Quo vadis, Corporate Banking? – These 6

Quo vadis, Corporate Banking? #6

"Digital Corporate Credit" – Onmi-E2E ist kein Bullshit-Bingo

Die aktuellen Herausforderungen der Banken im Allgemeinen und des Corporate Bankings im Speziellen sind bestens bekannt und durch die COVID-19 Pandemie nicht weniger geworden (vgl. vorherige Thesen). Diese treffen auch uneingeschränkt auf das Kreditgeschäft als Kernprodukt im Corporate Banking zu.

Aus dem Retail-Banking gibt es vielfältige Lösungsmuster für digitale Kreditprozesse. Diese lassen sich aber leider nur schwer oder gar nicht auf das Corporate-Credit-Geschäft übertragen. Zwar können wir im kleineren, weniger komplexen bzw. standardisierten Corporate-Geschäft höhere Dunkelverarbeitungsquoten erreichen, es wird aber noch kein Ratenkredit daraus.

Standardisierung und Komplexitätsreduktion Pflicht bei Digitalisierung

Standardisierung und Komplexitätsreduktion sind natürlich auch im Corporate Banking in jedem Digitalisierungsprojekt Pflicht. Die verbleibende Komplexität und Heterogenität sind jedoch geschäftsimmanent hoch, sodass die erarbeiteten Lösungen sich danach auszurichten müssen.

Die besondere Bedeutung der Themen Omnikanal und einer End-to-End(E2E)-Prozesssicht auch für das Corporate-Kreditgeschäft wird inzwischen kaum mehr bestritten – insbesondere da diese Themen einen wesentlichen Beitrag für die Kernziele der digitalen E2E-Transformation leisten:

  • Steigerung Kundenzufriedenheit
  • Entwicklung Zusatzgeschäft
  • Massive Kosteneinsparungen
  • Wesentliche Qualitätssteigerung
  • Verbesserte Risikoeinschätzung

Mit Blick auf den Umsetzungsstand in den Corporate-Kreditprozessen wird aber klar, dass weiterhin hoher Handlungsbedarf besteht. So gibt es beispielsweise voll digitale Online-Abschlussstrecken, die keiner nutzt, da Kanalwechsel nicht möglich sind, kein Eingriff in den Prozess erfolgen kann und insgesamt kein Mehrwert für die Kunden gegenüber dem analogen Prozess generiert wird. In anderen Fällen wurde ausschließlich die Digitalisierung der Antragsstellung forciert, ohne die Potenziale entlang der gesamten Prozesskette zu heben. Dokumentenupload-Funktionalitäten im Kundenportal sind natürlich begrüßenswert. Wenn jedoch immer noch mehr als 90% des Dokumenteneingangs per E-Mail und Post erfolgt und dieser weiterhin völlig manuell bearbeitet wird, stellt sich die Frage der Priorisierung.

Die Konsequenz liegt auf der Hand. Rückblickend ist viel Energie und Geld in die Konzeption und Umsetzung digitaler Corporate-Kreditprozesse geflossen, viele der Potenziale wurden aber liegengelassen.

Was ist also zu tun…

Wir brauchen digitale Lösungen speziell für das Corporate Banking, die der Komplexität und den geringeren Standardisierungsgraden, aber auch den viel geringeren Stückzahlen Rechnung tragen. Letzteres schränkt beispielsweise die Einsatzmöglichkeiten künstlicher Intelligenz im Corporate-Kreditgeschäft insbesondere im Vergleich zum Retailgeschäft stark ein. Es steht weniger die vollständige Automatisierung als vielmehr die bestmögliche digitale Unterstützung des Prozesses im Vordergrund.

Dabei müssen die beiden zentralen Punkte zu einer integrierten „Omni-E2E“-Lösung verschmolzen werden. Insbesondere die folgenden zehn Erfolgsfaktoren sollten berücksichtigt werden:

  • Customer Centricity: Berücksichtigung der sehr heterogenen Kundenbedürfnisse im Corporate Banking (vgl. These 2)
  • Echter Omni-Kanal-Ansatz: Ausbau, Verzahnung und Nutzung der Kanäle – der Kunde entscheidet über Kanalnutzung bzw. -wechsel
  • Flexible Digitalisierungsgrade: Der Kunde bestimmt den Digitalisierungsgrad gegebenenfalls in jedem einzelnen Prozessschritt
  • Echtes E2E: Der Prozess startet bei der Entstehung des Kundenbedarfs und endet erst mit der Rückzahlung
  • Integriertes Informations-/ Datenmanagement: Berücksichtigung heterogener Quellen/ Kanäle, frühestmögliche Digitalisierung, Nutzung über den gesamten Prozess
  • Sinnvoller Grad der Automatisierung: Klarer Blick auf das vor dem Hintergrund von Komplexität und geringen Stückzahlen Machbare
  • Effiziente Mensch-Maschine-Schnittstelle: für alle Prozessschritte, die nicht weiter digitalisiert/ automatisiert werden können
  • Richtiger Fokus bei Daten und Prozessen: Differenzierte Granularität der Daten und Prozesse je nach Portfolio
  • Moderne flexible IT-Architektur: Workflow/ Low-Code Plattform; Mirco Service Architektur, integrierte Datenhaltung, APIs etc.
  • Impact-Maximierung: Fokussierung und Priorisierung auf Lösungen/ Use Cases, die maximal auf die obigen Ziele einzahlen (für die Kunden und die Bank)

… und wie geht man besten dabei vor:

In der Praxis sehen wir, dass oft eine agile Umsetzung einzelner Maßnahmen angestoßen wird. Sofern diese auf die Effizienz und Effektivität des E2E-Prozeses einzahlen, spricht grundsätzlich auch nichts dagegen. Allerdings besteht die Gefahr, dass man sich in der Vielzahl an Einzelmaßnahmen verliert bzw. kein stimmiges Gesamtbild entsteht.

Für uns ist daher elementar wichtig, zunächst ein klares High-Level-Zielbild „Corporate Credit“ zu entwickeln. Dies ist bereits in einem kurzen Sprint von vier bis sechs Wochen möglich. Die Zielbildkomponenten sind dann in einzelne Bausteine herunterzubrechen und mit Maßnahmen zu versehen. In Abhängigkeit von Impact und Relevanz sind die Bausteine bzw. Maßnahmen dann zu priorisieren und – sofern sinnvoll – agil umzusetzen.

Wenn auch Sie vor Herausforderungen im Corporate Credit stehen, sprechen Sie uns gerne an. Wir freuen uns auf Anregungen und tiefergehende Diskussionen zu diesem Themenkomplex. Stay tuned for our latest thinking on „Quo vadis Corporate Banking?“

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