Quo vadis, Corporate Banking? – These 8
Quo vadis, Corporate Banking? #8
Open Corporate Banking – die Chance auf den „Uber-Moment“ im Banking
Das Segment Corporate Banking wird sich am Ende des Jahrzehnts sehr unterschiedlich darstellen – dies wird zum einen Ergebnis evolutionärer Entwicklungen sein, zum anderen radikal anders als das, was wir heute unter Corporate Banking verstehen.
Die Veränderung wird dabei nicht allein durch die fortschreitende Weiterentwicklung von Technologie bestimmt werden, sondern vielmehr durch eine Konfluenz zusammenhängender struktureller, regulatorischer und wettbewerbsbedingter Änderungen geprägt werden.
Wir sehen für diese Transformation vier zentrale Bereiche, welche zu bewerten sind und in einen ganzheitlichen Kontext gesetzt werden müssen:
- Technologie: Katalysator und Treiber der Transformation
- Regulierung: Rahmenbedingung für Sicherheit, Innovationsraum und Flexibilität
- Daten: Allgemeine Verfügbarkeit (reguliert) über das Segment Banking hinaus
- Geschäfts- und Betriebsmodelle: effiziente, skalierbare Ökosysteme und Plattformen
Innovation im Corporate Banking wird nicht die Neuerfindung des Segments sein, sondern die Kombination von Bestehendem zur Schaffung von klaren Mehrwerten für Kunden
Die Corporate Bank der Zukunft wird erkennen, dass Technologie und Regulierung nicht die Möglichkeiten des Corporate Banking limitieren, sondern vielmehr neue Werte schaffen werden. Es wird dabei für Banken nicht darauf ankommen, bahnbrechende neue Innovationen zu entwickeln, sondern bestehende und auftretende Möglichkeiten kundenorientiert und strukturiert für die Bedürfnisse ihrer Kunden zu kombinieren und in Zusammenarbeit mit ihnen gezielt weiterzuentwickeln.
Der „Uber-Moment“ dient hierbei als anschauliches Beispiel für die Wertsteigerung durch Kombination vorhandener Möglichkeiten zur Schaffung von etwas radikal Neuem: App-Technologie + GPS-Daten + Navigations-Daten (digitale Landkarten) + Profildaten + Plattform-Infrastruktur.
Echtzeitzahlungen und Open Banking ebnen den Weg für offene Architekturen
Das Bankgeschäft ist aufgrund der strikten Regulierung kein Land der unbegrenzten Möglichkeiten für ständig radikale Neuerung analog des Beispiels Uber. Allerdings ist es auch nicht so stark limitiert in seinem Handlungsspielraum, wie es oftmals postuliert wird. Weshalb die Kultur und Mindsets handelnder Personen sowie der Organisationen die Brücken zur neuen Generation des Corporate Banking bauen werden und als einer der zentralen Erfolgsfaktoren von uns gesehen werden.
Die geschaffenen infrastrukturellen Möglichkeiten durch die Umsetzung der SEPA-Regulierung für Echtzeitzahlungen sowie der PSD II für API-Schnittstellen führen Banken und das Segment Corporate Banking dabei auf ein offenes und teilweise neues Spielfeld (Open Banking) von Möglichkeiten und Bedrohungen zugleich und erfordert konsequentes Handeln sowie eine klare Strategie in den nächsten Jahren.
Das aktuelle Streben nach Kosteneffizienz ist hierbei kein Widerspruch zum notwendigen Handeln und zur Nutzung offener Architekturen. Open Banking kann als Katalysator für die Verbesserung von IT-, Integrations- und Betriebskosten sowie Time-to-Market und Prozess-Exzellenz genutzt werden, um die Transformation zu einer Corporate-Banking-Plattform der Zukunft gezielt zu flankieren.
Die Kombination der neuen Möglichkeiten von Echtzeit und Open Banking ist dabei als „Steigbügel“ für die Re-Evaluierung des Geschäftsmodells und Schaffung moderner Ökosysteme im Corporate Banking zu sehen.
Best-in-Class in allen Bereichen ist unrealistisch: Offenheit die Antwort
Die Abdeckung der gesamten Produktpalette und Wertschöpfung im Corporate Banking durch ausschließlich „Best-in-Class- Produkten ist ein kostspieliges und zugleich aussichtsloses Unterfangen für Banken, dennoch beobachten wir ein Streben nach diesem am Markt weiterhin sehr oft.
