschlag im Typ-III-Ansatz.
    s
  • Region of Instabiliy: Für bestimmte Fälle dürfen Banken CCFs auch mit einer alternativen Berechnungsmethode bestimmen, ähnlich wie bei bereits vollständig gezogenen Kreditlinien. Im Fokus stehen Herleitung und Backtesting der relativen Grenzwerte für Beobachtungen innerhalb und außerhalb der Region of Instability.

Herausforderungen für Banken

Die Umsetzung der neuen CCF-Vorgaben geht weit über Modelltechniken hinaus. Besonders kritisch ist die Datenlage: Viele Institute erfassen Unadvised Limits bislang oft nicht systematisch. Auch Veränderungen im Produktmix oder Details zu Ziehungsprozessen fehlen häufig in der Historisierung. Wer hier Lücken hat, riskiert konservative Aufschläge.

Darüber hinaus steigt der Governance-Aufwand deutlich. Neue Dokumentationspflichten, jährliche Überprüfungen und zusätzliche Konservativitätsaufschläge erfordern erhebliche Ressourcen – von der Modellentwicklung über die IT bis hin zur internen Revision. Auch die Voraussetzungen für die Nutzung vereinfachter Ansätze sind zu überprüfen.

Neben hohen Umsetzungsaufwänden für Banken ist auch mit einer Harmonisierung der Modelllandschaft und verringerter Arbitrage im Markt zu rechnen. Incomplete Drawing Processes und CCFs in Default sind nur relevant, wenn Ziehungen nach Ausfall in den CCFs berücksichtigt werden. Da das Wahlrecht zur Berücksichtigung von DaDs in LGD oder CCFs ausschließlich für Non-Retail-Modelle gilt, wird der Anreiz gesteigert, bestehende Non-Retail-Portfolios vom A-IRB in den F-IRB zu überführen.

Was jetzt zu tun ist  

Trotz der hohen Anforderungen eröffnen die neuen Leitlinien auch Möglichkeiten. Die enge Anbindung an die bestehenden Vorgaben für PD und LGD erlaubt eine integrierte Modelllandschaft und damit in großen Teilen eine Verzahnung mit bestehenden Modellentwicklungsstandards.

Wer zudem frühzeitig in bessere Datenqualität und robuste Prozesse investiert, senkt das Risiko künftiger Kapitalbelastungen. Ein Beispiel ist die saubere Erfassung von Umbuchungen zwischen verschiedenen Kreditfazilitäten oder die systematische Dokumentation von Unadvised Limits.

Gleichzeitig bietet die bis zum 29. Oktober verlängerte Konsultationsphase Gelegenheit, um eigene Erfahrungen und Bedenken einzubringen. Die EBA zeigt sich bewusst, dass die neuen Regeln weitreichende Auswirkungen haben, und ist für Rückmeldungen offen.

Die neuen CCF-Guidelines markieren einen Paradigmenwechsel: Sie rücken CCFs in den Mittelpunkt als zentralen Risikoparameter mit erheblichen methodischen und organisatorischen Auswirkungen. Banken sollten die Konsultation nutzen, um praxisnahe Einwände einzubringen – und gleichzeitig ihre Umsetzungspläne starten. Denn ab Ende 2026 gilt: Vorbereitung entscheidet über Stabilität und Effekt auf Kapitalanforderungen.