Quo vadis, Corporate Banking? – These 4

So gelingt der Wandel in der neuen Normalität

Wir haben erlebt, wie sich Disruption anfühlt: Stillgelegte Fabriken, geschlossene Geschäfte, leere Straßen und tiefgreifende Einschnitte in das wirtschaftliche und private Leben. Nichts ist mehr, wie es war, und vieles wird sich auch zukünftig verändern. Eine neue Normalität zeichnet sich ab.

Der bundesweite „Shutdown“ zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie bleibt nicht ohne wirtschaftliche Folgen: Viele Unternehmen geraten oder sind bereits aufgrund der eingebrochenen Nachfrage unverschuldet in Liquiditätsengpässe.

Um Unternehmen zu stützen und langfristige ökonomische und soziale Schäden abzuwenden, wurde von der Bundesregierung die Einrichtung eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds in einer Gesamthöhe von 600 Mrd. € beschlossen. Zusätzlich wurde ein 130 Mrd. € schweres Corona-Konjunkturpaket verabschiedet, welches weitere 25 Mrd. € „Überbrückungshilfe“ für angeschlagene Unternehmen beinhaltet.

Aufgrund der kriselnden Realwirtschaft ist aber auch die Finanzindustrie direkt betroffen: Kapitalausstattung und Liquidität sind gestresst – Risikopositionen nehmen zu. Allerdings steigt zunächst die kurzfristige Kreditnachfrage im Corporate Banking einerseits durch die Ausnutzung bereits vor der Krise gewährter, kurzfristiger Kreditlinien und Garantien sowie anderseits durch die Nachfrage der durch die Bundesregierung verabschiedeten Kreditsonderprogramme.

Gleichzeit zeichnet sich ab – die Gewinner der Krise werden diejenigen sein, die es schaffen, die Digitalisierung ihrer Geschäftsmodelle und Prozesse weitervoranzutreiben, um den Kunden sowohl persönlich als auch virtuell vollumfänglich zu betreuen und somit nachhaltig zu binden.

Die Krise aktiv zu managen hat kurzfristig sicherlich obererste Priorität. Hierbei liegt der Fokus insbesondere auf den folgenden Themenfeldern:

  • Aktiv an der Seite der Kunden stehen und nachhaltig die Kundenbeziehung auch über die Krise hinaus stärken
  • Operative Stabilität sicherstellen
  • Incentivierung und technische Unterstützung der Nutzung von aus einer Remote-Situation heraus genutzten digitalen Kanälen
  • Sicherung der kurzfristigen Liquidität und der Aufrechterhaltung der Geschäftsaktivitäten

Ein erstes Zwischenfazit zeigt, dass das aktuelle Krisenmanagement bei einem Großteil der Institute sehr gut funktioniert hat. Insbesondere dank eines schnellen Umstiegs auf ortsunabhängiges Arbeiten konnte der Geschäftsbetrieb nahezu 100% aufrecht erhalten bleiben.

Auch wenn die vorhandenen Ressourcen (Mitarbeiter, Budgets, etc.) bereits sehr stark belastet sind, ist es jetzt essentiell, dass sich die Banken intensiv mit den strategischen Fragestellungen zum Geschäfts- und Betriebsmodell in der Post-Covid-Welt auseinandersetzen.

Das Bankgeschäft im Allgemeinen war bereits vor der Corona-Krise im Wandel. Für viele Trends – insbesondere Digitalisierung und Automatisierung – fungiert die aktuelle Krise als Katalysator. Das Corporate Banking im Speziellen wird sich auch weiterhin grundlegend verändern.

Zentrale Leitlinien zur Konzeption und Ausgestaltung von Business und Target Operating Modells für eine Post-Corona-Welt sollten sein:

Den Kunden – wichtiger denn je – in den Mittelpunkt stellen:

  • Identifikation zentraler Veränderungen in Kundenverhalten-/Bedürfnissen: sowohl auf der Betreuungs- als auch auf der Geschäftsebene
  • Nachhaltige Nutzung der positiven Kundenwahrnehmung (aufgrund der Unterstützung im Rahmen der Krise)
  • Stärkung der Vertriebseinheiten für eine „nahe“ Begleitung/ Betreuung der Kunden auch in Zeiten geringerer persönlicher Interaktion sowie
  • Sicherstellung eines tiefgreifenden Verständnisses der alten und neuen Bedürfnisse der Kunden

Ausbau und Optimierung der Kundenschnittstellen

  • Nutzung der zunehmenden Bereitschaft der Kunden zur Nutzung digitaler Kanäle und konsequenter Ausbau des Omni-Kanal-Ansatzes sowie
  • Permanente Weiterentwicklung der Bank-Prozesse (E2E) und der Kundenschnittstellen (Omni-Kanal)

Digitalisierung/Automatisierung

  • End-To-End Digitalisierung und Automatisierung der Bankprozesse
  • Automatisierung bzw. technische Unterstützung der verbleibenden manuellen Tätigkeiten (Informationsbeschaffung, Advanced Analytics, Workflow, Robotics etc.)

