Schöne neue DLT-Welt: Der Wertpapierhandel im Wandel

DLT: Der Wertpapierhandel im Wandel

Die Blockchain ordnet die Aufgaben beteiligter Finanzdienstleister grundlegend neu

Keyfacts:

  • In den kommenden Jahren wird sich der Wertpapierhandel aufgrund der Distributed Ledger Technologie (DLT) tiefgreifend verändern.
  • Von diesen Veränderungen wird insbesondere das Verwahrgeschäft betroffen sein, das heute noch durch eine hohe Komplexität geprägt ist.
  • Das elektronische Wertpapiergesetz ebnet den Weg in die neue Ära und wird dazu führen, dass viele Finanzdienstleister ihr Geschäftsmodell neu ausrichten müssen.

Über Jahrzehnte war die Übertragung und Verwahrung von Wertpapieren in einer fest definierten Prozesskette organisiert. DLT als auch die bekannteste Form davon, die Blockchain, stellt dieser komplexen, vergleichsweise langsamen und teuren Kette nun eine deutlich effizientere Alternative zur Seite. Finanzdienstleister, die Leistungen bei Wertpapiertransaktionen erbringen, werden ihr Geschäftsmodell überdenken und neu ausrichten müssen – sofern sie auch zukünftig in diesem Markt aktiv sein wollen. 

Trotz eines zunehmenden Automatisierungs- und Digitalisierungsgrades sind Wertpapiertransaktionen heute immer noch vergleichsweise komplex und aufwändig. Denn um Wertpapiere übertragen zu können, sind diverse Intermediäre nötig. Nicht zuletzt durch den mehrfachen Abgleich von Daten entstehen viele Verzögerungen und hohe Transaktionskosten.  

Ein wesentlicher Grund hierfür ist die gesetzlich geforderte physische Verwahrung der Wertpapierurkunden. Diese Aufgabe übernehmen die Verwahrer, die im Transaktionsprozess neben den Investoren, Brokern und den Handelsplätzen die entscheidenden Akteure im Wertpapierhandel sind: Sie stellen nicht nur die ordnungsgemäße Verwahrung der Assets, sondern auch das Vertrauen im Transaktionsprozess sicher. 

Viele Intermediäre im internationalen Wertpapierhandel 

Doch diese Funktion hat ihren Preis: Denn durch eine physische Verwahrung der Wertpapiere steigt die Komplexität der Prozesskette. Dies gilt insbesondere für den grenzüberschreitenden Wertpapierhandel: Da eine Übertragung der physischen Wertpapierurkunde ins Ausland gesetzlich verboten ist, bedarf es bei internationalen Transaktionen zusätzlicher, lokaler Verwahrer, die die Urkunde im jeweiligen Land verwahren. Das lässt die Kosten und den Zeitaufwand zur Abwicklung der Transaktion noch einmal deutlich steigen. 

Quelle: KPMG in Deutschland, 2022.

DLT ermöglicht Peer-to-Peer-Transaktionen  

Durch die Distributed Ledger Technologie (DLT) könnte diese Prozesskette zur Transaktion eines Wertpapiers bald der Vergangenheit angehören. Denn auf Basis dieser Technologie entstand 2015 mit Ethereum als eine der bekanntesten Blockchains ein dezentral organisiertes, digitales System zur Aufzeichnung von Transaktionen. Seither ermöglicht es Ethereum, Verträge über die Programmierung sogenannter Smart Contracts direkt auf der Blockchain abzubilden bzw. an bestimmte Bedingungen geknüpfte Transaktionen auszuführen. 

Damit ist die Blockchain in der Lage, die bisherige, auf Vertrauen in Intermediäre basierende, physische Transaktionskette im Wertpapierhandel durch eine digitale Verifizierung von Einzelkontrakten mittels Kryptografie zu ersetzen. Dabei können beispielsweise bestehende Vermögenswerte – und damit auch unterschiedlichste Wertpapiere – als Token von einem Rechner auf den anderen (Peer-to-Peer) und ohne Einbindung von Intermediären digital übertragen werden. Diese vollautomatisierte Transferierung von Token ist nicht nur schneller, sondern auch weitaus günstiger als der bisherige Transaktionsprozess. Die Dauer internationaler Transaktionen kann so von Tagen auf wenige Minuten verkürzt werden. 

Das eWpG ebnet den Weg  

Um die DLT im Wertpapierhandel einsetzen zu können, bedarf es jedoch auch einer entsprechenden regulatorischen Grundlage. Diese wurde in Deutschland mit dem Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren (eWpG) im Juni 2021 geschaffen. Das eWpG ermöglicht es seitdem Emittenten, das Wertpapier auch als elektronisches Wertpapier zu begeben und – anstelle einer Wertpapierurkunde – eine Eintragung in ein elektronisches Wertpapierregister vorzunehmen. Dabei kann die Eintragung auch auf Basis eines fälschungssicheren Aufzeichnungssystems – also beispielsweise einer Blockchain – in ein Kryptowertpapierregister erfolgen.  

Eine neue Ära des Wertpapierhandels 

Das eWpG bezieht sich jedoch bislang nur auf Inhaberschuldverschreibungen, Pfandbriefe und bestimmte Anteile an Sondervermögen. An einer entsprechenden Regelung für weitere Wertpapiere, zum Beispiel Aktien oder Fondsanteile, wird derzeit gearbeitet. Wann diese Regelung kommt, ist bislang noch offen.  

Daher ist der Weg in eine neue Ära des Wertpapierhandels zwar geebnet, das Entwicklungstempo aber teilweise noch verhalten. Dies liegt auch daran, dass die Nachfrage nach digitalen Assets seitens der Investoren bisher überschaubar ist. Auch hat sich bislang keine einheitliche technologische Plattform durchsetzen können. Zu erwarten ist daher, dass – zumindest für eine gewisse Zeit – viele kleine digitale Handelsplätze in einen Verdrängungswettbewerb treten.  

Neue Aufgaben für Intermediäre 

Auch wenn der traditionelle Prozess einer Wertpapiertransaktion dadurch noch viele Jahre Bestand haben wird, ist zu erkennen, dass mit dem Fortschreiten der Blockchain-Technologie viele im Wertpapierhandel tätige Finanzdienstleister ihre Geschäftsmodelle weiterentwickeln oder sogar komplett neu ausrichten müssen. Dies gilt insbesondere für diejenigen Anbieter, die im Verwahrgeschäft tätig sind. Zu erkennen ist aber auch, dass durch die Einführung des eWpG neue Aufgaben entstehen, zum Beispiel bei der Verwaltung von Kryptowertpapierregistern oder im Kryptoverwahrgeschäft. Diese bieten gerade den heutigen Intermediären neue Betätigungsfelder und Wachstumschancen. 

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