Die offene Architektur (Open Banking) ermöglicht Banken nun allerdings gezielt ihre Produktstrategie an ihren Kernkompetenzen auszurichten, diese strukturell zu stärken und somit die Kostenbasis zu verbessern. Grundlage hierfür bildet die Plattform der Bank, die es ermöglicht, eigene Best-in-Class-Produkte anderen Anbietern zugänglich zu machen und zugleich „fremde“ Best-in-Class-Produkte für die Komplementierung des Produktuniversums einzubinden, ohne diese selbst in der Wertschöpfung vorhalten zu müssen. Orchestriert wird dies durch einen für die Bank individuellen Beratungsprozess, der Beratungskompetenz der Bank sowie gezielter ergänzender Dienstleistungen.
Ein Blick auf die aktuellen Beweggründe von Corporate-Kunden für die Nutzung von Open- Banking-Angeboten unterstreicht das Potenzial und die Wahrnehmung einer „offenen Plattform“:
- Sicherung des Zugangs zu integrativen und innovativen Dienstleistungen und Lösungen
- Größere Reichweite für Kunden und Partner
- Optimierung der Prozesseffizienz und Automatisierung
- Reduktion von Integrationskosten und Komplexität
Den Wunsch nach einem offenen Ökosystem im Gegensatz zu einem geschlossenen Angebot teilt mittlerweile ein Großteil der Corporates. Bemühungen bewegen sich aktuell zumeist noch auf der Ebene „Marktsondierung“. Dies ist mit der bisher geringen Adaptionsrate von Open-Banking-Lösungen am Markt und der damit verbundenen Unsicherheit zur Ableitung einer langfristen Planung zu begründen – das Thema kann einfach „noch“ nicht strukturell gefasst werden.
Was Banken tun müssen, um ihre Kunden zu unterstützen
Diese Phase der Unsicherheit bietet Banken im Corporate Banking die einmalige Chance noch intensiver mit ihren Kunden zur Entwicklung gezielter Lösungen zusammenzuarbeiten und somit Investitionen zielgerichtet und kundenzentriert zu realisieren.
Banken müssen sich dabei zentralen Fragen für die Formulierung einer Strategie stellen:
- Welche Rolle wollen wir in einer offenen Corporate-Banking-Architektur spielen?
- Was sind Produkte und Lösungen, mit denen wir uns am Markt von anderen Anbietern differenzieren (traditionelle Banken, FinTechs, etc.) wollen bzw. können?
- Wie müssen unsere technische Architektur und das Betriebsmodell in Zukunft aussehen, um unsere gewünschte Rolle zu realisieren?
Die Beantwortung dieser richtungsweisenden Fragen bedarf unserer Erfahrung nach einen Paradigmenwechsel in traditionellen Organisationen, um den notwendigen Kulturwandel für ein „reelles“ und offenes Ökosystem einleiten zu können. Die Wahrnehmung von Corporates und Banken, dass die Möglichkeiten des Open Bankings gleichzusetzen sind mit dem bekannten Thema von Multibank-Angeboten (insb. im Treasury) ist dabei zu kurz gegriffen.
Es erfolgt vielmehr eine Verschiebung vom heutigen ‚Financial Planning‘ auf Basis von zumeist vergangenheits- bzw. zeitpunktbezogener Informationen hin zu einem ‚Financial Intelligence Advisory‘ auf Basis von akkuraten Echtzeitdaten und offenen Produktlösungen mit geringen Integrationsaufwänden. Diese Verschiebung bedarf der Offenheit zur Veränderung der zukünftigen Plattform und zur Zusammenarbeit durch ganzheitliche Steuerung und Übernahme der Verantwortung.
Erfolgsfaktoren für Banken werden dabei eine gezielte Analyse und Strategieformulierung, smarte kundenzentrierte Investitionen, die Vermeidung von singulären digitalen Lösungen und die Geduld zur strukturellen und ganzheitlichen Durchführung der notwendigen Transformation im Verlauf des Jahrzehnts sein.
Lesen Sie im weiteren Verlauf unserer Serie „Quo vadis, Corporate Banking?“, welche weiteren Bereiche für die Transformation von Bedeutung sind.
Weitere Artikel aus der Serie „Quo vadis, Corporate Banking„:
Quo vadis, Corporate Banking? – These 1: Gebt dem Vertrieb mehr Zeit für Vertrieb!
Quo vadis, Corporate Banking? – These 2: „Der Kunde im Mittelpunkt“ – aber der liegt bei jedem Kunden woanders
Quo vadis, Corporate Banking? – These 3: Operations als strategischer Eckpfeiler für das Corporate Banking von morgen
Quo vadis, Corporate Banking? – These 4: So gelingt der Wandel in der neuen Normalität
Quo vadis, Corporate Banking? – These 5: Das Kundenportal ist tot – lang lebe das Kundenportal!
Quo vadis, Corporate Banking? – These 6: „Digital Corporate Credit“ – Onmi-E2E ist kein Bullshit-Bingo
Quo vadis, Corporate Banking? – These 7: Echtzeitzahlungen, die „Gleise“ für das Corporate Banking der Zukunft
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