Modernisierung und Flexibilisierung des Risikomanagement-Frameworks

  • Abbildung von Emerging Risks und Transformationsrisiken inkl. Aufbau der dazu notwendigen Modelle und Datenhaushalte
  • Nutzung neuer externer Datenquellen und agiler D&A-Methoden für Risikobeurteilung und Risikofrüherkennung sowie Automatisierung/Digitalisierung von Informationsbeschaffung/-verarbeitung
  • Flexibilisierung der Risiko-IT-Landschaft und deutliche Verbesserung der Szenariofähigkeit
  • Gleichzeitig Sicherstellung, dass Experteneinschätzung noch gezielt, kontrolliert und intersubjektiv angewendet werden kann, wenn notwendig

Agilisierung der Organisation

  • Agilisierung der Organisation um sehr kurzfristig Ressourcen sowohl im Vertrieb als Betrieb umwidmen zu können (bspw. für eine schnelle und massenhafte Bearbeitung von Förderanträgen in hoher Qualität)
  • Verstetigung der virtuellen Zusammenarbeit: Stärkere Flexibilisierung von physischen Arbeitsplätzen und der Diskussion von Standortkonzepten auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse im Rahmen des spontanen, großflächigen Wechsels auf „Remote-Arbeit“ und „virtueller Kollaboration“ in der Krise

Kostenoptimierung und -reduktion

  • Weitere Kosteneinsparungen aufgrund erwarteter fehlender Entspannung bei der Ertrags- und Risikosituation erforderlich
  • Sicherstellung finanzielle Robustheit und damit Widerstandsfähigkeit für Krisenzeiten sowie Leistungsfähigkeit und Flexibilität für die Erholungsphase

Sicherstellung Operational Resilience

  • Weiterentwicklung der Fähigkeit zur Absorbierung externer oder interner operationeller Schocks und damit die operative Kontinuität der wichtigen Geschäftsaktivitäten sicher zu stellen – durch Schutz der Prozesse und operationellen Ressourcen
  • Ausbau der Fähigkeiten, Gefahren für das Betriebsmodell frühzeitig zu identifizieren, angemessen und flexibel zu reagieren und eine schnelle Erholung von Ausfällen sowie Schocks/Krisen zu erreichen

Refokussierung Investitions-/ Projektportfolio

  • Evaluierung der Betriebs- und Investitionsausgaben und Identifikation von Einsparpotentialen –> Eine (Neu-)Bewertung der Investitionen sollte aber immer an der Zielsetzung ausgerichtet sein, wie das (Corporate) Banking nach der Krise aufgestellt sein wird. Wichtige Investitionen in Automatisierung und Digitalisierung dürfen daher nicht vertagt werden

Die Weichen für zukünftige Ausrichtung des Geschäftsmodells unter Berücksichtigung der oben beschriebenen Leitplanken sollten jetzt gestellt werden. Primäres Ziel ist dabei, ein nachhaltiges und langfristiges Zielbild für das Corporate Banking von morgen zu entwickeln.

Pragmatische und für eine Übergangsphase gedachte Lösungen sollten hierbei kritisch beleuchtet werden und entweder im Rahmen der Operationalisierung des Zielbildes abgelöst oder entsprechend des Zielbildes weiterentwickelt und in nachhaltige und langfristig effiziente Konzepte überführt werden.

Sicherlich stellt dies viele Unternehmen vor weitere Herausforderungen und einer zusätzlichen Belastung von Schlüsselrollen. Aber eins hat uns die Krise insbesondere gezeigt: Wenn der Wille für schnelle und grundlegende Veränderungen vorhanden ist, kann der Wandel gelingen. Der Großteil unserer Kunden hat hierbei sehr positive Erfahrungen gemacht. Dieses Momentum gilt es jetzt und nach der Krise weiter zu nutzen.

Stay tuned for our latest thinking on „Quo vadis Corporate Banking?“

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