So managen Finanzinstitute geopolitische Risiken

Drei Prinzipien helfen Verantwortlichen, in unsicheren Zeiten handlungsfähig zu bleiben.

Keyfacts:

  • Banken und Finanzinstitute müssen geopolitische Risiken zukünftig stärker in den Blick nehmen.
  • Viele Unternehmen verfügen bereits heute über einen Werkzeugkasten für erfolgreiches Risikomanagement – sie müssen ihn nur richtig einzusetzen wissen.
  • Ein KPMG-Whitepaper gibt praktische Handlungsempfehlungen, Lösungsansätze und Strategien.

In den Medien hatte sich der Begriff peu à peu verbreitet. Und 2022 erklärte das britische Collins Dictionary das Wort „Permacrisis“ (übersetzt etwa: Dauerkrise) dann zum Wort des Jahres. Definiert wird Permakrise, wie auch im Deutschen immer wieder zu lesen war, als eine längere, fortdauernde Periode von Instabilität und Unsicherheit.

Und in der Tat, die Welt scheint sich weiter von einem unvorhersehbaren Ereignis zum nächsten zu bewegen, ausgelöst vor allem durch die geopolitischen Entwicklungen der jüngeren Zeit. Sie sind verbunden mit der Erkenntnis, dass die Eckpfeiler für Frieden und wirtschaftlichen Aufschwung in den vergangenen Jahrzehnten – Demokratie, stabile politische Verhältnisse, freie Marktwirtschaft und zunehmende Globalisierung – nicht mehr als selbstverständlich angenommen werden dürfen.

Zuletzt zeichnete sich ab: Freiheitliche Werte gewinnen nicht automatisch Anhänger hinzu. Im Gegenteil, die Tendenz scheint sogar rückläufig zu sein. Weltweite Messungen haben jüngst ergeben, dass sich der Zustand der Demokratie global betrachtet verschlechtert und Freiheitsrechte in immer mehr Ländern unter Druck geraten, während sich autoritäre Einflüsse häufen.

Das sogenannte Decoupling, also die Entkopplung der Wirtschaftsbeziehungen insbesondere der beiden großen Wirtschaftsblöcke USA und China, nimmt weiter zu. Für Banken und andere Finanzinstitute platziert das die geopolitischen Risiken oben auf der Managementagenda und fordert diese in ihrem eigenen Risikomanagement umso stärker heraus.

Geopolitische Risiken managen

Mit dem Whitepaper „Managing today’s geopolitical risks  – A financial services guide“ liefern unsere branchenerfahrenen Expertinnen und Experten einen kompakten Leitfaden für das Bewältigen zunehmend komplexer Aufgabenstellungen.

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In unserem Paper „Managing today’s geopolitical risks“ formulieren wir drei Prinzipien für ein Risikomanagement, das Institute befähigt, geopolitische Risiken fortlaufend mitzudenken:

1. Geopolitische Risikotreiber analysieren und Auswirkungen abschätzen

Geopolitische Risiken beschreiben ungewisse Ereignisse mit politischem Hintergrund, die Auswirkungen auf die Geschäftspläne und -tätigkeiten von Finanzinstituten haben können. Geschäftspläne und -tätigkeiten können die Strategie, Gewinn/Umsatz(ziele), Produkte, Märkte und Prozesse umfassen. Somit stellen geopolitische Risiken aus Sicht der Finanzindustrie keine konkreten Risiken, sondern sogenannte Risikotreiber dar.

Ähnlich wie ESG-Risiken können geopolitische Risikotreiber direkte und indirekte Auswirkungen auf andere Risikoarten wie das Kreditrisiko, das Liquiditätsrisiko oder nicht-finanzielle Risiken haben und die Stabilität der Banken gefährden.

Als Ausgangspunkt sollte das Identifizieren einiger relevanter Risikotrends und -treiber dienen sowie eine darauf aufbauende Analyse der Auswirkungen. Das Ziel besteht darin, dass das Management relevante Risikotreiber kennt und sich aktiv mit möglichen Folge-Szenarien auseinandersetzt.

Mehr zum Thema ESG-Risiken und wie eine erfolgreiche Nachhaltigkeits-Transformation im Zeichen der geopolitischen Neuordnung gelingen kann, erfahren Sie in unserem Artikel 10-Punke-Plan für Banken.

2. Nicht das Rad neu erfinden wollen

Finanzinstitute verfügen bereits heute über einen Werkzeugkasten mit Instrumenten und Methoden für das Management geopolitischer Risiken. Es ist also nicht notwendig, das Rad neu zu erfinden. Es ist aber wichtig, den Umgang mit den beschriebenen Risiken zu ändern – weg von präzisen Wahrscheinlichkeitsberechnungen und hin zu einem proaktiven Mindset und anpassungsfähigen Reaktionen auf unerwartete Situationen, um die geopolitische und somit operative Resilienz zu stärken.

3. Die einzig schlechte Strategie ist keine Strategie.

In Zeiten von andauernder Instabilität wird nur eine Art der Strategie mit Sicherheit bestraft – die Abwesenheit einer Strategie. Wie aber gelangt man zu einer möglichst guten Strategie? Sie erfordert zum einen den Blick von außen – ein Verständnis des geopolitischen, wirtschaftlichen, markt- und branchenbezogenen Umfelds. Zum anderen erfordert sie einen fundierten Blick von innen, der objektiv beurteilt, welche Strategien umgesetzt werden sollen.

Essenziell sind Ausdauer (der Einsatz finanzieller und personeller Ressourcen über einen gewissen Zeitraum), strategische Weitsicht und eine aktive Unterstützung von Seiten des Managements. Voraussetzung dafür ist es zu akzeptieren, wie sehr sich unsere Welt verändert hat.

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